Seidenfpade
ja?«
»Nun, es war höllisch schwer, entsprechend feine Goldfäden aufzutreiben; aber schließlich haben wir es geschafft. Dann wurde das Ding in einem Labor bearbeitet, um zu >altern<.«
»Ist es fertig?«
»Gerade eben. Gillie schickt es per Risk-Limited-Express.« Shane warf einen Blick auf seine Uhr. »Müßte jeden Moment eintreffen.«
»Deshalb wolltest du die Seide nicht früher kapern«, sagte Dani. »... die Harmony soll nicht merken, daß sie drangekriegt worden ist.«
Das Lächeln, das nun über Shanes Züge huschte, war ausgesprochen wölfisch.
»Genau - im großen und ganzen schwebt es uns so vor«, sagte
er.
»Im großen und ganzen, hm? Und im einzelnen?« »Das brauchst du ...«
»... nicht zu wissen«, vollendete Dani hilfreich seinen Satz.
»Bin ich froh, daß du mich verstehst!«
Sie zog eine Grimasse. »Warum hast du mich dann überhaupt mitgenommen?«
»Cassandra bestand darauf.«
»Red bitte Klartext!«
»Weil du die echte Seide durch Berührung erkennen kannst«, gab Shane zu. »Das kann sonst niemand.«
Dani wollte etwas sagen, hielt inne und begriff plötzlich.
»Du fürchtest, die Seide könnte bereits ausgetauscht worden sein, stimmt’s?« fragte sie.
»Tony Liu hatte sowohl Motiv, Gelegenheit, Zeit als auch die Mittel.«
»Ich dachte, er gehört zur Harmony«
»Das heißt nicht, daß er nicht nebenbei seine eigenen Pläne verfolgt.«
»Es gibt eben einfach keine Ehre unter Räubern mehr«, sagte Dani.
»Ehre bedeutet der Harmony weniger als ein Hundefurz.«
»In was für einer herrlichen Welt - du - wir - doch leben.«
»Es war deine Entscheidung«, hielt Shane ihr vor. »Ich habe versucht, dich rauszuhalten.«
»Falsch! Du hast versucht, mich ignorant zu halten.«
»Ignoranz kann ein Segen sein.«
»Wirklich?« fragte Dani. »Warum gibt es dann so viele unglückliche Menschen auf der Welt?«
Shane lächelte müde. »Du und Cassandra, ihr seid mir schöne Gesinnungsgenossen.«
»Was meinst du damit?«
»Sie hat dasselbe gesagt.«
»Und was ist mit Gillie?«
»Er hält es wie ich«, sagte Shane. »Versucht noch immer, seine Frau zu schützen, komme was da wolle, und trotz aller Emanzipation.«
»Vielleicht versucht sie ja auch, ihn zu schonen«, sagte Dani,
»indem sie nicht wie ein verdammtes Mühlrad um seinen Hals hängt.«
Bei dem Gedanken, daß Cassandra versuchen sollte, den gelegentlich recht mörderischen Sergeant-Major an die Leine zu nehmen, mußte Shane lachen. Doch dann wurde er plötzlich wieder ernst, und sein Blick richtete sich forschend auf Dani.
»Ist es das, was du im Sinn hast?« fragte er. »... mich zu schützen?«
»Sehe ich aus, als ob ich verrückt wäre?« erkundigte Dani sich. Aber ihre Stimme war nicht so fest wie ihr Blick. »Also gut, verdammt noch mal«, gestand sie erschöpft. »Ich bin eine Närrin. Das sollte nichts Neues für dich sein.«
Shane strich mit den Fingerspitzen über Danis Wange, dann ihren Mund. Er spürte ihren warmen Atem.
»Ich habe mich nicht über dich lustig gemacht«, sagte er leise. »So ein sanftes Menschenkind wie du hat noch niemals versucht, mich unter die Fittiche zu nehmen. Es überrascht mich einfach, das ist alles.«
Dani errötete und wich Shanes klaren, dunklen Augen aus.
»Vergiß es«, murmelte sie. »Ich weiß, daß du ungefähr soviel Schutz brauchst wie eine durchschnittliche Lawine.«
»Vor Afghanistan hätte ich das auch geglaubt. Inzwischen ist nun meine Welt ins Wanken geraten.«
Beim traurigen Klang seiner Stimme mußte ihn Dani wieder ansehen. Die Mischung aus Zorn und Kummer, die sie in seinen Augen las, rührte an ihr Innerstes und ließ sie nicht mehr los -brachte sie zum Weinen, so, wie er geweint haben mußte - lautlos, unsichtbar.
Ein Kummer, der um so schrecklicher war, weil er kein Ventil kannte.
»Es gibt solche und solche Wunden«, sagte Shane ruhig. »Ich dachte, ich hätte mich davon erholt. Doch dann sah ich, wie du wegen einer heiligen Seide einen Pakt mit dem Teufel eingingst ...«
Shanes Lächeln war so lieb, daß Dani auf einmal ein dicker Kloß in den Hals stieg.
»Ich wünschte, du wärst nicht... so verletzt worden«, flüsterte sie.
»Dasselbe könnte ich zu dir sagen. Aber das Leiden ist ein unentbehrlicher Lehrer. Wir müssen bloß aufpassen, daß wir nicht zu gut lernen.«
»Was meinst du damit?«
Shanes einzige Antwort war noch ein zartes Wangenstreicheln.
»Falls etwas schiefgeht«, riet er, »bleib in Deckung und halt dich
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