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Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Titel: Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
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es nicht, wurde der Fluch erneuert. Täten sie es aber …
    Wären sie tot
, dachte Alebin.
Sie sind so dermaßen alt, dass sie augenblicklich zu Staub zerfallen würden, wenn der Fluch ein Ende nähme
.
    Er warf einen bedauernden Blick auf seinen leeren Teller und lehnte sich zurück. Alebin war es völlig egal, was aus den Leuten wurde. Von ihm aus konnten sie bis in alle Ewigkeit weiterleben, wie sie es taten, wenn es sie denn glücklich machte. Hauptsache,
er
kam weg. Und zwar an diesem Tag – als freier Mann. Damit würde er sich jedoch nicht begnügen.
    Alebin wollte noch mehr.
    In der letzten Nacht, als er das versteinerte Kind entdeckt hatte, war ihm etwas klar geworden. Rocky hatte die Torfmuhme als mächtige, böse Kreatur beschrieben, aber all ihre Macht und ihre magischen Fähigkeiten reichten nicht aus, um den Wechselbalg Ginnair zu finden. Alebin hatte ihn gefunden. Er war der Einzige, der das Versteck kannte, und das brachte ihn in die vorzügliche Lage, mit der Muhme verhandeln zu können. Ginnair musste ihr sehr viel bedeuten, wenn sie selbst nach 144 Jahren die Suche nach ihm nicht aufgab. Da konnte er sie doch bestimmt für ein Tauschgeschäft interessieren!
    Alebin nickte nachdenklich. Sein Plan stand fest, doch damit er auch funktionierte, musste der Elf alles auf eine Karte setzen. Das hatte er getan. Durch einen Besuch bei Nathan Pine hatte er sichergestellt, dass der Mann ihm nicht in die Quere kam. Dann hatte er Eleanor Braxtons Willen ausgesaugt, denn die unglückliche Frau war Teil seines Plans. Und er hatte sich einen warmen Wintermantel besorgt. Es war kalt im Moor, da würde er ihn brauchen.
    Es gab kein Zurück mehr. Wenn irgendetwas schiefging, war er geliefert. Spätestens am nächsten Tag würden die Dörfler herausfinden, dass sich Mistress Braxton in einen Zombie verwandelt hatte, und Nathan Pine … Nun ja. Sollte Alebin dann noch immer in Whispering Willows sein, brauchte er keinen Gedanken an seine Zukunft zu verschwenden, denn dann hatte er keine mehr.
    Gegen fünf Uhr nachmittags scholl ein übellauniges Maunzen durchs Moor, laut und böse, wie von einer gefährlichen Raubkatze. Alebin konnte förmlich spüren, wie die Dorfbewohner zusammenzuckten, sich noch tiefer in ihren Häusern und Verstecken verkrochen und um ihr Leben bangten. Das Echo einer düsteren Aura erreichte den Elfen, und er nickte wissend: Die Bestie war im Anmarsch!
    »Es ist so weit«, sagte er, blieb stehen und warf einen unwilligen Blick auf Mistress Braxton, die noch immer reglos dasaß und in weite Fernen starrte. »Na los! Auf!«
    Gehorsam erhob sie sich und trottete hinter ihm her.
    Eisige Kälte schlug Alebin entgegen, als er die Tavernentür öffnete. Bibbernd rieb er sich die Arme. Seine Zähne klapperten, während er hinaustrat. Eleanor Braxton jedoch schien nichts zu spüren. Ohne Mantel, mit leichten Schuhen und im Hauskleid folgte sie ihm auf den Dorfplatz.
    Kein Mensch weit und breit. Graues, trostloses Novemberwetter. Der tote Bacharm war von einer Eisschicht überzogen, in der noch die abgebrochenen Stangen von Alebins Suche steckten. Seine sumpfigen Fußabdrücke aber hatte er sorgfältig entfernt, um nicht ungewollt einen Hinweis auf das Versteck des Wechselbalgs zu geben. Steinig und kalt ragte die Klapperbrücke über den Bach. An ihrem Ende stand die Torfmuhme.
    Alebin ließ sie nicht aus den Augen. Auf halber Strecke blieb er auf der Brücke stehen; hinter dem Kreuz, von dem er wusste, dass die düstere Gestalt es nicht überschreiten konnte. Mistress Braxton tappte an ihm vorbei, sie hatte keinen anderslautenden Befehl erhalten. Der Elf zog sie hastig zurück.
    Dann wartete er.
    Er hoffte, dass die Torfmuhme als Erste etwas sagen würde. Doch den Gefallen tat ihm die unheimliche Frau nicht. Sie stand nur da, sah ihn an – und kräuselte spöttisch die Lippen. Alebin musste kämpfen, um dem Blick ihrer Augen standzuhalten, nicht wegzusehen. Vor allem nicht nach unten, was ein Zeichen der Unterwerfung wäre. Das wusste er, und er dachte nicht daran, sich diesen Augen zu ergeben: gelbe Lichter, mit senkrechten Längspupillen, die sich mehr und mehr zusammenzogen.
    Ärgerte sie sich etwa über seinen Widerstand? Alebin imitierte ihr spöttisches Lächeln, dann sagte er ruhig: »Ich weiß, wo dein Kind ist.«
    Sie verzog keine Miene, wollte sich wohl nichts anmerken lassen. Aber ihre Augen verrieten sie. Die schwarzen Schlitze öffneten sich wie bei einer jagenden Katze, und ein kalter

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