Seidenmagd
können?«
»Ein Fass Äpfel der letzten Ernte. Sie sind schon etwas schrumpelig, aber dafür sehr süß. Und den ersten Honig habe ich auch erhalten.«
»Wunderbar!«
Wenig später schmorte das Essen in der Küche, und ein köstlicher Duft verbreitete sich im Haus. Obwohl Anna begierig darauf war zu erfahren, was es Neues aus Düsseldorf gab, blieb sie in der Küche und überwachte die Zubereitung der Speisen. Noch einmal sollte Elise das Essen nicht verderben.
Normalerweise aß die Familie zusammen mit dem Knecht und der Magd in der Küche, doch wenn Besuch kam, deckte Anna den Tisch in der Stube. Sie nahm ein gutes Leinentuch und die feinen Teller, nicht das irdene Geschirr. Das Licht der Kerzen brach sich im Glas der Weinpokale, das Feuer im Kamin knisterte lustig.
Auch Hans und Elise durften an dem fein gedeckten Tisch Platz nehmen. Oft speisten sie schweigend, um Gott ihre Dankbarkeit zu zeigen und ihn zu ehren. Doch heute sah Abraham den Knecht gespannt an.
»Gibt es Neuigkeiten von den Höfen an der Flöth?«
»Die Schafe haben viel geworfen in diesem Jahr«, sagte Hans. »Viele von ihnen zwei Junge sogar. Monsieur Scheuten fürchtet, dass er die vielen Lämmer nicht durchbekommt, und hat deshalb einige geschlachtet.« Hans zeigte auf den Topf, der in der Mitte des Tisches stand. »Und so kommen wir zu dem heutigen Mahl.« Grinsend wischte er sich über den Mund, stippte mit dem Brot in die Soße.
»Zu viele Lämmer?« Vom Bruck sah erstaunt hoch.
»Nun ja, die Heide hat sich kaum erholt seit der Schlacht. Der letzte Sommer war zu feucht, der Winter streng. Sie können nicht dazu füttern.«
»Was sagt Scheuten noch?«
Hans überlegte. »Das Kavallerieregiment Aquitanien ist zurückgekommen. Sie sind in ihre alten Quartiere in der Grafschaft eingerückt. Auch auf den Höfen sind Soldaten, und die Bauern leiden sehr.«
»Wenn sie jetzt die letzten Vorräte plündern, werden alle hungern«, sagte Anna duster. »Die Armen der Stadt werden immer ärmer. Krankheiten breiten sich aus, weil es kaum etwas zu essen gibt.«
»Manche wollten an das Saatgut«, bestätigte Hans ihre Befürchtungen. »Scheuten hat Wachen vor den Scheunen aufstellen müssen, und Lobachs geht es nicht anders.«
»Das ist ein wahres Elend.« Engelbert vom Bruck schüttelte den Kopf und trank nachdenklich von seinem Wein. »Wie kann man das nur ändern?«
»Das ist doch ganz einfach«, sagte Anna fast tonlos. »Der Krieg muss enden, und alle Soldaten müssen heimkehren. Selbst wenn das sofort passierte, wird es noch lange dauern, bis alles wieder seine Ordnung hätte.«
»Der Winter war streng, und die Natur erwacht nur sehr langsam in diesem Jahr, will es mir scheinen«, fügte Abraham hinzu. »Ich hoffe sehr auf einen baldigen Frieden. Indes – davon ist noch nichts zu sehen.«
»In Düsseldorf sprach man von Verhandlungen. Der König soll einen Gesandten zum Kongress nach Augsburg schicken.«
»Hört man sonst noch etwas vom König?«, fragte Abraham seinen Freund.
Engelbert vom Bruck schüttelte den Kopf. »Wenig, fast nichts. Die letzten Niederlagen sollen ihm aufs Gemüt geschlagen sein. Im Moment hat er seinem Bruder die Befehlsgewalt übertragen, so sagt man. Das können aber auch Gerüchte sein.«
»Wenn das Jahr so wird wie das letzte, werden wir arge Schwierigkeiten bekommen. Aber wenigstens bessert sich das Wetter. Schon bald können wir die ersten Gemüse im Wallgarten ernten.« Anna erhob sich und holte den nächsten Gang aus der Küche. Nach dem Lammragout gab es nun die Zunge. Elise trug den leeren Topf zurück. Auf der Schwelle wäre sie beinahe gestolpert.
»Nun gib doch auf deine Füße acht!« Anna runzelte missbilligend die Stirn. Sie nahm sich vor, am Abend noch mit Abraham über die Magd zu sprechen.
Kapitel 12
»Die Eheleute Hagemann sind für unschuldig befunden worden.« Abraham hängte den Hut an den Garderobenhaken und zog den Mantel aus. »Sie sind justament aus Düsseldorf zurückgekehrt.«
»Was wurde ihnen denn vorgeworfen?« Anna goss Tee auf.
»Sie sollen Informationen aus der Stadt geschafft haben. Der Vorwurf war jedoch nicht zu halten.« Abraham setzte sich neben den Kamin, streckte die Beine aus und seufzte.
»Wer kommt denn auf so etwas?«
»Ein Neider? Man weiß es nicht. Es könnte jeder gewesen sein.« Wieder seufzte er. »Dieser Krieg zerstört so viel. Er zerstört selbst den Frieden zwischen uns Bürgern, schürt Missgunst und Neid, macht Nachbarn zu Feinden.«
»Es ist
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