Seidenfpade
nicht akzeptiere?« fragte sie, obwohl sie die Antwort im voraus wußte. Doch sie mußte sie unbedingt aus seinem Mund hören - sie wußte selbst nicht, warum.
»Dann tue ich, was ich immer tue«, näselte Kasatonin. »Ich werde dir drohen, dich zu töten. Aber dieses Mal lasse ich mich nicht von deiner Schönheit becircen. Dann habe ich alles, nicht nur die Hälfte.«
»Du hättest gar nichts«, fuhr die Zarin ihn an. »Ohne mich würde es dir ziemlich schwerfallen, die Harmony zusammenzuhalten.«
»Kann sein«, räumte er ein.
»Das wäre eine ziemliche Pattsituation«, meinte Katja.
Kasatonins Lächeln wurde noch breiter.
»Vielleicht sollten wir das Ganze ja als Interessensheirat betrachten«, sagt er ironisch.
Katjas Lächeln erstarb.
»Oder als Teufelsbund?« schlug sie vor.
»Im Himmel gibt es nicht viel zu gewinnen«, argumentierte Kasatonin. »Dagegen bietet die Hölle Leuten wie dir und mir eine ganze Menge.«
»Wirklich?« flüsterte Katja.
Kasatonin lachte laut auf. Dann riß er sie hart an sich und gab ihr einen Kuß, der Blut auf ihrem Mund zurückließ.
»O ja«, sagte er und schaute zu, wie Katja sich die Lippen ableckte. »Die Hölle wird dir sehr gefallen, schönste aller Schlangen! Sie ist dein natürliches Zuhause.«
30
Die Spätnovembersonne versank golden hinter der eleganten weißen Jacht. Einen Moment lang erschien das hinreißende Paar an Deck - der hünenhafte Russe und die anmutige blonde Verführerin - im goldenen Licht: Insekten in Bernstein.
»Irgendwie toll, findest du nicht?« fragte Dani.
»Kasatonin und Katja?« vergewisserte sich Shane.
»Ja.«
»Nur aus der Entfernung. Sobald du ihre Augen siehst, ist es mit der Illusion vorbei.«
Dani blickte wieder zu der gecharterten Jacht hinüber. Sie und Shane saßen - in sicherer Entfernung zur Fensterfront - in einem Restaurant am Pier 57. Von dort aus konnten sie die Luxusbarke ungehindert beobachten, ohne selbst entdeckt zu werden.
»Aber sie sehen aus, als wären sie verliebt«, beharrte Dani.
Shane stieß einen erstickten Laut aus, der Überraschung, Lachen und Unglauben gleichzeitig beinhaltete.
»Es gibt sogar noch Seltsameres«, brummte Dani.
»Nicht in der überlieferten Geschichtsschreibung.«
»Du glaubst also nicht, daß Liebe existiert?«
»Für die beiden? Niemals! Was diese Liebe eint, fußt höchstens auf einer komplexen Form von Haß.«
»Warum sind sie dann immer noch zusammen ? Aus Geldgier?«
»Vielleicht«, räumte Shane ein,»... oder es liegt nur daran, daß Haß ebenso bindend sein kann wie Liebe.«
»Für mich nicht.«
»Nein, für dich nicht. Du unterscheidest dich von Katja wie ein Diamant von Yakdung.«
Dani warf Shane einen überraschten Blick zu. Seine Aufmerksamkeit war ganz auf die Jacht gerichtet.
Drei glänzende Limousinen rollten zur Anlegestelle. Türen wurden mit gebührender Ehrerbietung geöffnet, und acht Insassen, alles Männer, traten in die goldene Nachmittagssonne hinaus. Jeder der Ankömmlinge war luxuriös gekleidet. Jeder bewegte sich mit dem SeIbstbewußtsein eines Kabinettsmitglieds.
»Ah, noch mehr Mitglieder dieser üblen, sogenannten >Harmony<«, brummte Shane. »Ich glaube nicht, daß du hören willst, was diese Macker >lieben<.«
»Macht«, antwortete Dani ohne Umschweife.
»Das sowieso. Aber wie sie diese Neigung ausleben ...« Shane schüttelte den Kopf. »Das ist es, was dich bestimmt nicht interessiert.« »Aber du weißt es!«
»Ich habe keine Wahl. Die erste Regel lautet: Erkenne deinen Feind!«
Schweigend sah Dani zu, wie einige Crewmitglieder über die Laufplanke kamen und das Gepäck aus den Kofferräumen der Limousinen zu laden begannen.
Die acht Paten der mächtigsten Verbrechersyndikate der Welt schlenderten umher, bewunderten die Jacht und scherzten wie Touristen auf einem Ferienausflug. Die Szene wirkte absolut natürlich, höchstens etwas mondän.
»Sie sehen so normal aus«, bemerkte Dani. »Und trotzdem sind sie meine Feinde, die ich überhaupt nicht kenne.«
»Das willst du auch nicht, glaub mir.«
»Was hat Wollen damit zu tun?« fragte Dani herausfordernd. »Möchtest du es denn, oder hast du einfach nur eingesehen, daß es notwendig ist?«
Shane zögerte, dann sprach er so leise, daß Dani ihn kaum verstehen konnte. »Alles nützt auch nicht immer.«
»Shane, hör mir zu«, sagte Dani und beugte sich vor. »Seit Lhasa bin ich hin- und hergerissen zwischen meinem rationalen Verstand, der mir einreden will, daß das sogenannte
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