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Seidenfpade

Titel: Seidenfpade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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zumindest, fügte er im stillen hinzu, hoffe ich verdammt stark.

18
    Washington D. C.
    November
    Die Musik paßte überhaupt nicht in eine klassische Buchhandlung, dachte Cassandra Redpath irritiert. In solchen Läden sollte man Barockmusik oder Konzerte aus der Renaissance spielen, oder vielleicht sogar mittelalterliche Gesänge.
    Aber im DuPont Circle regierten Dissonanz und Kakophonie.
    Cassandra warf einen ärgerlichen Blick auf die Lautsprecher hinter der Theke. Eine Musikgruppe, die klang wie rammelnde Schweine bei einem Raketenabschuß, röhrte schon seit zwanzig Minuten aus den Boxen.
    Gleichsam als Antwort auf ihre Gebete glitt eine neue CD in den Player. Ein Rap ertönte und spuckte eine maschinengewehrartige Haßtirade aus den Lautsprechern.
    Im großen und ganzen waren Cassandra dann doch die rammelnden Schweine lieber.
    Ein magersüchtiges Mädchen saß an der Kasse. Bis auf das knallrote Tuch, das sie sich wie ein Stirnband um den Kopf gebunden hatte, war sie vollkommen in Schwarz gekleidet. Die Stecker und Ringe in ihren Ohren, Augenbrauen und Nasenflügeln hätten einen Metalldetektor außer Rand und Band gebracht.
    Die Kassiererin bemerkte Cassandra, die auf der anderen Seite stand, überhaupt nicht. Sie war stirnrunzelnd in eine Biologieschwarte vertieft, die aufgeschlagen vor ihr auf dem Ladentisch lag.
    Cassandra stellte ihre Bücher daneben ab. Der Knall war kräftig genug, um einige Blätter des Schulbuchs ins Flattern zu bringen.
    Das Mädchen blickte vollkommen desinteressiert auf.
    »Waskannichfürsetun ...«
    Cassandra ließ den Sprachcomputer in ihrem Hirn rattern. Rasch ging sie die Liste der Möglichkeiten durch. Dann noch ein-
    mal. Am Ende kam sie zu dem Schluß, daß es sich um ihre eigene Muttersprache handeln mußte.
    » Waskannichfürsetun «, wiederholte die Angestellte mit Nachdruck.
    »Ja, Sie können etwas für mich tun.« Cassandra sprach jede Silbe sorgfältig aus. »Ich würde gerne diese Bücher hier bezahlen.«
    »Echt?«
    »Echt«, erwiderte Cassandra.
    »Sie lesen dieses Zeug, echt?«
    »Nein, ich trainiere damit Gewichtheben.«
    »Cool.«
    Das Mädchen blickte die Bücher und die Kasse an, als ob sie sich nicht ganz sicher wäre, wie das Ganze zusammenhing.
    »Der Lärm macht es einem schwer, sich zu konzentrieren«, eilte Cassandra ihr zu Hilfe.
    »Ich kann mich nie irgendwo konzentrieren, echt?« sagte das Mädchen. »Es is echt schlimm hier? All die Bücher, gehen mir total auf die Mütze?«
    Ihre Stimme hob sich nach jedem Satz, als ob sie eine Frage stellen würde, anstatt etwas zu sagen. Soweit es Cassandra betraf, war dies der albernste linguistische Tick, der je in Mode gekommen war, seit verstehste.
    »Lesen Sie?« fragte sie milde interessiert.
    »Hä?«
    »Worte. Sätze. Vielleicht manchmal Absätze?«
    »Oh, aber sicher«, antwortete das Mädchen mit einem Schulterzucken. »Die fanden, ich muß lesen können, damit ich den Job kriege?«
    »Aber lesen Sie auch wirklich?«
    »Sie meinen Bücher und so was?«
    Cassandra nickte.
    »Äh, nö«, bekannte die junge Schönheit. »Ich bin mehr ’ne Zuhörerin?«
    »Gott sei Dank gibt es Bücher auf Kassette«, brummte Cassandra.
    Das Mädchen blinzelte verwirrt. »CDs wollte ich sagen?«
    »Aber natürlich«, begütigte Redpath, »sind Sie auf dem Musik-Trip?«
    Sie schob einen Hundertdollarschein über den Ladentisch, um die drei Bücher zu bezahlen.
    »Cool«, sagte das Mädchen. »Is der echt?«
    Cassandra war versucht, die Kassiererin darauf hinzuweisen, daß Leute, die lasen, oftmals mehr echtes Geld zur Verfügung hatten als die, die es nicht taten - kam jedoch zu dem Schluß, daß es sich nicht lohnte.
    »Er ist echt!« Dabei ließ sie es bewenden.
    Die Angestellte bewegte langsam die Lippen, während sie jeden Titel las und dann die entsprechende Nummer in die Registrierkasse eintippte. Chinesische Triaden und die Opiumkriege, Seide und die asiatische Seele, Die neue russische Mafija.
    »Sie wolln das alles echt lesen?« wiederholte das Mädchen.
    »Heute abend? Nein. Aber mit der Zeit schon.«
    Ein mitleidiger Ausdruck glitt über das Gesicht der Jugendlichen, während sie die Gesamtsumme abrief.
    »Sie müssen mal ’n bißchen raus, unter die Leute, verstehnse?« flüsterte sie.
    Cassandra lachte. »Ich gehe oft aus.«
    »Also nicht in Buchläden oder so, Sie wissen schon?«
    »Ja, natürlich.«
    Kopfschüttelnd zählte die Kassiererin das Wechselgeld ab und reichte es Cassandra zusammen mit der

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