Seidenstadtblues - Niederrhein Krimi
doch?
»Jürgen?« Olivers Stimme klang atemlos. »Habt ihr Sabine?«
Fischer stockte für einen Moment. »Nein, Oliver. Leider wissen wir immer noch nicht mehr. Wie geht es dir?«
»Und die Leiche im Gartenhaus?«
»Wird noch geborgen. Sobald ich etwas weiß, sag ich es dir. Wo bist du?«
»Noch im Helios. Muss Schluss machen, halt mich auf dem Laufenden, bitte.«
Ja, dachte Fischer, aber vielleicht willst du es gar nicht wissen. Sabines Verschwinden, und nun eine weibliche Brandleiche … Ihm wurde übel. »Ich muss was essen«, murmelte er.
In diesem Moment tauchte ein schlanker junger Mann auf dem Flur auf. Er trug einen großen Styroporkasten. Sein linkes Ohr war durchlöchert, in seiner Lippe und in den Augenbrauen steckte ebenfalls Metall.
Grundgütiger, dachte Fischer, was macht der bei einer Kontrolle am Flughafen?
Der junge Mann lächelte freundlich. »Bin ich hier richtig bei der Kripo? Ich bringe die Sachen vom Mikado.«
»Goldrichtig«, sagte Fischer und zeigte zum Besprechungsraum. »Dort hinein.«
Er drückte die Kurzwahl von Martina und lauschte, doch sie meldete sich nicht. Ob sie noch sauer ist, fragte er sich besorgt. Aber wahrscheinlich sitzt sie bei ihrer besten Freundin, trinkt mit ihr einen Prosecco und hört das Handy nicht. Martina stellte meistens den Ton aus.
Dann versuchte er es bei seinem Sohn.
»Ja?«, meldete sich eine missmutige Stimme.
»Hallo, Florian.«
»Wo bist du?« Florian klang nicht freundlich, aber das hatte Fischer auch nicht erwartet.
»Ich bin im Präsidium. Und hier bleibe ich auch noch eine Weile. Wo bist du denn?«
»Na, wo schon? Zu Hause. Wann gibt es was zu essen? Ich habe Hunger.«
»Du bist zu Hause und nicht im Hotel. Sieh nach, was im Kühlschrank ist, und mach dir was.«
»Boah!«
»Und bitte häng die Wäsche auf.«
»Was soll ich machen? Die Wäsche aufhängen? Wo denn?«
»Im Garten ist eine Wäschespinne, ich würde es mal dort versuchen. Ich melde mich später noch mal.«
»Wo ist denn Martina?«, fragte Florian.
»Bei einer Freundin.«
»Dann kann ich ja in Ruhe Musik hören.«
»Denk an die Nachbarn, Flo. Bitte.«
Fischer war sich nicht sicher, ob sein Sohn den letzten Satz noch gehört hatte, denn er legte einfach auf.
Im Besprechungszimmer duftete es nach köstlich überbackenem Baguette und Crêpes. Uta hatte sich Pizza und Salat bestellt, Volker ließ sich Lasagne kommen.
Die Stimmung war gedrückt.
Ermter kam aus seinem Büro und setzte sich an den Tisch. Seufzend nahm er sich ein Baguette, schob es über den Teller.
»Und?«, fragte Fischer.
»Die Leiche wird erst jetzt abtransportiert. Das, was vom Gartenhaus übrig geblieben ist, droht einzustürzen. Es war auf jeden Fall Brandstiftung.«
»Also kann es noch dauern?«
»Ja, aber die Papanikolaou hat mir versprochen, dass sie heute noch die Leiche obduziert. Altmann kann ich nicht erreichen, deshalb habe ich Martina eine SMS geschickt. Es sollte auch jemand von uns dabei sein.«
»Ich kann das machen«, bot Fischer an.
»Du bist gar nicht im Dienst.«
»Ich kann mich gesundschreiben lassen.«
»Ja, aber frühestens nächste Woche. Nein, das sollte jemand anderes übernehmen. Ich mache es.« Er schnitt eine Ecke vom Baguette ab, hob sie hoch, legte sie wieder auf den Teller. »Mir ist der Hunger vergangen.«
»Macht nichts, ich esse das schon.« Uta wischte sich mit einer Papierserviette den Mund ab.
Ermter stand auf und blickte sich um. »Volker, kannst du die EK leiten?«
Volker biss sich auf die Lippe, nickte dann.
»Ich melde mich aus Duisburg.«
Ermter lenkte seinen Wagen Richtung Autobahn. Dann wählte er die Nummer seiner Frau. Durch die Freisprechanlage klang ihre Stimme blechern.
»Wo bist du, Guido?«
»Auf dem Weg zur Rechtsmedizin.« Mit kurzen Worten erklärte er ihr, was vorgefallen war.
»Das heißt, du kommst vorläufig nicht nach Hause?«, fragte Sigrid.
»Nein, ich fürchte nicht. Falls wir Sabine finden, entspannt sich alles, aber so …«
»Glaubst du, dass die Leiche …?« Sigrid beendete den Satz nicht.
»Ich befürchte es, denn das wäre ja wirklich ein wahnsinniger Zufall, wenn sie verschwindet und zeitgleich eine andere Frau umgebracht wird. Zumal die Leiche in dem Häuschen gefunden wurde, wo gestern der andere Tote lag. Es ist alles sehr undurchsichtig, und im Moment habe ich keine Ahnung, wohin uns das führen wird. Sabine muss irgendetwas in Erfahrung gebracht haben, etwas, was zum Täter führt.«
»Melde dich bitte,
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