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Sehnsucht

Sehnsucht

Titel: Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang R. Hantel-Quitmann
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unbefriedigt geblieben. Und weil er weder in den Wissenschaften, noch in der Religion bislang Antworten gefunden hat, verschreibt er seine Seele demjenigen, der ihm diese Erkenntnisse und alle damit verbundenen Antworten auf seine offenen Fragen verspricht: Mephisto, dem Teufel.
    Er möchte sein Leben noch einmal als junger Mann beginnen, als noch alle Möglichkeiten der Welterkenntnis offen vor ihm lagen. Als er nichts hatte und doch genug, als alles noch voller Musik ertönte, als die Welt für ihn noch in einem Nebel verhüllt war, und er nicht ahnte, was hinter dem Nebel zum Vorschein kommen würde, als sich in den Knospen noch Wunder verbargen, als alles noch voller Blumen war, als er noch vom Drang nach Wahrheit getrieben wurde, zugleich erfüllt von schmerzvollem Glück, der Kraft des Hasses und der Macht der Liebe. Es war eine Zeit, als er noch hoffen konnte, mit Herz und Verstand nichts weniger als den Schlüssel zum Verständnis des Lebens zu finden.
    Also willigt er ein. Und dieses Leben mit dem Teufel im Bunde fühlt sich zunächst auch recht angenehm an. Seine Kräfte sind wieder da, nun fließt der Wein in Strömen sogar aus dem Tisch (in Auerbachs Keller in Leipzig), nun werden alle Mädchen wieder wunderschön und begehrlich, nun werden alle Abenteuer gesucht und mit teuflischen und magischen Kräften glücklich überstanden. Das schöne Fräulein Gretchen hat es ihm angetan und sofort verlangt er vom Teufel es so einzurichten, dass sie noch in derselben Nacht in seinen Armen liege. Einerseits genießt er das Leben in vollen Zügen, andererseits merkt er aber auch, dass er den Pakt mit dem Teufel gemacht hat, denn am Ende wird alles immer schlimmer als er es wollte. Am Ende versteht es Mephisto immer, Fausts Absichten böse enden zu lassen. So will Faust der Mutter seines geliebten Gretchens einen Schlaftrunk geben, um endlich einmal ungestört mit ihr allein sein zu können, doch Mephisto verabreicht ihr stattdessen ein tödliches Gift. Dann gerät Faust mit ihrem Bruder Valentin in einen Streit,worauf Mephisto Valentin sofort sterben lässt. Später will Faust Handel treiben, und Mephisto macht ihn gleich zum brandschatzenden und mordenden Seeräuber. Als Faust einem alten bescheidenen Paar ein neues Haus geben will, verbrennt Mephisto deren altes Haus mitsamt den Bewohnern. Aber auch Faust versteht es, mit seinem beharrlichen Erkenntnisdrang und seiner Suche nach Liebe die Wirkungen des Teufels einzuschränken. Was bei Mephisto die reine Sinnenfreude und das sexuelle Vergnügen sein soll, wendet sich bei Faust immer in die Suche nach Liebe. Anstatt sich in der Walpurgisnacht hemmungslos zu vergnügen, denkt Faust nur an sein geliebtes Gretchen. Auch bei der schönen Helena soll die Erotik triumphieren, stattdessen erlebt Faust die Begegnung und die körperliche Liebe mit ihr als ein tiefes geistiges Erlebnis. Und schließlich will der Teufel aus Faust einen tyrannischen Herrscher machen, der aber denkt über ein menschliches Staatswesen nach. Mephisto will Hass, Eifersucht und Gemeinheit verbreiten, er will morden und zerstören, Faust jedoch sucht weiter nach Erkenntnis und Liebe. Es ist ein titanischer Kampf zwischen den beiden, zwischen Zerstörung und Moral, Hass und Liebe, Befriedigung und Sehnsucht.
    Faust bekommt langsam das Gefühl, dass diese Abmachung mit dem Teufel auf einem Missverständnis oder gar einem Betrug beruht: Der Teufel will ihn mit Sinnesfreuden betören und ihn damit von seinen Sinnfragen abbringen. Mephisto hat eine andere Vorstellung vom Leben, wenn er Faust fragt: Man tanzt, man schwatzt, man kocht, man trinkt, man liebt; nun sage mir, wo es was Bessers gibt ? 28 Faust genießt diese leiblichen Freuden, aber sein Wunsch nach Erkenntnis bleibt unbefriedigt. Die Hektik der Sinnesfreuden bleibt seltsam oberflächlich und ist für den nach Erkenntnis suchenden Gelehrten wenig befriedigend. Also beschließt Faust noch weiter in der Menschheitsgeschichte zurückzugehen, noch einmal die Helden der griechischen Tragödien lebendig werden zu lassen und bei ihnen Antworten zu finden. Doch auch hier versucht Mephisto, ihn auf die Wege der irdischen Genüsse zu leiten und mit der schönen Helena gelingt ihm das sogar, zumindest für eine Weile. Aber Faust bleibt ein Suchender, ein Ruheloser und Rastloser, der erst am Ende seiner ganz persönlichen Odyssee weise wird. Dazu muss

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