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Seidenfpade

Titel: Seidenfpade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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Tagen suche ich Sie.«
    Cage war gewöhnlich ein recht toleranter Fakultätsleiter, innerhalb gewisser Grenzen natürlich. Offenbar hatte Dani eine dieser Grenzen überschritten.
    Dani entschuldigte sich. »Es war in letzter Zeit recht hektisch.«
    »Das sehe ich«, meinte Cage.
    Er kam herein und beäugte abschätzend die Stapel von Büchern und Zeitschriftenartikeln, die sich überall türmten. Wie vielen Washingtoner Akademikern waren ihm die Nahtstellen nicht fremd, wo die hehren Gipfel akademischer Lehren in die finsteren Täler politischer Realität übergingen.
    Ohne zu überlegen, machte Dani ihre Schultertasche mit den Risk-Limited-Papieren zu. Solche Geheimniskrämerei war neu für sie. Sie kam sich einigermaßen töricht vor, ja beinahe paranoid. Doch auf der primitiven Ebene ihres Verstandes mußte Dani immer wieder daran denken, wie überrascht Feng ausgesehen hatte, als er starb. Cage nahm ein Buch zur Hand und durchblätterte es müßig.
    »Seit wann interessieren Sie sich für karibische Archäologie?« fragte er.
    »Das tue ich nicht. Ich interessiere mich für einen Urlaub. Seit Sie Ihre Zustimmung zu meiner Beratertätigkeit für Cassandra Redpath gaben, bin ich so beschäftigt wie ein einbeiniger Fußballer.«
    »Ach ja«, brummte Cage. »Mrs. Redpath. Ich habe Ihnen meine Zustimmung gegeben, oder?«
    »Mit Sicherheit!«
    Cage legte das Buch über die Karibik beiseite und nahm einen Essay über die Unterschiede zwischen indischer Wildseide und der frühen Rohseide des domestizierten Seidenspinners aus dem China um zweitausend vor Christus zur Hand.
    »Aber wie konnte dieses spezielle Projekt Sie so sehr beschäftigen, daß man Sie in den letzten Wochen kaum noch in Ihrem Büro antraf«, äußerte sich Henley spitz.
    Müdigkeit und Anspannung und das Bedürfnis, nach Hause zu kommen zu ihrer Minestrone, ließen Danis Antwort ein wenig schärfer als beabsichtigt ausfallen.
    »Ist das eine offizielle Nachfrage, Vorsitzender Cage?«
    »Oh, äh ...«
    »Falls es eine ist«, unterbrach Dani ihn ruhig, »würde ich Sie gerne darauf hinweisen, daß ich in diesem Semester nur zu wenigen Vorlesungen verpflichtet bin.«
    »Ein Abendseminar«, bestätigte Cage. Dann fügte er hinzu: »... das Sie jedoch letzte Woche ausfallen ließen.«
    »Mrs. Samms hat mich vertreten. Ihre Kenntnisse - speziell auf dem Gebiet der Renaissance-Seiden - sind den meinen ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen.«
    »Natürlich«, begann Cage, »aber ...«
    »Im übrigen«, fuhr Dani fort, ohne ihm Zeit zu langen Vorhaltungen zu lassen, »war ich während meiner Abwesenheit durchaus verfügbar und habe zudem Überstunden für das Projekt gemacht, für das Sie mich empfahlen.«
    »Sie wissen, daß ich Sie immer schon für einen der Stars der Fakultät gehalten habe«, tat er ihr schön.
    »Vielen Dank!«
    »Allerdings hatte ich angenommen, der Beraterjob für Red-path wäre nur kurzfristig. Können Sie mir sagen, bis wann Sie damit fertig sein werden?«
    »Sie sind der erste, dem ich dann Bescheid gebe.«
    »Das habe ich nicht gemeint«, knurrte Cage.
    »Tut mir leid, aber die Dauer ist nicht voraussehbar!«
    Er runzelte die Stirn.
    »Halten Sie es für eine gute Idee, Ihre akademischen Aufgaben gerade jetzt eines Open-end-Projekts wegen zu vernachlässigen?« fragte Cage.
    »Meine Arbeit für Mrs. Redpath basiert hundertprozentig auf meinem wissenschaftlichen Spezialgebiet. Ich halte dies für eine einmalige Gelegenheit zu beruflicher Erweiterung.«
    »Sie klingen ja wie eine Highschoolabsolventin, die Daddy das Weiterstudieren aus dem Kreuz leiern möchte.«
    Dani rief sich in Erinnerung, daß Cage, der sich zwar manchmal mehr wie ein professioneller Rivale als wie ein Kollege benahm, immer noch ihr Boß war. Er respektierte ihre Arbeit. Obwohl sein Spezialgebiet, weit entfernt von ihrem, die Bronzen der Ch’in-Dynastie bildeten, kam er oft mit besonderen Anliegen zu ihr.
    »Cassandra Redpath ist brillant«, sagte Dani fest. »Sie als Mentorin zu haben bedeutet eine einmalige Chance.«
    Cages Stirnrunzeln vertiefte sich.
    »Ich fürchtete, daß Sie so etwas sagen würden«, meinte er.
    »Was sagen?«
    »Mrs. Redpath kann sehr charismatisch sein. Aber ...«
    Dani wartete.
    »... aber ihr Genie äußert sich manchmal auf etwas reaktionäre Weise«, formulierte Cage es vorsichtig.
    »Wie bitte?«
    Der Professor seufzte. »Darf ich offen sein?«
    »Aber sicher.«
    »Mrs. Redpath hat in dieser Stadt seit Jahren in so manchem

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