Seidenfpade
immer Sie sagen, Frau Professor!«
»Frau Assistentin genügt vorläufig; aber wenn ich ein braves Mädchen bin, dann klappt meine Beförderung noch vor Weihnachten.«
Shane sagte nichts. Soeben hatte er Boston erspäht, der vor einem Schaukasten mit spanischen reales und Golddublonen stand.
Ein rascher Rundumblick überzeugte Shane davon, daß sonst niemand in der Galerie oder den Eingängen stand.
»Da sind wir«, sagte er. »Das ist das echte vierundzwanzigkarätige Ding!«
Einige Augenblicke lang standen die drei Menschen wortlos Seite an Seite wie Fremde, die gemeinsam den Inhalt eines Schaukastens bewundern.
Dani wußte nicht, was die Männer taten, aber sie lauschte mit jeder Pore ihres Körpers auf sich nähernde Schritte.
Nichts.
Nachdem sie noch ein Weilchen dagestanden hatten, nahm Boston schließlich seinen weißen Hut ab und verbeugte sich elegant vor Dani und Shane.
»Sie müssen meiner armen Insel vergeben«, bat er. »Doch die Sonne wird bald wiederkehren.«
»Das ist schon in Ordnung«, sagte Shane. »Ich mag Gold.«
»Es gibt sehr viel Gold auf Aruba.«
Boston lächelte breit und entblößte eine Reihe makellos weißer, kräftiger Zähne.
Dani bemerkte, daß seine Augen alles andere als devot waren. Sein Blick glitt mit einer raschen Intelligenz über sie hinweg, die er gar nicht lange zu kaschieren suchte.
»Ist dies der einzige Ort, wo wir reden können?« fragte Shane leise.
»Der Wachmann ist mein Bruder«, beruhigte Boston ihn.
Shane sah immer noch nicht allzu glücklich drein.
»Er ist einer der letzten überlebenden Mitglieder der Arabischen Befreiungsfront«, meinte Boston leise, »... und damit immun gegen Bestechung.«
Shane blickte sich rasch um. Sie waren immer noch allein.
»Sie sind Miss Danielle Warren?« fragte Boston.
»Dani«, korrigierte sie ihn.
Boston wies mit einer ausholenden Bewegung auf die Schaukästen.
»Dies war einst eine glückliche Insel«, sagte er. »Aruba galt als der einzige Ort in der Karibik, der nicht von Sklavenhändlern heimgesucht wurde.«
Dani nickte, denn das wußte sie aus Gillies Unterricht.
»Und dennoch ergibt sich unser Volk nun freiwillig den Hyänen - im Namen des Geldes«, ergänzte Boston bitter.
»Sie sind nicht die ersten«, sagte Shane, »und auch nicht die letzten. Welche von den Hyänen der Harmony hält sich im Moment auf der Insel auf?«
»Nur die oberste, Katja.«
»Gut. Da ist die Überwachung ein wenig lascher.«
Boston nickte. »Delegationen aus den maßgeblichen Syndikaten werden sich jedoch bald wieder treffen.«
»Hier?« fragte Shane.
»Nein. An der Pazifikküste der Vereinigten Staaten.«
»Das ist ganz schön weit weg von Sizilien oder Chicago«, fand Shane.
»Man nimmt Rücksicht auf die Bequemlichkeit der chinesischen Repräsentanten.«
Shane wurde auf einmal ganz still.
»Katja hat also endlich auch sie in ihr Netz gelockt?« fragte er.
»Ich fürchte, Tony Liu ist das neueste Mitglied der Harmony«, berichtete Boston.
»Verflucht noch mal. Sind Sie sicher?«
Boston zuckte anmutig die Schultern. »Katja überbrachte Liu die Weihnachtssocke mit ihren eigenen lilienweißen Händen. Sie und Liu haben sich eine ganze Zeitlang unter vier Augen unterhalten - lange genug, um La Pena nervös zu machen.«
»Wissen Sie, was in der Socke war?« fragte Shane.
»Ich bin nicht ganz sicher. Es sah aus wie ein Paß.«
»Ein amerikanischer?« fragte Shane skeptisch.
»Möglich. Soweit ich das aus der Entfernung erkennen konnte, war er blau.«
»Kanadische Pässe sind blau«, sagte Dani.
»Was ist mit den Japanern?« fragte Shane.
»Das werden wir sehen«, meinte Boston. »Katja hat hohe Erwartungen in bezug auf die Yakuza. Sie hofiert mehrere, hauptsächlich jedoch Kodjimura und Ishida.«
»Es wäre wohl zuviel zu erhoffen, daß Ishida beitritt anstatt Kodjimura«, murmelte Shane.
»Warum?« wollte Dani wissen.
»Ishidas Lebenserwartung dürfte nur noch Wochen betragen. Kodjimura wetzt nämlich schon die Messer.«
»Ein kurzes, aber erfülltes Leben«, bemerkte Dani zynisch.
»Je kürzer, desto besser«, sagte Shane. Er blickte Boston an. »Wann und wo findet dieses Treffen statt?«
Boston schüttelte unglücklich den Kopf.
»Katja, diese doppelzüngige Hure«, mäkelte Boston, »vertraut mir nur, was den Haushalt betrifft; darüber hinaus sagt sie mir nichts.«
»Sie trifft auch selbst die Reisearrangements?« fragte Shane.
»Aufzeichnungen, Reisepläne und ähnliches schreibt und speichert
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