Sei dennoch unverzagt: Gespräche mit meinen Großeltern Christa und Gerhard Wolf (German Edition)
völlig anders getrauert als ich. Unter uns haben wir gesagt, dass ich noch einmal ein Gegenporträt von ihr schreibe: Sie und ich statt Er und ich . Aber ich sagte, so gut kriege ich das nicht hin. (lacht)
JS Wer weiß?
GW Nein. Er und ich ist sehr gut geschrieben, hält gut das Gleichgewicht zwischen Nähe, Distanz und ironischem Humor. Natalia Ginzburg muss etwas Ähnliches veröffentlicht haben 136 . Mit ihr hatte Christa Bezugspunkte. Auch zur Schriftstellerin Friederike Mayröcker gab es Bezugspunkte, zu ihrer Schreibweise, aber Mayröcker ist ja ganz auf sich bezogen.
JS Das sind viele Autoren. Oma war nicht so.
GW Gar nicht. Sie war offen für die Familie. Deswegen meinte sie stets, sie sei keine große Dichterin.
JS Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich finde, hier in Woserin merkt man besonders, dass Oma nicht mehr da ist. Sie fehlt.
GW Ich bin in Woserin nicht mehr so verwurzelt. Es läuft hier gut weiter. Tinka und Martin kümmern sich unermüdlich um Haus und Garten. Martin hat ein Atelier und jährlich seinen Malzirkel. Ich finde es schön, dass dein Cousin Anton öfter mit Freunden herkommt und ein Feuerchen macht und dass deine Cousine Helene, wenn sie nun bald ein Kind hat, wieder öfter hier sein wird. Es ist gut, dass die Familie weiter wächst. Die Hauptarbeiten am Haus sind getan, nun muss man es erhalten. Ich kann nicht mehr viel machen, deshalb spüre ich diese Bindung nicht mehr. Ich werde nichts mehr umbauen, höchstens vielleicht einmal die Fenster neu streichen lassen.
125 Die Erzählung August schenkte Christa Wolf ihrem Mann 2011 zur Diamantenhochzeit. Sie erschien nach ihrem Tod 2012 bei Suhrkamp. Die Erzählung spielt kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in einer Lungenheilanstalt. Christa Wolf litt nach dem Krieg an Tuberkulose.
126 Ingo Schulze, geb. 1962 , Schriftsteller, Gerhard Wolf meint Schulzes Beitrag »Kapitalismus braucht keine Demokratie, Thesen gegen die Ausplünderung der Gesellschaft« in der Süddeutschen Zeitung vom 12 . Januar 2012 .
127 Gerhard Wolf, Der arme Hölderlin , Berlin 1972, und Johannes Bobrowski, Leben und Werk , Berlin 1967 , sowie: Beschreibung eines Zimmers, 15 Kapitel über Johannes Bobrowski , Berlin 1971
128 Die Frankfurter Poetik-Vorlesungen finden seit 1959 an der Frankfurter Johann-Wolfgang-Goethe-Universität statt. Ein Autor beschäftigt sich ein Semester lang mit Fragen der Poetik. Christa Wolf hielt die Vorlesung 1982 zu dem Thema: »Voraussetzungen einer Erzählung: Kassandra«. Der Suhrkamp Verlag begründete und unterstützt die Vorlesungsreihe.
129 Gerald J. Trageiser, geb. 1942 , leitete von 1995 bis 2004 den Luchterhand Literaturverlag.
130 Peter Handke, geb. 1942 , österreichischer Schriftsteller, die Veröffentlichung seines Reiseberichts Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien führte 1996 zu heftigen Kontroversen. Kritiker warfen Handke Verharmlosung der serbischen Kriegsverbrechen vor, 2004 unterzeichnete er einen Künstlerappell mit, der Slobodan Milošević verteidigte. 2010 trat er bei dessen Beerdigung als Grabredner auf.
131 Uwe Tellkamp, geb. 1968 , Schriftsteller und Arzt
132 Uwe Timm, geb. 1940 , Schriftsteller
133 Uwe Johnson ( 1934 – 1984 ), Schriftsteller, zog 1959 nach Westberlin.
134 Zum Anlass der Preisrede von Christa Wolf auf den Dissidenten Thomas Brasch veröffentlichte Marcel Reich-Ranicki in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen Artikel unter der Überschrift »Macht Verfolgung kreativ?«. Darin greift er Christa Wolf persönlich an, wirft ihr Heuchelei vor und bezeichnet sie als ein Aushängeschild der DDR -Diktatur.
135 Carlfriedrich Claus ( 1930 – 1998 ), Künstler, war mit Christa und Gerhard Wolf befreundet, zahlreiche Titel zu Claus sind im Verlag Gerhard Wolf Janus press erschienen.
136 Gerhard Wolf bezieht sich auf das Buch von Natalia Ginzburg Ein Mann und eine Frau , Suhrkamp, 1994 .
Familienübersicht
Otto Ihlenfeld, Vater von Christa Wolf ( 1897 – 1989 ), Kaufmann
Hertha Ihlenfeld, Mutter von Christa Wolf ( 1899 – 1968 ), Kauffrau
Alfred Wolf, Vater von Gerhard Wolf ( 1896 – 1987 ), Buchhalter
Margarete Wolf, Mutter von Gerhard Wolf ( 1894 – 1938 ), Schneidermeisterin
Felicitas Wolf (Feechen), Ziehmutter von Gerhard Wolf (?– 1950) , Ausbilderin für Kindererzieherinnen
Christa Wolf ( 1929 – 2011 ), Schriftstellerin
Horst Ihlenfeld, Bruder von
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