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Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Titel: Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
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nichts dagegen tun.«
    David fragte: »Was ist geschehen, Majestät?«
    »Cunomorus. Unter diesen Umständen braucht die Etikette nicht gewahrt zu werden. Sie klingt hier nur wie ein Hohn.«
    »Ich danke Euch – Cunomorus.« David zeigte auf seine Brust. »Ich bin übrigens Dafydd, der Sohn Hochkönig Fanmórs und Erbprinz der Crain. Die schöne Frau an meiner Seite ist Nadja Oreso.«
    Cunomorus wurde leichenblass, das sah sie selbst noch in der Dämmerung. Er prallte zurück, knickte mehrmals in den Knien ein und hatte Mühe, nicht zu fallen. Aus großen Augen starrte er die beiden an. »Ihr … Ihr seid das? Die Eltern unserer größten Hoffnung? Die Eltern von Talamh, dem Sohn des Frühlingszwielichts? Oh grundgütiges Schicksal, ich danke dir!«
    Nadja schoss vor. Mit beiden Händen packte sie den königlichen Mantel an seinem Hermelin-Besatz – der keineswegs ein Imitat war wie ursprünglich vermutet – und schüttelte ihn samt Inhalt.
    »Woher kennt Ihr den Namen meines Sohnes?«, schrie sie Cunomorus an. Tränen funkelten in ihren Augen. »Was wisst Ihr über Talamh? Habt Ihr ihn gesehen? Geht es ihm gut? Sagt es mir! Sofort!«
    David griff über Nadjas schmale Schultern hinweg, umschloss die verkrallten Hände. »Schon gut«, sagte er sanft.
    Nadja ließ den König los. Energisch wischte sie ihre Tränen fort. »Bitte sagt mir, was mit Talamh geschehen ist. Wer hat ihn in seiner Gewalt?«
    »Das weiß ich nicht.« Cunomorus klang bedauernd. »Ich vermag Euch nur zu berichten, dass er lebt. Er ist in Lyonesse. Ich spüre seine Präsenz sogar durch den magischen Schutzwall hindurch, den ich seit Wochen zu überwinden versuche und es einfach nicht kann!«
    »Seit Wochen!« Entsetzt ächzte Nadja auf.
    David schloss sie in die Arme. »Ihr müsst uns alles erzählen, Cunomorus. Nadja ist Grenzgängerin – sie kann es schaffen, in die Anderswelt zu gehen. Mit uns! Aber wir müssen wissen, was uns in Lyonesse erwartet, ehe wir dort aufkreuzen.«
    Inzwischen war die Dämmerung vergangen. Dunkelheit sank über Tintagel mit seinen stillen Ruinen, die so viel Wundersames, Aufregendes und Tragisches erlebt hatten in ihrer Zeit. Noch immer lag ein Hauch von Magie über der uralten Burg, war der Nachhall von Merlins Anwesenheit spürbar. Manchmal, wenn Nadja genau hinhörte, klangen Geräusche durch das unablässige, geschäftige Wispern der Schneeflocken, schwach und so weit entfernt, wie die Vergangenheit zurücklag. Das Klirren von Schwertern, wiehernde Pferde. Fanfarenklang, Rufe. Und dazwischen das Weinen eines Neugeborenen. König Artus’ erster Schrei, für immer festgehalten in Cornwalls magischer Atmosphäre.
    »Ich erzähle Euch, was ich weiß«, sagte Cunomorus in den Moment der Stille hinein. »Doch wir dürfen hier nicht bleiben, sonst sind wir erfroren, noch ehe der Morgen graut. Folgt mir! Ich führe Euch hinüber zur Vorburg, da gibt es geschützte Plätze, an denen die Nacht erträglich ist.«
    »Wie habt Ihr dort wochenlang überlebt?« Nadja setzte sich in Bewegung.
    »Gar nicht.« Cunomorus reichte ihr seinen Arm, damit sie einen Halt hatte in der Dunkelheit. »Ich halte mich in Merlin’s Cave auf.« Sein leises Lachen klang verlegen. »Residieren kann man es nicht nennen, nicht einmal wohnen. Aber der Ort ist magisch – Artus wurde dort geboren –, und in einer Seitenhöhle liegt das Portal nach Lyonesse. Die Nähe zur Grenze strahlt Wärme aus, das hat sie schon zu Merlins Zeiten getan. Man kann die Winternächte dort gut überstehen.«
    »Dann sollten wir vielleicht hingehen«, fand David.
    »Das wäre mir sehr recht.« Cunomorus half Nadja über eine bröckelnde Mauer. »Es lässt sich nur nicht bewerkstelligen. Der Weg nach unten ist … Nun, Ihr werdet es gleich sehen. Schwierig wäre zu gelinde ausgedrückt. Geht langsam, wenn Ihr die Stufen betretet – und haltet Euch gut fest!«
    Die Stufen.
    Es waren keine wirklichen Stufen, die vom Hochplateau zu der tiefer liegenden Vorburg führten. Es war eher eine Frechheit. Wer immer für den Bau dieser steilen, extrem schmalen Treppen mit ihren zum Verzweifeln krummen Steinlagen verantwortlich war, hatte sich seinen Platz in der Hölle redlich verdient. Wenigstens gab es an den gefährlichsten Hängen des zerklüfteten Hügels ein Holzgeländer neueren Datums. Es verhinderte, dass man beim Ausrutschen ungebremst in den jeweiligen Abgrund stürzte. Einen von ihnen überspannte eine klapprige Brücke. Sie erweckte kein Vertrauen, hatte auch

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