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Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition)

Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Capp
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geschworen hatte, keine Porträts zu malen. Diese konnten für alle Beteiligten nur unbefriedigend ausfallen – und manchmal regelrecht gefährlich. Gestalten in einer Landschaft stellten kein Problem dar. Da ging es nur um die Stimmung, um die Beziehung zwischen Mensch und Natur. Aber versuche einen Menschen auf Leinwand zu bannen, versuche ihn festzunageln wie ein Insekt, und du handelst dir Ärger ein.
    Endlich räuspert sich Gotardo und erklärt pflichtschuldig, dass sie die Ähnlichkeit hervorragend getroffen habe.
    »So ist es«, sagt O’Brien unvermittelt und kehrt dem Gemälde den Rücken zu. Er schielt zu Gotardo und meint achselzuckend: »Wenn das nicht Beweis genug ist …« Ohne sich zu verabschieden schreitet er zur Tür hinaus.

27
    Der Tag beginnt windstill und verträumt, ohne Anzeichen auf das, was bevorsteht. An der Grenze zur Rosemount Station, acht Kilometer außerhalb der Stadt, entdecken sie eine schattige Schlucht, die für ihre wild wachsenden Pilze bekannt ist. Es ist zwar bereits Anfang Herbst, aber der Boden ist nach einem langen trockenen Sommer ausgetrocknet, der Fluss ein bloßes Rinnsal, und es gibt nirgendwo Pilze. Lucy lässt sich davon jedoch nicht abschrecken und stöbert zwischen den Blättern, der Rinde und den Abfällen herum und nimmt mit der Begeisterung, die ein Bergmann empfinden mag, wenn er auf Gold gestoßen ist, gelegentlich einen Stein oder eine kleine Pflanze in die Hand. Sie legt die verschiedenen Gegenstände auf eine Ecke der Decke, auf der ihre Eltern liegen, und rennt sofort wieder los, um weiterzusuchen.
    Jemma beobachtet das emsige Treiben ihrer Tochter und sehnt sich danach, ihre Augen zu schließen und die Wärme des gefilterten Sonnenlichts zu genießen. Aber sie muss jeden Moment bereit sein aufzuspringen, um den Erkundungsdrang des Kindes zu stoppen und dafür zu sorgen, dass es sich nicht verletzt. Leise summt Lucy ein Lied, das nur aus einem Wort zu bestehen scheint. Mama, Mama, Mama, Mama. Mama, Mama, Mama, Mama .
    Lächelnd genießt Jemma den Klang. Der neben ihr liegende Gotardo ist so still, dass sie davon ausgeht, er sei eingeschlafen, bis er seinen Arm über die Decke ausstreckt und ihre Hand ergreift. Seit er zusammen mit Marcus O’Brien vor einer Woche das Porträt betrachtet hat, hat er darüber kein Wort mehr verloren. Am Nachmittag jenes Tages hatte Jemma es dann verpackt zu den Diensträumen des Geologischen Vermessungsamtes gebracht und es Nathaniel Byrne mit der Bitte überreicht, es erst zu öffnen, wenn sie gegangen war. Sollte er nicht damit zufrieden sein, teilte sie ihm mit, werde sie ihm die zwanzig Pfund zurückgeben. Sie befanden sich in einem öffentlichen Gebäude, sodass kein vertrauliches Gespräch möglich war – genau, wie Jemma es wollte. Doch er hatte ihr versichert, er werde sich melden. Bis jetzt hat sie jedoch noch nichts von ihm gehört. Sie sagt sich, dass es so am besten ist, aber sein Schweigen tut weh. Zwei Mal am Tag sieht sie nach, ob Post für sie gekommen ist, und begreift langsam, weil er all ihr Denken beherrscht, was O’Brien antreibt, ihr hinterherzujagen.
    Gotardo drückt ihre Hand erneut, und Jemma erwidert pflichtschuldig den Druck. Ermutigt stützt Gotardo sich auf seinem Ellbogen auf und beugt sich über sie, um sie zu küssen. Jemma lächelt, schiebt ihn aber sanft beiseite.
    »Warte, bis Lucy schläft.«
    Sie versteckt sich hinter Lucy, um sich ihren ehelichen Pflichten zu entziehen. Auch wenn sie sich noch so sehr bemüht, ihre Gedanken zu zügeln, führen diese ihr wildes Eigenleben selbst jetzt, da sie hier liegt und die Hand ihres Mannes hält. Die beiden in ihrer jeweils eigenen Welt gefangenen Eltern achten nicht auf das trockene Knistern des Unterholzes unter Lucys Füßen.
    »Ich möchte dich etwas fragen«, sagt Gotardo mit Blick in den Himmel, wo Vögel in seltsam großem Schwarm kreisen.
    Angespannt wartet Jemma. Die ganze Woche über hat sie auf diesen Moment gewartet. Er wird sie nach Nathaniel Byrne fragen.
    »Warum lächelst du mich nicht mehr an?«
    Diese Frage überrascht sie. »Tue ich das nicht?« Sie sieht ihn an und setzt ein Lächeln auf, wird dann jedoch wieder ernst.
    »Und mehr bekomme ich nicht?«, ruft er mit vorgetäuschter Entrüstung aus. »Als dein Ehemann? Ich erinnere mich an eine Zeit, da brauchte ich nur meine Augenbrauen hochzuziehen und mein schönes Eheweib lachte laut los. Ist es so schwer, glücklich mit mir zu sein?«
    Jemma spürt ihr Herz, das wie kaltes

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