Seidenmagd
Kalb, merken es nur nicht. Ich kann auch in meiner Kammer beten und mit Gott sprechen. Trotzdem fehlen mir die Predigten unserer Pfarrer. Aber hier gibt es sie nun einmal nicht. Ich hoffe, dass wir bald in Richtung Heimat aufbrechen.« Doch nicht, dachte sie dann, bevor ich nicht weiß, ob der Kutscher mein Bruder ist und ich zu ihm Kontakt aufgenommen habe. »Du meinst, ich solle mein Kleid ändern und mir ein neues nähen? Wirklich?«
Thea goss das heiße Wasser in die große Schüssel und spülte die Gläser und das Geschirr.
»Ja. So meine ich das.« Sie warf Catharina einen Blick über die Schulter zu. »Käthe, mach dich sofort an die Arbeit. Hol das Kleid herunter und lass die Ärmel aus. Sonst schaffst du das nicht mehr. Das Menü und auch die restliche Hausarbeit werden wir schon hinbekommen, zumal wir ja morgen Unterstützung erhalten.«
Catharina folgte ihrem Rat. Bis spät in die Nacht saß sie am abgeräumten und gescheuerten Küchentisch und änderte die Ärmel ihres guten Kleides. Zum Glück hatte sie die Spitzen- und Seidenreste des prunkvollen Kleides sorgfältig aufbewahrt und konnte sie jetzt verwenden. Sie trennte sorgfältig die Nähte auf, passte Seidenstücke ein und verzierte mit Spitze. Es war tiefe Nacht, als auch das Licht der beiden Öllampen nicht mehr ausreichte und ihr die Augen müde zufielen.
Bisher hatte Petite immer auf der Decke neben dem Herd geschlafen, aber in dieser Nacht fühlte sich Catharina so einsam, dass sie beschloss, das Tier mit nach oben zu nehmen. Die junge Hündin leckte ihre Hand und schmiegte sich vertrauensvoll an sie.
Soll sie auf dem Boden schlafen? fragte sich Catharina,nahm das Tier dann aber mit in ihr Bett. Warm war die junge Hündin und anschmiegsam.
Was will Frieder von mir? dachte Catharina. Als sie ihn heute sah, hatte ihr Herz gepocht. Er hatte sie angelächelt, ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange gegeben. Sie hatte seine Lippen auf ihrer Haut gespürt, seinen Atem. Ihr war ganz flau geworden. Zu gerne hätte sie ihn an sich gedrückt, aber das war nicht schicklich, und außerdem wusste sie immer noch nicht, welche Position sie einzunehmen hatte.
Auch der nächste Tag war anstrengend. Teig wurde gerührt, Pasteten wurden gebacken, die Erbsen und Bohnen weichten sie anschließend ein. Die Zeit schien ihnen unter den Fingern davonzulaufen wie warme Butter. Am Vormittag kamen die beiden Mägde und bezogen die Kammer neben der Küche. Thea zögerte nicht und teilte sie zu verschiedenen Aufgaben ein. Gerald wies sie an, den großen Tisch wieder in die Stube zu stellen.
»Dort kann Käthe nähen. Dann stört sie uns nicht und wir sie nicht.«
Am Montagabend war das Haus gerichtet. Das Silber und die Gläser mussten noch poliert, die Essen musste gekocht werden, doch der Salon und die Stube waren wieder eingerichtet. Schaumwein lag auf Eis im Keller. Die Aale waren inzwischen getötet worden und lagen nun in einem Kräuterweinsud. Catharina nähte die letzten Stiche an ihrem Kleid, sie fühlte sich ausgehöhlt und schwach.
»Ich habe eine Fleischbrühe gekocht, davon isst du jetzt, Kindchen«, befahl ihr Thea. »Sonst kannst du den Abend weder genießen noch erleben.« Sie kicherte, sah aber besorgt aus. »Ist das Kleid fertig?«
»Nun.« Catharina seufzte. »Im Prinzip schon.«
»Im Prinzip?«
»Ich weiß nicht«, sagte Catharina leise, »ob es mir gefällt.«
»Zieh es an und zeig es mir.«
Langsam ging Catharina die Treppe nach oben. Gefiel ihr das Kleid? Sie war sich nicht sicher. Es war nicht mehr schlicht, sondern mit Spitze, Samt und Seide verziert, die Ärmel waren weit und wie ein Wasserfall in Rüschen fallend, der Kragen war ausgeschnitten und auch mit Seide und verspielter Spitze bestückt. Das Kleid war wunderschön, doch konnte sie es tragen? Sie zog es an, schloss die Haken und Ösen, drehte sich langsam vor dem Spiegel.
Kalt waren ihre Unterarme, da kein Ärmel eng anlag, nackt fühlte sich der Hals und Ausschnitt an. Es ist nur ungewohnt, sagte Catharina sich zweifelnd, hob den Rock und ging nach unten.
»Wie sehe ich aus?« Catharina trat in die Küche drehte sich im Kreis, so dass sich der Rock bauschte und schwang.
»Parbleu!« Frieder stand auf. »Ihr seid wunderschön.«
Catharina zuckte zusammen, sie hatte ihn nicht erwartet, in der letzten Zeit war er immer unterwegs, wirkte sorgenvoll und kam erst spät von seinen geschäftlichen Treffen zurück.
»Wo habt Ihr das Kleid erworben?«, fragte er und trat zu
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