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Sehnsuchtsland

Sehnsuchtsland

Titel: Sehnsuchtsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
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verkrampfte. Sie ließ ihn los und versuchte, ihr Befremden zu unterdrücken.
    »Hast du den Wetterbericht abgefragt?« Seine Frage kam hastig und eine Spur zu beiläufig.
    »Nein, das habe ich vergessen.«
    »Dann will ich das jetzt mal machen.« Erik zückte sein Handy und wählte die Nummer des Wetterdienstes. »Nicht, dass wir sofort in stürmische See kommen.«
    Beklommen wandte Hanna sich ab, um ihre Tasche zu schließen.

    *

    Pelle hatte sich auf einen Felsen dicht beim Wasser niedergelassen und tastete über den Drachen, der ausgebreitet auf seinen Knien lag. Er hatte versucht, ihn allein in die Luft zu bringen, aber ständig war etwas dabei schief gegangen. Entweder war er gestolpert oder einfach nicht schnell genug gewesen. Egal, wie er es anstellte — der Drachen war immer wieder auf halber Höhe abgeschmiert und zu Boden gesegelt. Einmal war er so unvorsichtig gewesen, einen der Haltegriffe loszulassen, was dazu geführt hatte, dass die beiden Schnüre sich hoffnungslos verheddert hatten. Er hatte über eine halbe Stunde gebraucht, sie wieder zu entwirren. Ein anderes Mal war der Drache in einem Baum gelandet, was allerdings nicht ganz so gravierend gewesen war. Pelle konnte ebenso gut klettern wie schwimmen.
    Aber alles in allem gab es nichts daran zu rütteln: Drachen steigen lassen machte allein nur halb so viel Spaß wie zu zweit. Mit Hanna zusammen hatte es viel besser geklappt. Der Drachen war kerzengerade in die Luft gestiegen und dort geblieben, obwohl er ihn fast die ganze Zeit ohne ihre Hilfe gelenkt hatte. Es schien, als hätte ihre bloße Anwesenheit ausgereicht, dass es funktionierte.
    Pelle hatte die Blicke gesehen, die sein Vater ihr zuwarf, und er hatte auch mitbekommen, dass die beiden im Bootshaus zusammen übernachtet hatten. Er war kein Baby mehr, auch wenn sein Vater sich das manchmal einzubilden schien. Ihm war völlig klar, was Männer und Frauen taten, wenn sie zusammen in einem Bett schliefen. Mats und er hatten schon oft genug ihre Witzchen darüber gerissen.
    Zuerst hatte es ihn verstört. Die Vorstellung, dass sein Vater eine andere Frau gern hatte als seine Mutter, hatte etwas zutiefst Erschreckendes für ihn gehabt, und es hatte ihn heute Morgen darin bestärkt, sein Zeug zu packen und so schnell wie möglich abzuhauen. Er hatte so oder so verschwinden wollen, weil er gar nicht daran dachte, sich einfach so nach Stockholm schleppen zu lassen. Aber Hanna und sein Vater zusammen im Bootshaus — das war mehr an Veränderung, als er geglaubt hatte, ertragen zu können.
    Pelle wusste nicht recht, wann sich seine Sicht der Dinge verändert hatte. Es war vermutlich heute Früh passiert, als er mit ihr zusammen vor dem dicken alten Baum gesessen und mit ihr geredet hatte.
    Sie hatte etwas an sich, das ihn an seine Mutter erinnerte. Nicht, dass sie ihr ähnlich gesehen hätte, sie war ein ganzes Stück kleiner und dünner und redete auch anders. Aber ihre Art zu lachen und einem direkt in die Augen zu sehen schien ihm seltsam vertraut, fast so, als würde er sie schon lange kennen.
    Sie hatte ihm gesagt, dass er seinem Vater helfen müsse, doch warum tat sie es nicht selber? Pelle wusste genau, dass sie es viel besser konnte als er. Sein Vater hatte in den paar Stunden mit ihr mehr gelacht als in den letzten zwei Jahren zusammengenommen. Es war beinahe so, als gehörte sie hierher.
    Siv hatte ihm erzählt, dass Hanna einen Mann hatte und mit ihm zusammen um die Welt segeln wollte. Doch warum hatte sie dann mit seinem Vater im Bootshaus übernachtet? Männer und Frauen gingen zusammen ins Bett, weil sie sich liebten. So wie es seine Eltern getan hatten. Vielleicht kam sie mit ihrem Mann nicht mehr klar, genau wie Mats Mutter, die letzten Sommer in ein anderes Haus gezogen war, weil sie und ihr Mann ständig gestritten hatten. Jetzt hatte sie einen neuen Freund, und mit Mats Vater war sie noch befreundet.
    Warum sollte Hanna das nicht so ähnlich machen? Wenn sie hier blieb, würde sein Vater vielleicht auch nicht mehr wegwollen.
    Noch war sie da, Pelle wusste, dass sie nicht weg konnte, weil Jan noch an dem Boot arbeitete.
    Gedankenverloren betrachtete Pelle die flammenfarbene Haut des Drachens, während er mit den Fingern über die Nähte strich. Dann holte er entschlossen mit der Faust aus und schlug mit aller Kraft auf die Bespannung, sodass sie knirschend zerriss.

    *

    Niclas nahm eine Flasche Mineralwasser aus dem Kühlschrank, und als er die Tür zufallen ließ, fiel sein

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