Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sehnsuchtsland

Sehnsuchtsland

Titel: Sehnsuchtsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
Vom Netzwerk:
sie enttäuscht.
    »Auf keinen Fall. Es ist einer unserer wichtigsten Kunden, und es geht um wahnsinnig viel Geld.«
    Es waren immer wichtige Kunden, und es ging immer um wahnsinnig viel Geld. Seit Nils Partner bei Svensson und Bergman geworden war, hatte er nur noch mit Mandanten zu tun, die nicht nur reich waren und es bleiben wollten, sondern anscheinend auch Nils’ ganze Zeit beanspruchten.
    »Bitte, Nils!«, bettelte sie.
    »Es geht nicht«, sagte er leicht genervt.
    »Also, dann bis später.« Linda war entschlossen, sich die wunderbare Laune nicht durch seine Arbeitswut verderben zu lassen. »Dieselbe Zeit, derselbe Platz?«
    »Ja«, sagte er, offenbar in Gedanken bereits ganz woanders.
    Linda seufzte unhörbar. »Ich freu mich, Liebling.«
    Doch er hatte bereits aufgelegt. Linda stieg auf ihr Rad und strampelte los. Sie hatte jede Menge Zeit, mit der Arbeit ging es erst in ein paar Tagen los. In dem schönen, im gotischen Stil nachgebauten Gebäude in der Rosenlundsgatan kaufte sie bei Fiskekörka fangfrischen Fisch, und auf dem Wochenmarkt besorgte sie die übrigen Zutaten für ein schönes Abendessen. Nils würde wahrscheinlich wieder zu spät kommen, aber dafür würde er umso mehr Hunger mitbringen. Linda kaufte Salat, frische Ananas, Brot und Kräuter. In einem Laden erstand sie sündhaft teuren Champagner, denn sie war der Meinung, dass zu diesem besonderen Anlass ein wenig Verschwendung durchaus angebracht war.
    Sie brachte alles in die Wohnung, dann radelte sie noch ein wenig durch die Stadt, in der Hoffnung, vielleicht irgendwo etwas Schickes zum Anziehen zu finden.
    Sie hatte gerade die Brücke über den Wallgraben überquert und bog rechts ab, als ihr um ein Haar eine Frau ins Rad gelaufen wäre. Rückwärts gehend winkte sie jemandem zu und achtete dabei nicht auf den Verkehr.
    »Vorsicht!«, schrie Linda. Sie bremste scharf und sprang vom Rad, wobei sie sich beglückwünschte, dass sie die Einkäufe vorhin zu Hause abgeladen hatte. Anderenfalls wäre jetzt der Champagner hin gewesen, denn der Gepäckträger an ihrem alten roten Drahtesel war bereits mehr als klapprig.
    Die Frau fuhr herum. Sie war elegant gekleidet und um die dreißig. Ihr hellblondes Haar war streng aus dem asketisch schönen Gesicht zurückgekämmt, und ihre Augen waren so blau wie ein Gletscher, der in der Sonne funkelt.
    Linda glaubte für eine Sekunde, einer Sinnestäuschung erlegen zu sein, dann begriff sie, dass es tatsächlich ihre Schwester war, die ihr so mir nichts, dir nichts hier über den Weg lief.
    »Gunilla!«, rief sie perplex. »Das gibt’s doch nicht! Was machst du denn in Göteborg?«
    »Meine Güte, Linda! So ein Zufall!«
    Sie umarmten sich, leicht gehandicapt durch das Fahrrad, das Linda immer noch zwischen den Beinen klemmen hatte. Linda spürte den sperrigen Widerstand des Metalls an ihren Knien und versuchte sich einzureden, dass das komische steife Gefühl bei der Begrüßung daher rührte. Natürlich konnte es auch daran liegen, dass sie sich so lange nicht gesehen hatten. Oder daran, dass Gunilla von jeher im Umgang mit Menschen eher leicht unterkühlt war.
    »Wie geht’s dir?«, wollte Gunilla neugierig wissen. Sie betrachtete Linda von oben bis unten. »Auf jeden Fall siehst du gut aus.«
    Im Gegensatz zu ihrer perfekt gestylten Schwester mit ihrer hellen Kaschmirjacke, den Gucci-Pumps und dem Hermès-Einstecktuch fand Linda sich selbst nicht gerade en vogue, aber das war im Grunde nichts Neues. Sie war immer das Entchen gewesen, Gunilla der Schwan. Kein Fältchen war im Gesicht ihrer Schwester zu sehen, sie sah keinen Tag älter aus als vor zwei Jahren. Damals hatten sie einander das letzte Mal getroffen, auf eine Tasse Tee in Stockholm.
    »Mir geht’s wirklich gut«, sagte sie wahrheitsgemäß. »Ich habe gerade einen Traumjob im Schifffahrtsmuseum bekommen.«
    »Wundervoll!« Gunilla schien ehrlich erfreut. Sie schulterte ihre Prada-Tasche und ging gemeinsam mit Linda weiter.
    »Und außerdem«, sagte Linda vergnügt, »werde ich demnächst heiraten!«
    Gunilla riss die Augen auf. »Was? Und das sagst du erst jetzt? Wer ist es? Ist er nett? Sieht er gut aus? Wie lange kennst du ihn schon?«
    Linda lachte, als ihre Schwester diese Salve von Fragen auf sie abschoss. »Fast ein Jahr. Nils ist Rechtsanwalt.« Sie grinste. »Gut aussehend, erfolgreich und sagenhaft charmant.«
    Das war sogar die reine Wahrheit, aber so, wie sie es vorgebracht hatte, klang es schon ziemlich angeberisch, wie Linda

Weitere Kostenlose Bücher