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Seidenmagd

Seidenmagd

Titel: Seidenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U Renk
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zu überzeugen. Doch sie war zwar empfänglich für seine Darlegungen, aber nahm sie nicht schlichtweg an, ebenso wenig wie sie sie kategorisch ablehnte. Was sie, nach einigem Nachdenken, für gut befand, konnte sie annehmen, andere Dinge eben nicht.
    Wie sehr sich mein Denken verändert hatte, stellte Catharina verblüfft fest, meine ganze Einstellung. Allein dadurch, dass ich Dinge gesehen, Texte gelesen und Gespräche mit Frieder geführt habe.
    Sie war nicht mehr der Mensch, der Krefeld verlassen hatte.
    »Was glaubst du, was er von mir erwartet?« Catharina drehte sich wieder zu Thea um.
    Die alte Frau lächelte nicht. Sie sah Catharina nachdenklichan, schaute dann aus dem Fenster, nahm noch einen Schluck Wein und ließ sich Zeit mit der Antwort.
    »Ich glaube«, sagte sie schließlich leise, »dass es nicht an deine Befürchtungen heranreicht, aber auch deine Erwartungen nicht erfüllen wird.«
    Catharina schüttelte den Kopf. »Was?«
    »Denk einfach in Ruhe darüber nach, Kindchen.« Thea lächelte ihr schiefes Lächeln. Dann stand sie ächzend auf. »Ich werde jetzt meine wenigen Habseligkeiten packen. Das solltest du auch, schließlich hast du mehr als ich. Morgen in der Früh soll es losgehen.«
    »Ja.« Catharina schaute der alten Frau hinterher. Als sich die Tür geschlossen hatte, setzte sie sich in den Sessel am Fenster. Er war noch warm, und das Polster schien sich an ihren Rücken zu schmiegen.
    Was befürchte ich, was erwarte ich? fragte sich Catharina und dachte an Frieder. In ihrem Bauch rumorte es. Vor einigen Monaten, zu Anfang des Jahres, war sie das erste Mal bei den von der Leyen gewesen, hatte Frieder das erste Mal wirklich getroffen. Die Begegnungen in der Kirche, bei denen er sie nie gesehen oder wahrgenommen hatte, zählte sie nicht. Am Anfang hatte sie sein freundliches Gesicht und Wesen eingenommen, ohne dass sie ihn näher kannte. Später hatte er sie mit seinem Charme umgarnt, sicher ohne Absicht, er war so zu jedem, irgendwie.
    Sie hatte sich in ihn verliebt. Schuld war gewiss nur der Roman, den sie sich zu der Zeit von Abraham ter Meer ausgeliehen hatte und in dem es um die Liebe ging. Sagte sie sich jetzt. Und es war auch nur Zuneigung, keine Liebe. Was auch immer wahre Liebe sein mochte. Catharina seufzte. Doch das Gefühl zu Frieder hatte sich verändert.
    Heute hatte sie ihr Herz kaum in Schach halten können, ihr war heiß und kalt zugleich gewesen, ein wenig schwindelig. Und auch jetzt, wenn sie an ihn dachte, wurde ihr seltsam zumute. Sein Anblick berührte sie, und seine Stimme schien in ihr zu klingen, sein Duft machte sie trunken. Allein der Gedanke, dass sie morgen wieder in der Kutsche eng beieinandersitzen würden, war beängstigend und gleichzeitig betörend.
    Was erwartet er von mir? Diese Frage konnte sie sich nicht beantworten.

Kapitel 27
    »Die Friedensverhandlungen sind gescheitert, Frankreich und Spanien werden sich verbünden, und es gibt keine Nachrichten vom König.« Engelbert vom Bruck schüttelte den Kopf.
    »Was glaubt Ihr, wird geschehen?«, fragte Abraham.
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht wird der König aufgeben.«
    »Nie und nimmer!« Anna stand auf und legte ihre kleine Tochter in die Wiege. Der Herbst war mit bitterer Kälte, Sturm und Regen eingezogen.
    »Wer weiß? Die Franzosen und die Preußen ziehen sich in ihre Winterquartiere zurück. Allein vor Bremen gibt es noch Kämpfe.«
    »So man der französischen Zeitung von Köln Glauben schenken kann«, sagte Abraham leise. Mit Sorge betrachtete er seine Frau. Immer wieder hatte sie seit der Geburt gefiebert, manchmal nur einen Abend, manchmal mehrere Tage. Sie war blass und in sich gekehrt, lachte kaum noch. Nurwenn sie sich mit Marijke oder Annegrijt beschäftigte, wirkte sie ausgeglichen und fröhlich.
    »Fährst du morgen zum Scheutenhof?«, wollte Anna von Abraham wissen. Sie schaute zum Fenster, gegen das der Regen peitschte.
    »Werde ich müssen.« Abraham seufzte. »Ich soll das Buchweizenmehl aus der Mühle meiner Mutter dorthin bringen, außerdem brauchen wir eine neue Magd, und das so schnell wie möglich. Isaak Scheuten hat eine Tochter, die dringend eine Stellung in der Stadt sucht. Alle Bauern haben Angst um ihre Töchter.«
    »Zu Recht – es wurde schon wieder von Ausschreitungen der Franzosen berichtet. In Ostfriesland sollen sie sogar Magazine zerstört haben.« Engelbert stopfte seine Pfeife, lehnte sich vor und nahm ein Kienspan zur Hand. »Was ist denn mit Eurer Magd? Sie war

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