Seidenfpade
Mekong runterschleppt?« fragte Shane.
»Es bedeutet, daß die Seide sorgsam behandelt wird.«
»Wie?« fragte er barsch.
»Eine versiegelte Glaskapsel böte einen hervorragenden Schutz für das Gewebe«, sagte Dani. »Und am perfektesten wäre eine Vakuumkapsel. Die wird nur noch von den klimatisierten Schaukästen in den Museen übertroffen.«
»Ausgezeichnet«, lobte Cassandra. »Ich bin froh, daß Sie sich entschlossen haben, uns zu beraten, Mrs. Warren. Jetzt wissen wir zumindest, wonach wir suchen müssen.«
Gillespie warf Shane einen Ich-hab-es-dir-doch-gesagt-Blick zu. Shane preßte die Lippen zusammen. Dani sah es und fragte sich, warum Shane sich von Anfang an so heftig gegen ihre Beteiligung gewehrt hatte.
»Kasatonin muß sich verdammt sicher fühlen, daß er den Stoff einfach aus der Hand gibt«, mutmaßte Gillespie, der seinen eigenen Gedankengängen folgte.
»Die Karen schmuggeln schon länger, als der Zoll existiert«, sagte Shane. »Wenn jemand eine kleine, unbezahlbare Sendung durch diesen Dschungel kriegt, dann sie.«
»Und wohin würde die Sendung weitertransportiert?« fragte Gillespie.
»Hast du etwa einen kleinen Raub im Sinn?« zog Shane ihn auf.
»So oder so, wir müssen den elenden Fetzen wiederkriegen.« »Da spricht wie immer der Pragmatiker«, sagte Cassandra anerkennend.
»Deshalb brauchst du mich ja, Botschafterin.«
»Deshalb?« murmelte Cassandra. »Genau das möchte ich auch gerne mal wissen.«
Gillespie zwinkerte seinem Boß zu, was seine ganze Erscheinung von einem wilden Tiger in einen sinnlichen Kater verwandelte.
Dani starrte die beiden ungläubig an.
Shane beachtete sie nicht. Er hatte aufgehört, über ihre komplexe Beziehung nachzudenken, und akzeptierte sie einfach.
»Also das ist der Weg, den die Seide nehmen wird«, kam Shane wieder zur Sache.
Er deutete auf den Kristallglobus. Ohne den leise vibrierenden Kristall zu berühren, zeichnete er eine Route über seine glänzende Oberfläche.
»Golf von Thailand«, begann er, »dann das Südchinesische Meer.«
Sein Finger wanderte in nordöstliche Richtung, zum Rand des Pazifiks.
»Hongkong«, sagte Shane jetzt.
Gillespie beugte sich vor. »Gut. Dann sind wir schon halbwegs am Ziel.«
Shane schüttelte den Kopf. »Hast du eine Ahnung, wie viele Schiffe es in dieser Ecke der Welt gibt?« fragte er.
»Eine begrenzte Anzahl«, meinte Gillespie.
»Eine verdammt große begrenzte Anzahl«, korrigierte Shane ihn. »Ohne Informant oder irgendwelche Hinweise könntest du ebensogut Fliegendreck in einer Pfeffermühle von der Größe des Lincoln Memorials suchen.«
Eine Zeitlang herrschte Schweigen, während die vier den eleganten Kristallglobus anstarrten, als ob er die Antwort auf die einzig wichtige Frage wüßte: Wo ist die Seide?
Ein aufgeregtes Glücksgefühl durchführ Dani. Noch nie waren ihre Intelligenz und ihr Sachverstand auf solche Art und Weise herausgefordert worden.
Ein globales Schachspiel, dachte sie.
Doch schon eine Sekunde später erkannte sie, daß sie die Situation unterschätzte. Teilweise zumindest.
Es ist sogar mehr als ein internationales Bridgeturnier, dachte sie nun. Ein Spiel zwar, das schon irgendwie, aber eins, in dem es mehr zu einem großen Schlemm braucht als die nötigen Stiche.
Nach einer Weile schüttelte Shane den Kopf und fluchte leise. Sein Gesichtsausdruck sagte, daß er alle Möglichkeiten durchgegangen und zu einem negativen Schluß gelangt war.
»Aruba«, polterte er. »Das ist alles, was wir haben.«
Cassandra blickte Shane scharf an.
»Da können wir nicht mithalten«, wehrte sie ab. »Der Harmony gehört praktisch die Insel, bis hinunter zum kleinsten Sandkörnchen.«
»Ich hab nicht gesagt, daß es mir gefällt«, brummte Shane. »Erwähnte bloß, wie die Dinge stehen!«
»Wir haben nur ein As dort«, erinnerte Cassandra ihn. »Und selbst das ist suspekt.«
Shane zuckte mit den Schultern. »Was soll’s! Ich werde loszittern, sobald du den Flug arrangiert hast.«
»Nein«, verbot Cassandra. »Du kannst nicht allein dorthin. Es ist zu gefährlich.«
»Nichts ist gefährlicher, als die Seide zu verlieren«, sagte Shane in beinahe sanftem Ton.
Cassandras Mundwinkel bogen sich nach unten. Sie schwieg.
»Warum?« fragte Dani.
Shane blickte sie mit einem besorgten Ausdruck an.
»Zwei Gründe«, zählte er auf. »Wenn der Verlust der Seide durchsickert - und das wird er irgendwann -, dann verlieren die Azurmönche ihren Einfluß auf die Stämme.«
»Für
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