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Seidenmagd

Seidenmagd

Titel: Seidenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U Renk
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Catharina nickte. »Ihr habt ihn auf seinen Reisen begleitet.«
    »Und das werdet Ihr demnächst auch, Mademoiselle.«
    »Demnächst?«, fragte Mamsell erstaunt. »Plant er schon wieder eine Reise? Er ist doch gerade erst angekommen.«
    »Monsieur hat einige geschäftliche Dinge zu regeln, aber es verändert sich viel im Land, und sein Oheim hat ihn beauftragt, sich um weitere Geschäfte zu kümmern. Mehr weiß ich auch nicht.«
    »Das ist seine Wäsche?« Catharina zeigte auf den Korb. »Ich denke, dafür bin ich zuständig.«
    Es war mild und freundlich, als sie den Waschbottich imHof aufstellte. Jakob brachte ihr heißes Wasser. Vorsichtig wusch sie die Hemden mit dem Spitzenbesatz und die edlen Hosen aus. Die Strümpfe hatten arg gelitten, auch einige Knöpfe fehlten, und hier und da war eine Naht aufgegangen. Froh, endlich eine Aufgabe zu haben, machte sich Catharina an die Arbeit. Es ging ihr einfach und schnell von der Hand, und schon bald schaukelten die Sachen an der Leine im Frühlingswind.
    Am späten Nachmittag konnte sie schon die ersten Schäden beheben. Sie saß in ihrem Nähzimmer und stopfte mit feinen Stichen die zerrissen Strümpfe, als es klopfte.
    »Mademoiselle Catharina?«
    »Oui?« Überrascht hob sie den Kopf, als Gerald die Tür öffnete.
    »Ihr mögt zu Monsieur kommen.«
    »Jetzt?« Catharina sprang auf. Ihre Hände fuhren zu ihrem Kopf, einige Strähnen hatten sich aus dem Haarknoten gelöst und die Haube saß schief. Ihre Schürze war beim Klopfen und Wringen der Wäsche nass geworden, und sie hatte sie gegen die ältere, einfachere austauschen müssen. Doch es blieb nun keine Zeit, sich umzuziehen.
    Sie folgte Gerald die Treppe hinunter, erwartete, dass er sie in die Küche oder das Gesindezimmer führen würde, doch er wandte sich nach rechts, zum Vorderhaus. Dort öffnete er eine Tür.
    »Ihr sollt hier warten«, sagte er knapp.
    Catharina ging in den kleinen Salon, in dem Madame ihre Bücher aufbewahrte und manchmal Freundinnen empfing. Der Raum lag zur Straße hin, war behaglich eingerichtet. Ein dicker Teppich bedeckte den Boden. Catharina traute sich nicht, ihn mit ihren Pantinen zu betreten. Statt eines Kaminsgab es hier eine kunstvoll angefertigte Kohlenpfanne, in der aber nun, statt der Kohlen, eine Schale mit Malven stand.
    Das Tischchen vor dem Fenster war aus poliertem Holz, rechts und links standen zwei bequem aussehende Polsterstühle.
    Ein bis zur Decke reichendes Regal war mit Büchern gefüllt. Mindestens hundert mussten es sein, schätzte Catharina. Vorsichtig ging sie am Rande des Teppichs entlang bis zum Regal. Staunend betrachtete sie die Buchrücken. Vom Liebesroman und leichterer Literatur bis hin zu den Philosophen und Denker der letzten Jahrzehnte schien alles vertreten zu sein.
    Catharina lauschte, aber sie konnte weder Schritte noch Stimmen hören, nichts deutete darauf hin, dass Monsieur Frieder nahte. Sie zögerte, doch schließlich nahm sie ein Buch von Rousseau heraus, schlug es vorsichtig auf. Langsam blätterte sie die ersten Seiten um, begann die Verse zu lesen. Darüber vergaß sie alles um sich herum, hörte nicht, wie die Tür geöffnet wurde und jemand eintrat.
    »Bonsoir, Mademoiselle.«
    Catharina fuhr erschrocken herum, beinahe hätte sie das Buch fallen gelassen.
    »Pa ... Pardon.« Mit zitternden Händen stellte sie das Buch zurück ins Regal.
    »Habt Ihr gelesen?« Frieder trat zu ihr, nahm das Buch wieder hervor. »Oh, Verse von Rousseau.« Er zog die linke Augenbraue hoch und musterte sie überrascht. »Ihr lest Verse?«
    »Ich ... ich lese alles, was ich in die Finger kriege«, sagte Catharina leise. »Mich fasziniert Sprache.«
    »Auch Verse? Gedichte?«
    »Nun ja, bisher habe ich kaum Verse gelesen.«
    »Hmm.« Frieder von der Leyen ging zum Fenster, schaute hinaus, dann drehte er sich zu Catharina um. »Kommt, setzt Euch.« Er wies auf den Polstersessel.
    Nur zögerlich betrat Catharina den Teppich. Vorsichtig setzte sie einen Fuß vor den anderen.
    »Was ziert Ihr Euch so?«, wollte Frieder wissen.
    »Ich ... meine ... die Pantinen«, stotterte sie fast tonlos.
    »Eure Schuhe? Was ist damit? Nun setzt Euch doch. Was an Versen habt Ihr schon gelesen? Was interessiert Euch?«
    Catharina wurde klar, dass er keinen Gedanken an den Teppich verschwendete und noch weniger an ihre Schuhe. Sie setzte sich auf die Sesselkante.
    Es dauerte eine Weile, doch dann taute sie auf. Er wollte sich wirklich mit ihr über Literatur unterhalten, fragte sie

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