Seidenmagd
ihn in die Küche, während Anna Engelbert in die Stube begleitete.
In den zwei Jahren seit dem Tod ihres Mannes hatte Anna einiges im Haus verändert. Als Abraham im Herbst bei ihr einzog, brachte er Regale und die meisten der Bücher mit, die sein Bruder Claes ihm vermacht hatte. Die Stube strahlte nun eine warme Behaglichkeit aus, im Kamin brannte ein Feuer.
Engelbert setzte sich in den Sessel rechts vom Kamin, eswar sein Stammplatz bei den Besuchen im Hause ter Meer. Er streckte die Beine aus und seufzte wohlig.
»Es ist immer eine Wohltat bei Euch zu Gast zu sein, Madame ter Meer.«
»Ihr schmeichelt mir über Gebühr, Monsieur vom Bruck. Als Freund meines Gatten seid Ihr hier immer willkommen.«
Abraham brachte Gläser und einen Krug, in den er Wein gefüllt hatte. Er schenkte ein und reichte ihnen die Gläser.
»Auf Euer Wohl, mein Lieber!« Er nahm auf dem Sessel links vom Kamin Platz.
Anna trank einen kleinen Schluck, hob anerkennend die Augenbrauen. »Ein vorzüglicher Tropfen.« Dann stellte sie ihr Glas auf das Tischchen. »Ich werde mal sehen, wie weit Elise mit dem Essen ist.«
Die Magd stand am Küchentisch und schnitt Gemüse. Tränen liefen ihr über das Gesicht, in kurzen Abständen zog sie die Nase hoch.
»Ist etwas passiert?«, fragte Anna besorgt.
»Sind nur die Zwiebeln«, schniefte das Mädchen und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen.
»Wie weit ist das Essen?«
»Oh, Madame – ich habe mich in der Zeit vertan.«
Anna sah sie fragend an, doch Elise erwiderte ihren Blick nicht. Seufzend ging Anna zum Herd. Marijke saß auf der Küchenbank und spielte mit kleinen Holztieren. Sie strahlte ihre Mutter an.
»Ich durfte alles dem Ferkel geben«, sagte sie fröhlich.
»Die Küchenabfälle?« Anna beugte sich zu ihr und strich ihr über die Haare. »Die machen das Schwein schön fett.«
»Nein, das schwarze Brot und das Fleisch. Es hat im Troggedampft, aber das hat dem Ferkel nichts ausgemacht, es hat alles aufgefressen.« Ihre Augen leuchteten.
Verwirrt sah Anna die Magd an. »Was meint das Kind?«, fragte sie leise.
»Madame, bitte zürnt mir nicht. Mir ist das Brot verbrannt und das Fleisch verdorben.« Elise zog die Schultern ein. »Ich habe schon neuen Teig angesetzt.«
»Das Fleisch ist dir verdorben?«
»Aber wir haben noch einen Rest Schinken«, flüsterte Elise verschämt. »Den wollte ich zubereiten.«
»Ich hatte frische Hühnerleber gekauft, das Lieblingsessen von Monsieur vom Bruck.«
»Das Schmalz war wohl verdorben«, sagte die Magd fast tonlos.
»Das Schmalz war verdorben? Das glaube ich nicht.« Erbost ging Anna zum Vorratsraum und roch an dem irdenen Gefäß, indem sie das Bratfett aufbewahrten. »Mit dem Fett ist alles in Ordnung, Elise.«
»Es war mein Fehler«, schluchzte das Mädchen. »Es tut mir leid.«
»In der letzten Zeit machst du viele Fehler.« Anna schüttelte den Kopf. »Was ist bloß mit dir los? Und bist zerstreut und fahrig.« Ärgerlich zog Anna die Stirn kraus. »Wo bist du nur mit deinen Gedanken?«
»Ich weiß es nicht, Madame.« Elise war puterrot geworden und knetete die Hände. »Ich will mich wieder bessern, ich verspreche es«, sagte sie flehentlich.
»Nun gut, wir müssen schauen, wie wir die Situation retten können.« Anna stemmte die Hände in die Hüften und schaute sich um. »Der Schinken ist nur noch für die Grütze zu gebrauchen.« Sie ging in die Vorratskammer. »Wir habennoch ein wenig Hering, Würste, eine gepökelte Bauchseite.« Sie seufzte. »Nichts davon passt.«
»Soll ich schnell noch einmal los?«, fragte Elise leise.
»Um diese Zeit haben die Bauern längst die Stadt verlassen, gleich schließen die Tore.« Wieder sah Anna nach draußen. »Ist Hans noch nicht zurück?«
»Doch. Er ist hinten im Stall und versorgt die Pferde.«
Anna öffnete die Tür zum Hof. Eilig ging sie zum Stall, immer noch wütend über die unaufmerksame Magd.
»Hans?«, rief sie den Knecht.
»Madame.« Hans schaute aus der Luke der Futterkammer hinab. »Hier oben bin ich.«
»Hast du alles bekommen?«
»Grüßen soll ich Euch von den Scheutens.«
»Danke. Hatten sie Stubenküken?«
Anna hatte den Knecht am Morgen zu dem großen Gehöft vor den Toren der Stadt geschickt.
»Ja, sie sind da unten in einem der Körbe. Ich habe sie noch nicht in den Stall gebracht. Außerdem bringe ich zwei frisch geschlachtete Lämmer.«
»Das ist vorzüglich und kommt gerade recht. Hast du Äpfel oder anderes Gemüse bekommen
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