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Seidene Küsse

Seidene Küsse

Titel: Seidene Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Leheta
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erspart geblieben.
    Noch gut erinnerte sie sich an Mark, der heute aus Düsseldorf angereist kam. Um genau zu sein, in der nächsten halben Stunde. Da er mit dem Auto fuhr, und das bei dem vielen Schnee, der die letzten Tage gefallen war, konnte man es nicht so genau sagen. Also stand sie wieder auf, wusch die Hände und cremte sie ein, während im Hintergrund Weihnachtslieder von der CD erklangen. Ließ den Blick im Wohnzimmer umherschweifen. Alles sah gemütlich, festlich und sehr weiblich aus.
    Vor drei Monaten hatten sie sich in Kemer in der Türkei kennen gelernt. Es war nur eine Woche Urlaub gewesen, nicht viel, aber immerhin genug, dass sie für einige Tage dem Werbeagen-turstress adieu hatte sagen können. Jeden Tag hatte sie einen anderen Anschluss gefunden, und am letzten Tag war ihr Mark begegnet. Obwohl sie ihre Schuhe mit den höchsten Absätzen getragen hatte, hatte Mark sie noch um einige Zentimeter überragt. Und sie war immerhin eins fünfundsechzig. Lässig hatte er an der Hotelbar gelehnt, als sie ihn das erste Mal erblickt hatte.
    Die Türglocke riss Carmen aus ihren Gedanken. Sie sprang auf, eilte zur Wohnungstür und betätigte den Türöffner.
    Mit schweren Schritten, die Reisetasche lässig über die Schulter geworfen, kam er um die letzte Biegung der Treppe auf sie zu. Als er ihr ein frisches Lächeln zuwarf, wusste sie, sie hätte ihn unter tausenden herauspicken können. Seine dunklen Haare waren etwas länger geworden, aber es sah sehr gut aus. Unverschämt gut.
    Inzwischen saßen beide auf Carmens bunt gemusterten Sofa und unterhielten sich angeregt bei Glühwein. Auf dem Couchtisch lag eine Weihnachtsdecke, Kerzen erhellten an diesem tief verschneiten Nachmittag ihre Gesichter und gaben ihnen weiche Konturen. Selbst einen Christbaum hatte sie aufgestellt und mit Strohsternen, roten Schleifen und den passenden Kerzen verziert. Sie liebte die Vorweihnachtszeit und stellte ihren Baum jedes Jahr einige Wochen vorher auf und nicht erst am vierundzwanzigsten, wenn Weihnachten schon fast gelaufen war.
    »Carmen, erinnerst du dich noch an den Typen, der versucht hat, bei dir zu landen?« Mark nahm sich eines ihrer selbstgeba-ckenen Plätzchen.
    »Du meinst den Besoffenen, der mir fast an die Wäsche ging.« Sie verzog leicht angewidert den Mund. »Dein Satz ›Nimm gefälligst die Finger von meiner kleinen Schwester‹ war genial.«
    »Nun, er hat mir eine gute Gelegenheit verschafft, dich anzusprechen.« Er nahm sich ein Kissinger Brötchen, eines ihrer absoluten Lieblingsplätzchen, und steckte es in den Mund.
    »Ah, es war also gar keine Ritterlichkeit, dass du mir geholfen hast?« Spielerisch schlug sie ihm auf den Arm. »Es war Ego-ismus.«
    »Als Mann muss man sehen, wo man bleibt, sonst sind die besten Frauen weg.«
    Carmen lachte. »Ich dachte, wir Frauen müssen zusehen, dass nicht die besten Männer weg sind.«
    Er wollte gerade von dem Glühwein trinken, hielt aber inne. »Also, mich hat noch keine Frau angesprochen, wenn ich so darüber nachdenke.« Er nahm einen Schluck.
    Erst war Carmen etwas bange gewesen, ob die Unterhaltung zwischen ihnen auch so flüssig laufen würde wie in Kemer, aber da hätte sie sich keine Gedanken machen müssen. Da sie nur eine kleine Wohnung besaß, würde Mark die Nächte auf ihrer Ausziehcouch verbringen, das war vorher bereits geklärt worden. Seit ihrem Urlaub hatten sie sich gegenseitig E-Mails geschrieben, die sie in der Firma abschicken musste, da sie keinen eigenen Computer hatte. Die Mails waren immer länger geworden. Zwischendurch hatten sie SMS ausgetauscht und öfters telefoniert, und auch die Gespräche waren ausdauernder geworden.
    Beide waren vierunddreißig geworden, sie im Juli, er im Oktober. Beide waren Single. Und keiner von ihnen hatte Lust verspürt, die Weihnachtsfeiertage bei ihren Familien oder im Freundeskreis zu verbringen. Lauter turtelnde Paare und Carmen und Mark alleine. Also hatten sie vereinbart, Weihnachten gemeinsam zu feiern.
    »Komm, lass uns aufbrechen, du musst unbedingt Feuerzangenbowle auf dem Weihnachtsmarkt trinken.«
    Mark steckte sich noch ein Plätzchen in den Mund. Verzückt schloss er die Augen. Während er ihr in den dicken Wintermantel half, meinte er: »Deine Plätzchen … ich hoffe, du hast noch viele, die schmecken unglaublich.«
    »Genug. Jedes Jahr denke ich, dieses Jahr mache ich mir den Stress nicht, aber immer wenn der erste Schnee fällt, laufe ich los und kaufe die Zutaten.«
    »Ein Glück

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