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Seidene Küsse

Seidene Küsse

Titel: Seidene Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Leheta
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Architekturmuseum und jede Menge fragwürdigster Fortbildungslehrgänge und Seminare.
    Was ist er doch für ein Schatz, dachte Alice und schaltete den Eierkocher an. Aber was wird er von meiner neuesten Idee halten? Sie brauchte sich ja nur vorzustellen, wie sie sich fühlen würde, wenn Bernd ihr einen derartig absurden Wunsch preisgab. Verarscht! Betrogen! Beschissen! Alles, nur nicht verständnisvoll.
    Lächelnd beobachtete Alice ihren großen, breitschultrigen Mann, wie er sich fast zärtlich ein Baguettebrötchen, das er zuvor mit Butter bestrichen hatte, mit einer dicken Schicht Nutella beschmierte. Alice mochte morgens nur Salziges oder Saures und aß allgemein lieber deftig, trank eher Wodka als Wein. Entgegen seiner männlich-markanten Optik bevorzugte der Universitätsdozent Bernd Marmelade und Crois-sants und war auch sonst ein ziemliches Leckermäulchen. Ein bisschen ungewöhnlich, aber perfekt, wenn sie mal in einem Café frühstückten, denn dann konnten sie sich einfach das
Paris Spezial
teilen, ohne dass auch nur ein Krümelchen übrig blieb.
    »Schatz.« Alice trank den letzten, abgekühlten Schluck ihres Milchkaffees und stellte die Jumbo-Tasse auf dem antiken Kirschholztisch ab, der das Zentrum ihrer ansonsten sehr modernen Wohnküche bildete, die sie selbst entworfen hatte. »Ich muss dir was sagen.«
    Bernd sah sie unverwandt an, während seine Zunge nach Nutellaresten in seinen Mundwinkeln fahndete.
    »Was Schlimmes?« Das war so eine Floskel, die sie immer benutzten, wenn der andere ein ernstes Gespräch begann. Sie wusste nicht, was sie antworten sollte.
    Es dauerte, bis sie sagte: »Schon seit Monaten habe ich diese … … … na ja, diese komische … … … Vorstellung.« Sie streifte die Pantoffeln unter dem Tisch ab und streckte die nackten Füße aus, bis sie seine Beine berührten. Zart strich sie mit den Zehen seine weich behaarten Schienbeine auf und ab.
    »Ach, ich weiß gar nicht, wie ich es dir sagen soll.«
    »Sag’s einfach. So schlimm kann es doch gar nicht sein.« Bernd biss ein Riesenstück aus seinem Nutellabrötchen.
    Alice lachte nervös auf und dachte: Wenn du wüsstest.
    Sie sagte: »Du findest es wahrscheinlich völlig bescheuert, aber ich … ich kriege das einfach nicht mehr aus dem Kopf.« Schon materialisierten sich wieder diese Bilder vor ihrem geistigen Auge. Sie fühlte, wie sich ihr Puls beschleunigte. »Das ist wie eine fixe Idee.«
    Bernd kaute bedächtig und hörte aufmerksam zu, als seine Frau nach seiner freien Hand griff und um Worte rang, um das Unglaubliche auszusprechen: »Ich… … …ich möchte… … … in mitspielen.«
    Schamesröte stieg ihr brennend heiß den Hals empor bis ins Gesicht. Kaum hatte Alice ihr Gestammel beendet, sah Bernd sie nicht mehr an. Nur noch an ihr vorbei. Irgendwo in die Ferne hinter ihrem rechten Ohr. Er zog seine Hand weg, verschränkte die Arme vor der Brust.
    Hatte er bereits Fluchtpläne? Suchte in Gedanken schon den Scheidungsanwalt aus den
Gelben Seiten?
Teilte den Hausstand auf?
    Nach einer endlos scheinenden Pause sagte er tonlos: »Du wirst verstehen, dass ich das erst mal verdauen muss.« Und starrte weiter rechts vorbei in die Ferne. Ein anderer hätte sie für verrückt erklärt oder zum Friseur geschickt. Nicht Bernd. Deshalb liebte Alice ihn so. Aber an diesem sonnigen Tag waren erst mal dunkle Wolken aufgezogen. Mit der Wochenendzeitung, die sie abonniert hatten, verkroch er sich ins Bett. Der Rest des Brötchens blieb unangetastet auf dem Teller liegen.
    Langsam dämmerte Alice, auf welch dünnem Eis sie sich bewegte, aber irgendeine dunkle Macht trieb sie dazu, den einmal beschrittenen Weg unbedingt zu Ende gehen zu wollen.
    »Jetzt könnte ich eigentlich auch Staub saugen«, war der einzige Gedanke, zu dem sie noch fähig war. Da sie jedoch weder ihre Ehe noch ihr irrsinniges Vorhaben gefährden wollte, räumte sie lediglich den Tisch ab und beschloss, einen Spaziergang zu machen.
    Als Alice zurückkehrte, wartete Bernd, inzwischen angezogen, schon im Wohnzimmer auf sie. In äußerst sachlichem Ton zitierte er sie zum Gespräch – offensichtlich die einzige Möglichkeit für ihn, mit ihrem unmöglichen Wunsch klarzukommen. Alle Kraft, die sie draußen in der Natur gesammelt hatte, schwand auf einmal aus ihren Gliedern. Ihr wurde mulmig. Vorsichtig, als wäre sie eine uralte Frau, setzte sie sich zu Bernd auf das Sofa und wollte ihre Hand auf seinen Oberschenkel legen, um irgendwie in Kontakt mit ihm

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