Sehnsucht und Erfüllung
gute Manieren – genau wie der Anwalt, der Tami den Kopf verdreht hatte. Sein ungutes Gefühl verstärkte sich. “Ich nehme an, er ist reich.”
Kelly sprang auf. “Ich fasse es nicht, dass du das gesagt hast.”
Sie rannte hinaus, und Shane sah ihr entgeistert nach. Er wartete einen Moment, ehe er ihr folgte.
Sie stand in der Küche, mit dem Rücken zur Tür. Es war nicht schwer zu erraten, dass sie weinte. Und er war schuld an ihren Tränen.
“Kelly?” Er trat näher, um ihr übers Haar zu streichen. Doch im letzten Moment ließ er die Hand sinken. “Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht aus der Fassung bringen.”
Langsam drehte sie sich um und suchte seinen Blick. “Du glaubst, ich sei hinter Jasons Geld her.”
“Nein, bestimmt nicht.” Wie zerbrechlich sie ist, dachte er. In ihrem zart geblümten Umstandskleid sah sie sehr hübsch aus. “Dafür bist du nicht der Typ.”
Sie wischte ihre Tränen weg. “Jason glaubt es jedenfalls. Erst behauptete er, das Baby sei nicht von ihm. Und später beschuldigte er mich, absichtlich schwanger geworden zu sein, um ihn mir zu angeln. Wie er die Dinge jetzt sieht, weiß ich nicht.”
Am liebsten hätte Shane ihr geraten, Jason Collier einfach zu vergessen. Aber Kelly bedeutete der Vater ihres Babys etwas, vielleicht liebte sie ihn sogar. “Jason ist wahrscheinlich nur nervös. Manche Männer haben eine Heidenangst davor, Vater zu werden.”
“Du meinst, er kommt noch zur Besinnung?”
“Ja, das meine ich.”
“Und du sagst das nicht nur, damit ich mich besser fühle?”
“Ich spreche aus Erfahrung, Kelly. Ich habe dir doch erzählt, welche Schuldgefühle mein Dad meinetwegen hatte.” Und auch Tamis Anwalt kam ihm in den Sinn. Manche Männer, die unfreiwillig Vater geworden waren, übernahmen durchaus die Verantwortung für ihre Kinder. Immerhin hatte Kelly Jason nicht als absoluten Fiesling beschrieben. Viele Männer reagierten geschockt auf ungewollte Schwangerschaften. Doch nicht alle machten sich aus dem Staub.
“Tom hat nie angezweifelt, dass er dein Vater ist, nicht wahr?”
“Nein.” Shane konnte nicht anders, er berührte Kellys Hand. “Aber für einen Mann ist es schon schwierig, ganz sicher zu sein, dass ein Kind wirklich von ihm ist. Manche Frauen lügen. Oder wissen es einfach nicht mit Bestimmtheit. Mehrere Liebhaber zu haben ist ja nicht ganz ungewöhnlich.”
Kelly straffte die Schultern, ließ Shanes Hand jedoch nicht los. “Jason ist der einzige Mann, mit dem ich zusammen war. Ich habe nicht gelogen, und ich bin nicht an seinem Geld interessiert. Ich möchte, dass sein Kind ihm etwas bedeutet.”
“Verstehe.” Es kostete Shane Mühe, nicht Kellys Hand zu küssen. “Komm, lass uns wieder hinsetzen.”
Zurück im vorderen Zimmer, nahm er neben Kelly auf der Couch Platz. Sie entzog ihm ihre Hand und legte sie auf ihren Bauch.
Shane stellte sich vor, wie das kleine Wesen dort zusammengekuschelt lag. “Babys lutschen im Mutterleib manchmal am Daumen”, sagte er, ehe er sich hätte bremsen können.
“Woher weißt du das?”
Weil er mit dem Stolz eines werdenden Vaters Evans Ultraschallbild betrachtet hatte, voller Staunen über das Wunder des Lebens. “Das habe ich irgendwo gelesen.” Er hasste sich für diese Lüge.
“Ich auch. Ich habe jede Menge Bücher über Babys studiert und sogar ein paar mit hierher genommen.”
“Du wirst eine großartige Mutter abgeben.”
“Danke. Freut mich sehr, dass du das sagst.”
Es hatte aufgehört zu regnen. Shane atmete den Duft des verglimmenden Salbeis ein. “Ich finde, du solltest einen vom Gericht angeordneten Vaterschaftstest in Betracht ziehen. Jason kommt womöglich erst zur Besinnung, wenn er sicher ist, dass das Kind von ihm ist.”
“Aber ich möchte ihn nicht verklagen. Ich bin nicht auf sein Geld aus. Jason vor Gericht zu zerren, wird dem Baby keinen liebevollen Vater verschaffen. Und für mich wird die Sache auch nicht einfacher. Ich finde es schrecklich, dass es in meiner Heimatstadt Leute gibt, die glauben, ich sei absichtlich schwanger geworden.”
“Wieso glaubt Jason das eigentlich?”
“Er …” Sie holte tief Atem. “Als er merkte, dass er keine Kondome mehr hatte, fragte er mich, ob es auch ohne sicher sei. Ich hielt das für eine Frage nach einer ansteckenden Krankheit, aber er meinte damit, ob ich die Pille nehme. Ein riesengroßes Missverständnis also.” Sie errötete. “Ich dachte, er würde … du weißt schon … ehe er
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