Sehnsucht und Erfüllung
…”
“Ich weiß, was du meinst.”
“Natürlich ist das keine zuverlässige Verhütungsmethode”, fuhr sie fort, inzwischen weniger verlegen. “Und vermutlich hältst du mich für eine Vollidiotin, dass ich mich darauf eingelassen habe. Aber Missverständnis hin oder her, wir tragen trotzdem beide die Verantwortung für dieses Baby.”
Shane sah das ganz genauso, aber Jason anscheinend nicht. “Du bist keine Vollidiotin.”
Kelly strich sich eine Locke aus dem Gesicht. “Wenigstens passierte es im Dunkeln. So konnte ich meine Nervosität besser verbergen. Ich glaube nicht, dass er gemerkt hat, dass es für mich das erste Mal war.”
Shane betrachtete sie von der Seite. Nein, Jason hatte sie bestimmt nicht wie ein zärtlicher Liebhaber verwöhnt, wie Kelly es verdient hätte. Er selbst hätte sie nicht im Dunkeln geliebt, sondern bei romantisch gedämpftem Licht. Und er hätte sie ausgiebig gestreichelt und geküsst und …
“Shane?”
Er blinzelte. “Ja?”
“Du findest also wirklich, dass ich vom Gericht einen Vaterschaftstest anordnen lassen soll?”
Shane bekam ein schlechtes Gewissen. Er war hier, um Kelly einen Rat zu geben, nicht, um sich vorzustellen, dass er mit ihr ins Bett ging. “Ja, das ist auch möglich, ohne dass du ihn verklagst. Wenn dann feststeht, dass er der Vater ist, kann er dich nicht weiterhin einfach ignorieren.”
“Ich hoffe, er kehrt nach Ohio zurück, ehe das Baby zur Welt kommt. Sonst kann ja nicht viel unternommen werden.”
“Wo ist er denn?” Jasons Verhalten regte Shane langsam auf.
“Keine Ahnung. Seine Familie besitzt eine Restaurantkette. Er verreist oft, aber derart lange war er noch nie weg.”
Kelly trug keinen Verlobungsring, doch Shane fragte sich, ob sie einen Heiratsantrag von Jason angenommen hätte. Bestimmt. Kelly mochte unabhängig sein, aber sie war nicht wie seine Mutter – eine Frau, die nichts davon hielt, nur einem Kind zuliebe zu heiraten.
Er selbst sah das anders. Jason hätte Kelly längst einen Antrag machen sollen. Vielleicht tat er es ja noch. Nach der Geburt des Kindes konnte der Vaterschaftstest alles ändern. Jason kam sicher aus einer reichen, konservativen Familie, was bedeutete, Kellys Baby würde Großeltern aus besseren Kreisen haben – und für die wäre ein nicht eheliches Enkelkind unannehmbar. Sicher würden sie auf eine Hochzeit drängen, wenn sie erst einmal die Wahrheit kannten. Und warum fand er selbst diesen Gedanken nicht tröstlich?
“Er wird dich bestimmt noch bitten, seine Frau zu werden”, sagte Shane, auch wenn ihm diese Idee gar nicht gefiel.
Kelly suchte seinen Blick. “Irgendwie bezweifle ich das.”
“Seine Familie könnte ihn doch dazu ermutigen.”
Sie seufzte. “Das hatte ich anfangs auch gehofft. Nach einiger Zeit hätte ich mich schon über den kleinsten Hinweis gefreut, dass ich ihm etwas bedeute.”
“Mach dir keine Sorgen. Dein Baby wird einen Vater bekommen. Da bin ich mir ganz sicher.”
“Sagt dir das dein sechster Sinn, von dem du doch behauptest, ihn nicht zu besitzen?”
“Genau.” Er erwiderte ihr Lächeln und stand dann auf. “Ich muss los. Es ist spät geworden.”
Kelly erhob sich ebenfalls. “Danke. Ich habe wirklich jemanden zum Reden gebraucht.”
“Keine Ursache.”
Sie begleitete ihn zur Tür. Als er ihr zum Abschied die Hand hinstreckte, beugte Kelly sich etwas vor. Eine Umarmung war auf einmal ganz selbstverständlich. Mit geschlossenen Augen lehnte Kelly den Kopf gegen seine Schulter. Er strich ihr übers Haar.
“Ich bin froh, dass du mein Freund bist”, flüsterte sie.
Shane musste schlucken. “Das bin ich. Versprich mir, dass wir in Verbindung bleiben, wenn du zurück in Ohio bist.”
Sie hob den Kopf. “Ich werde jede Woche anrufen.”
“Schön.” Er zog sie enger an sich und hielt sie fest. An diesem verregneten Abend war Kelly Baxter genau da, wo sie hingehörte. In den Armen eines Freundes.
5. KAPITEL
Weil erneut schlechtes Wetter angekündigt war, genoss Kelly den blauen Himmel und das sprießende Frühlingsgrün ringsum besonders. Sie saß auf einem Baumstumpf neben Bonos Gehege und beobachtete den Puma, nachdem sie den Morgen im Blockhaus damit verbracht hatte, ihre Zeichnungen zu vervollständigen. Sich kreativ zu betätigen, beruhigte ihre Nerven und stärkte ihr Selbstwertgefühl.
Normalerweise fand sie sich recht gewöhnlich. Doch an diesem leicht windigen Nachmittag – mit Bono als Inspiration und Shane als Freund –,
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