Seidenfpade
raus.«
»Aber...«, begann Dani.
Shane sprach nicht weiter.
»Dann kannst du zu deinen Studenten und zu deiner Forschungsarbeit zurückkehren, ohne jemandes Wissen - abgesehen von Risk Limited.«
»Und was ist mit dir?«
»Wenn ich Glück habe, geht die Harmony in die Geschichte ein.«
»Und wenn nicht, bist du tot - das willst du doch andeuten, oder?« fragte Dani erregt.
»Die Harmony wird ihr möglichstes tun. Ich ebenso!«
»Shane ...«
Er legte den Zeigefinger auf ihre Lippen und brachte sie damit zum Schweigen.
»Sag nichts mehr«, flehte er. »Versprich mir nur, daß du in Deckung bleibst!«
»Wenn ich kann ...«
»Dani...«
»Ich werde auf keinen Fall meinen Hals auf Kosten von deinem retten«, unterbrach sie ihn zornig, »also rede kein Blech daher!«
Shane raufte sich die Haare, aber es fiel ihm nichts ein, womit er die Entschlossenheit in Danis Augen hätte erschüttern können. Mit einem unterdrückten Fluch sah er auf seine Uhr.
»Gillies Paket sollte inzwischen eingetroffen sein«, meinte er.
Er blickte zur Jacht hinaus, die am Pier festgemacht war. Die Mannschaft lud gerade den letzten Rest des Proviants an Bord. In Kürze würde das Schiff ablegen.
»Schau!« rief Dani leise.
Kasatonin schritt über die Gangway zum Pier. Katja blieb an der Reling, bis er im Nachmittagsverkehr des Hafens untertauchte.
Zu Danis Verwunderung sah Shane weder überrascht noch unglücklich aus. Als ihr klar wurde, was das bedeutete, zog sich ihr Magen angstvoll zusammen.
»Du willst also die Seide direkt vor der Nase dieses Killers austauschen?« fragte sie erstickt.
»Unter Umständen«, sagte Shane. »Aber wenn das verdammte Flugzeug mit unserer Seide je landet, mache ich es noch in Seattle, bevor Kasatonin eine Chance bekommt, das Original zu bewachen.«
Shane erhaschte aus dem Augenwinkel eine Bewegung und fuhr mit raubtierhafter Geschwindigkeit herum.
Gelmann zwängte sich durch die Tischreihen. »Schlechte Nachrichten!«
»Wir sitzen bereits«, sagte Shane.
»Der Pilot hat gerade angerufen«, murmelte Gelmann. »Ein Triebwerk ist ausgefallen, und sie mußten in Boise notlanden. Sie werden ungefähr mit einer Stunde Verspätung eintreffen - vielleicht auch mit zweien.«
»Shit«, lautete Shanes Kommentar.
Er blickte zum Hafen hinaus. Ein Dockarbeiter machte soeben die letzte der Leinen los. Schwarzer Rauch stieg aus dem Schornstein. Das schmutzige Meerwasser am Heck des Boots begann zu brodeln.
»Wird ganz schön knapp«, meinte Gelmann.
»Wie knapp?« fragte Dani.
»Chen sollte das betreffende Lagerhaus in den nächsten zehn Minuten verlassen haben.«
»So bald?« fragte Shane. »Verflucht noch mal. Ausgerechnet jetzt muß denen ein Triebwerk ausfallen.«
»In zwei Stunden ist Chen in Anacortes, um mit einer Fähre nach Victoria überzusetzen«, teilte Gelmann ihnen mit.
»Anacortes?« fragte Shane.
Im Geiste ging er die Karte von Washington durch.
»Man braucht an einem guten Tag etwa anderthalb Stunden mit dem Auto, um dorthin zu gelangen«, erläuterte Juan, bevor Shane fragen konnte. »Das läßt uns nicht viel Spielraum.«
»Viel brauche ich auch nicht«, sagte Shane, »aber eine Chance, verdammt noch mal.«
»Worauf warten wir dann noch?« fragte Dani die Männer. »Los, auf mit euch! Wir werden schon dafür sorgen, daß es klappt.«
Gelmann warf ihr einen erstaunten Blick zu.
Shane war bereits auf dem Weg zur Tür.
31
Anacortes
November
Während das letzte zitronengelbe Licht vom westlichen Horizont wich, glitt die Washington-State-Fähre Winomish ins Dock von Anacortes. Ein Dutzend Fußgänger gingen von Bord. Danach signalisierten die Matrosen den Autos, die aus Kanada kamen, die Einfahrt.
Es gab nicht viele Pkws, die auf den Parkstreifen am Dock darauf warteten, auf das sich rasch entleerende Schiff zu kommen. Weniger als sechzig Wagen standen dort in ein paar Reihen, um nach Victoria in Kanada, via Friday Harbor/Washington, geschippert zu werden.
Chen Li Hwans Laster war der zweite in der zweiten Wagenreihe. Kasatonin befand sich fünf Fahrzeuge hinter ihm. Der Überwachungswagen von Risk Limited hielt sich vorsichtshalber nochmals zehn Fahrzeuglängen entfernt.
Dani hatte sich daran gewöhnt, im Schatten ihres Feindes zu leben. Seit einer Stunde lag sie nun ausgestreckt auf der Rückbank im hinteren Teil des Lieferwagens, hin- und hergerissen zwischen einem überwältigenden Schlafbedürfnis und einer beinah unerträglichen Anspannung.
Ihre einzige
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