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Sehnsüchtig (German Edition)

Sehnsüchtig (German Edition)

Titel: Sehnsüchtig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne Woodtli
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zweiter. Sie blickt ihn nicht an, sie würde ihn jetzt sowieso nur verschwommen sehen. „Irina“, sagt er erneut und zieht sie an sich. Sie krallt ihre Hände in sein Hemd, birgt sein Gesicht an ihrer Brust und weint.
    „Du bist nie da in letzter Zeit“, bringt sie hervor. „Ich habe das Gefühl, wir sehen uns nie ...“
    „Das stimmt doch gar nicht ...“, versucht er es, aber sie hört seiner Stimme an, dass er weiss, dass er sich selbst belügt. „Wir finden kaum Zeit füreinander und schon gar keine gemeinsame für Lilli. Entweder schaue ich zu ihr oder du – und seien wir ehrlich, meistens bin ich es ...“
    „Ich weiss, und es tut mir leid“, sagt er, hält ihre Schultern fest und lehnt sich etwas zurück, um sie betrachten zu können. „Bald sind wir mit den Aufnahmen fertig, vielleicht noch zwei Wochen, das ist die schlimmste Zeit, aber danach wird es wieder besser. Versprochen ...“
    „Ich habe das Gefühl, wir reden nicht mehr, Eli, oder wir reden aneinander vorbei. Und dann das heute ...“
    „Es tut mir leid ...“, sagt er erneut.
    „Ich hatte mit dir darüber reden wollen, aber jetzt musst du wieder weg ...“
    Er beugt sich vor und küsst ihre tränenfeuchte Wange. „Du bist müde und überreizt, ich bin müde und gestresst. Wenn wir jetzt darüber reden, beginnen wir nur zu streiten. Du gehst jetzt ins Bett.“ Er hebt sie hoch und trägt sie durch die Küche, sie wehrt sich nur halbherzig. Er schiebt die Tür zum Schlafzimmer mit einem Fuss auf und legt sie ins Bett. „Ich habe mir das zwar anders vorgestellt ...“, sagt er und beugt sich über sie, um sie zu küssen, „wenn ich dich auf Händen trage, springt in der Regel eine Belohnung heraus.“ Sie will schimpfen, aber dann lacht sie und weint gleichzeitig immer noch, „du hast die Belohnung ausgeschlagen“, hält sie fest. Er wischt ihr mit der Daumenkuppe eine Träne aus dem Gesicht, sein Duft nebelt sie ein und macht sie schwach. „Ich weiss und ich bin ein Idiot.“ Er legt sich neben sie und schliesst sie in die Arme. „Ich mach dir einen Tee mit Honig, danach fahr ich ins Studio. Wenn du morgen aufwachst, bin ich wieder da ... Und morgen bleibe ich zuhause. Wir gehen mit Lilli spazieren, wir reden und tun all die anderen Dinge, für die wir in letzter Zeit zu wenig Zeit hatten ...“ Er küsst sie. „Einverstanden?“, fragt er dann und blickt sie an, warm, liebevoll, Eliot eben . Sie seufzt. „Ja, unter einer Bedingung ...“
    „Welche Bedingung?“, fragt er und trocknet mit seinem Hemdärmel ihr Gesicht vollständig. „Du nimmst mein Auto, es wird kalt heute Nacht.“ Er lacht. „Versprochen.“ Dann steht er auf und kommt bald darauf mit einer Tasse Tee zurück. Er ist stark, süss und riecht nach Trost. Einen Kuss später ist Eliot verschwunden und sie hört ihn die Wohnungstür abschliessen.

 
    BONDGIRL
     
    Irgendwann tut ihr die Hand so weh, dass sie kaum noch den Stift halten kann. Alys verzieht das Gesicht, legt den Stift hin, öffnet und schliesst ihre Hand. Ihre Augen brennen vor Müdigkeit. Höchste Zeit für eine Pause.
    Sie schiebt die Skizzen in die Mappe und rückt sich die Brille auf der Nase zurecht. Sie trägt sie meist nur zu Hause, aber fürs Zeichnen ist sie eindeutig bequemer als die Linsen. 3:47 Uhr, sagt ihr Computer. Schon? Sie muss seit Stunden an der Arbeit sein, hat gezeichnet und skizziert wie im Rausch. ‚Heute abend nimmst du ein schönes langes Bad, trinkst ein Glas Wein und lädst deinen Freund zu dir ein’ , hört sie Eliot in ihrem Kopf sagen. Das war wohl nichts. Obwohl – ein Bad oder ein Glas Wein wären schon verlockend gewesen, aber dafür ist es jetzt zu spät.
    Es wäre Zeit fürs Bett, allerhöchste Zeit, und sie ist unglaublich müde. Aber sie war von der Arbeit zu aufgekratzt, um schlafen zu können. Ein Teufelskreis. Oder vielleicht liegt es auch an der leeren Cola-Flasche auf dem Schreibtisch. Teufelszeug. Sie muss fast anderthalb Liter davon intus haben.
    Sie öffnet Facebook, obwohl sie weiss, was sie als erstes tun wird, und dass das keine gute Idee ist. Janosch stalken. Sein Profil anschauen, wie sie es jeden Tag mehrmals macht, seit er weg ist. Eine Benachrichtigung durchkreuzt diesen Plan. Gut so. Sie hat eine Freundschaftsanfrage bekommen. Wer mag das sein? Wieder jemand aus Primarschulzeiten, den oder die sie seit Jahren nicht gesehen hat? Sie klickt auf das kleine, rote Zeichen.
    Die Freundschaftsanfrage ist von Irina Agren.
    Überrascht klickt Alys

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