Sei dennoch unverzagt: Gespräche mit meinen Großeltern Christa und Gerhard Wolf (German Edition)

maile. Die geben nur ihre E-Mail-Adressen an. Gerade bekam ich eine Einladung nach Prag, und nun weiß ich gar nicht, wie ich die beantworten soll.
    JS     Immerhin schreibst du schon auf dem Computer, im Gegensatz zu Opa mit seiner elektrischen Schreibmaschine!
    CW     Ja, das kann ich mir auch gar nicht mehr anders vorstellen. Ich sehe bei Gerd, wie er immer noch einmal und noch einmal alles abschreibt. Die sofortige Korrektur am Computer ist für mich unverzichtbar geworden. Früher habe ich ganze Bücher mit der Schreibmaschine geschrieben, da hatten wir ja nicht einmal eine elektrische. Das war schon eine Leistung!
    JS     Hast du auch mit der Hand geschrieben?
    CW     Am Anfang. Je mehr ich mich an den Computer gewöhne, desto weniger schreibe ich mit der Hand.
    JS     Als ich 1992 anfing zu studieren, gaben manche Studenten noch handgeschriebene Hausarbeiten ab. Nicht alle hatten einen Computer. Es ist verrückt, was innerhalb von 15 Jahren passiert ist.
    CW     Es ist unglaublich.
    JS     Mit fast achtzig Jahren muss es dir doch vorkommen, als ob die Jahre nach dem Mauerfall schnell und die Jahrzehnte davor langsam verlaufen sind.
    CW     Seit dem Mauerfall gibt es einen Schrumpfprozess der Zeit. Einerseits ist viel passiert, andererseits persönlich aber wenig. In der DDR war immer irgendetwas los, wozu ich mich stellen oder verhalten musste. Während ich heute die Ereignisse eher von außen wahrnehme. Ich schaue zu oder lasse sie an mir vorüberziehen. Ich muss nicht persönlich dauernd darauf reagieren. Das verkürzt die Zeit.
    JS     Ich stelle es mir manchmal schwierig für euch vor, bei den rasanten gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen noch mitzuhalten.
    CW     Wenn wir keine Kinder und Enkel hätten, wäre es noch schwieriger. Dann wäre man noch weiter abgehängt und außen vor.
    Meine Großmutter steht auf und geht in Richtung Küchentür.
    CW     Ich finde, wir haben jetzt genug gequatscht!
    114 Alexander S. Neill, Theorie und Praxis der antiautoritären Erziehung – das Beispiel Summerhill , Reinbek 1969
    115 Anton Makarenko ( 1888 – 1939 ), galt als der bedeutendste sowjetische Pädagoge, leitete in den zwanziger Jahren ein Heim für verwahrloste oder straffällig gewordene Jugendliche. Ein wesentlicher Aspekt seiner Arbeit bestand in der Resozialisierung dieser Jugendlichen, unter seiner Leitung entstand die erste koedukative pädagogische Einrichtung der Sowjetunion. 1927 gründete Makarenko die Kolonie F. E. Dserschinski, die Kolonie war eine Einrichtung der sowjetischen Geheimpolizei und entwickelte sich zu deren Nachwuchsschmiede. Makarenkos Form der Kollektiverziehung zielte auf eine Erziehung ohne Prügelstrafe und ohne hierarchische Autorität der Lehrer hin zu einer »allseitig entwickelten Persönlichkeit«, in den dreißiger Jahren wurden seine Erziehungsmethoden stark von sozialistischer Pädagogik und dogmatischen Vorgaben geprägt.
    116 Gerhard Wolf gründete 1990 den Verlag Gerhard Wolf Janus press, in dem er nicht nur Autoren, sondern auch Bücher und Grafik von bildenden Künstlern verlegt.
    117 Jana Simon hat gemeinsam mit der Autorin Kathi Liers ein Drehbuch geschrieben, Das Schweigen von nebenan, nach einer wahren Geschichte eines Jungen, der in der Schule von seinen Mitschülern gemobbt und gequält wird. Der Film wurde im Frühjahr 2013 vom WDR und der Kineo-Filmproduktion abgedreht und wird 2014 in der ARD ausgestrahlt. Das zweite Projekt ist die Verfilmung von Jana Simons Buch Denn wir sind anders . Im Augenblick arbeiten der Regisseur Matthias Glasner und der Schauspieler Jürgen Vogel an einem Drehbuch.
    118 Alex Wedding, Pseudonym für Grete Weiskopf, ( 1905 – 1966 ), Schriftstellerin, floh 1933 gemeinsam mit ihrem Mann zuerst nach Prag, später in die USA , ab 1953 lebte sie in der DDR , ihr bekanntestes Buch ist Ede und Unku , das von der DEFA verfilmt wurde.
    119 Karl Dietrich Wolff, geb. 1943 , Verleger, 1968 Vorsitzender des SDS , gründete mehrere Verlage.
    120 Helga Königsdorf, geb. 1938 , Schriftstellerin und Mathematikerin
    121 Porträt über Eva Herman, »Evas Waffen«, in: Die Zeit vom 7 . September 2006 , www.zeit.de/ 2006 / 37 /Herman- 37
    122 Jana Simon spielt mit dem Begriff »Backlash« auf das Buch von Susan Faludi an, in dem Faludi einen Rückschlag gegen den Feminismus durch die Verbreitung negativer Stereotypen von berufstätigen Frauen beschreibt: Susan Faludi, Backlash, The Undeclared War