Seidenstadtblues - Niederrhein Krimi
aber bisher noch nichts Konkretes.«
»Was ist mit der Tochter von Iris Goeken?«
»Die macht ein Auslandsjahr, sie kommt erst in drei Monaten wieder. Ich glaube kaum, dass sie uns wichtige Informationen liefern kann. Bei Bedarf können wir aber Kontakt zu ihr aufnehmen, die Adresse habe ich.«
»Okay, ich mach mich dann mal auf den Weg.« Fischer gab die Adresse in das Navigationssystem ein. »Ach, was mir gerade noch einfällt – gibt es irgendeine günstige Pension? Ich werde sicherlich nicht heute noch zurückfahren können.«
»Do wird mir scho ebbes eifalle«, sagte Häberle. »Falls Sie Neuigkeiten habet, isch des die Nummer, unter der ich Sie erreiche kann?« Nun verfiel sie in ihren schwäbischen Dialekt.
Fischer grinste. »Ja.«
Das Navi gab ihm zwei Wege zur Auswahl an. Fischer entschied sich für die A61. Der Weg über Koblenz war zwar ein paar Kilometer länger als der über Köln, aber die A61 hatte wesentlich weniger Baustellen als die A3. Fischer fuhr den Nordwall hoch, am Gericht vorbei und dann in Richtung Hückels May. Für einen Montagmorgen war die Autobahn erstaunlich leer, der Tank war voll, und im Radio lief gute Musik. Wäre der Anlass nicht so bedrückend, hätte er die Fahrt fast genießen können.
Ich mache es schon wieder, dachte Fischer, als er an Düren vorbeifuhr. Ich stürze mich in meinen Job und vernachlässige mein Privatleben. So wie früher. Dabei wollte ich das nie wieder tun.
Er nahm das Handy, stöpselte es in die Freisprechanlage und drückte die Kurzwahltaste zu Martinas Nummer.
»Der Anrufer ist momentan nicht zu erreichen. Bitte hinterlassen Sie Ihre Nachricht nach dem Ton.«
Verflucht, dachte Fischer. Natürlich ist sie noch in der Sitzung. Ich darf nur nicht vergessen, es nachher noch mal zu probieren. Dann wählte er Florians Nummer.
»Ja?« Die Stimme seines Sohnes klang verschlafen.
»Ich bin es, Papa.« Fischer biss sich auf die Unterlippe. »Habe ich dich geweckt?«
»Ja.«
»Ich wollte mich nur mal eben melden.« Verzweifelt suchte er nach den richtigen Worten, aber wahrscheinlich gab es die nicht. Was er vor Jahren verpasst hatte, konnte er nun nicht mehr nachholen.
»Ist was?«, nuschelte Florian.
»Ich muss nach Stuttgart.«
»Okay.«
»Komme vermutlich erst morgen wieder.«
»Ja, gut. Viel Spaß.« Sein Sohn legte auf.
Fischer schaltete, trat auf das Gaspedal. Mach ich einen Fehler?, dachte er unsicher.
* * *
Der Hund bellte wieder. Volker Müller blieb dem Hundeführer dicht auf den Fersen. Dieser ließ das Tier schnuppern. An der Tür schlug der Hund erneut an.
»Er hat eine Spur?«, fragte Volker.
»Sieht ganz so aus.«
»Nach was sucht der Hund denn?«, fragte der Angestellte.
»Wie heißen Sie?« Volker zog einen kleinen Notizblock aus der Tasche.
»Scheelen, Jens Scheelen.« Er knetete die Hände. »Ich bin hier nur angestellt.«
»Das sagten Sie schon.« Hatte der Mann irgendetwas zu verbergen? Lief hier etwas Illegales? »Wir suchen unsere Kollegin, Sabine Thelen. Ihr Auto wurde da vorne gefunden, und die Hunde haben uns hierhergeführt.«
»Sabine Thelen?«
»Ja, genau.« Volker hielt ihm eins der Fahndungsfotos vors Gesicht. »Schon mal gesehen?«
Wieder schlug der Hund an.
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass die gesuchte Person in diesem Haus war«, sagte Müller. »Der Hund irrt sich selten.«
»Trotz des Gestanks?« Mehmet atmete hörbar durch den Mund, sein Gesicht war käsig.
Volker blickte ihn amüsiert an, dann wieder zu Scheelen. Der wirkte immer nervöser.
»Wir haben ein Problem mit der Kühlung«, sagte Scheelen und schaute zu Boden. »Aber ich erwarte die Techniker im Laufe des Tages.«
War er so nervös, weil es hier offensichtlich hygienische Mängel gab? »Die Kühlung interessiert uns nicht. Wir sind nicht vom Ordnungsamt, sondern wollen wissen, ob diese Person sich in diesem Gebäude aufhält.« Wieder hielt ihm Volker das Foto hin, und Scheelen warf einen kurzen Blick darauf. »Ist diese Person hier im Gebäude?«
»Die Thelen? Nein!« Scheelen spuckte die Worte aus.
Inzwischen hatten die Kollegen der Wache Mitte das Haus betreten, Müller und sein Hund folgten ihnen.
»Kennen Sie Frau Thelen?«, fragte Volker überrascht.
»Ja. Das ist doch die neue Tussi vom Ex meiner Schwester. Und ja, natürlich war sie schon mal hier. Jetzt ist sie es aber nicht.« Er fuhr sich durch die fettigen Haare, die schon lange keinen Schnitt mehr erhalten hatten. »Hallo?«, rief er und lief hinter den Kollegen
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