Seidenstadtblues - Niederrhein Krimi
eingreifen, möchte aber keine leitende Funktion, sollte es bei seiner Mutter zum Gau kommen.«
Ermter nickte. »Kann ich verstehen.« Er drehte sich um und schaute durch das Fenster des Besprechungszimmers auf den Ostwall. »Bist du dir sicher, dass du die Fahrt schaffst?«
Fischer schnaufte. »Ja.«
»Dann fahr. Aber melde dich, bitte.«
»Aye-Aye, Chef!« Fischer verließ den Raum. Im Flur zückte er sein Handy und drückte die Kurzwahl. »Martina?«
»Habt ihr Sabine?«, fragte sie aufgeregt.
»Nein.« Fischer zögerte.
»Was gibt’s denn? Ich muss gleich in eine Sitzung. Können wir uns in einer Stunde im Gericht treffen?«
»Ich fahre nach Stuttgart. Dienstlich.«
»Dienstlich? Du bist doch noch gar nicht im Dienst. Was machst du in Stuttgart? Weißt du, wie lange man dahin fährt?« Ihre Stimme wurde immer lauter und höher.
»Nein, offiziell bin ich noch nicht wieder im Dienst. Ja, ich weiß, wie lange die Fahrt dauert.« Er schlug einen versöhnlichen Ton an. »Es gibt dort eine vage Spur. Hier ist keiner abkömmlich …«
»Aber du bist es? Jürgen, du willst doch nicht wirklich diese absurd lange Strecke fahren? Wegen einer vagen Spur?«
»Doch, will ich. Ist vielleicht wichtig. Ich ruf dich an. Hab dich lieb.« Er legte auf, bevor sie noch etwas sagen konnte.
Die Sekretärin Christiane Suttrop kam auf ihn zu. An ihrem Zeigefinger, den sie hoch erhoben hielt, baumelte ein Autoschlüssel. »Du bekommst den Audi«, sagte sie lächelnd. »Anweisung vom Chef. Klimaanlage inklusive.«
»Danke.« Fischer nahm den Schlüssel. Ganz überzeugt war er vom Sinn seines Unternehmens selbst nicht. Würde eine Verständigung über die üblichen Medien wie Telefon oder Fax nicht reichen? Nein, dachte er, in Stuttgart liegt ein Schlüssel zu dem Fall, ganz sicher. Er drückte auf den Aufzugknopf und stieg ein. Die Putzfrauen hatten das Geschmiere vom Wochenende entfernt, aber lange würde es nicht dauern, bis sich wieder ein Filzstift auf den Wänden verewigt hätte.
Er ging durch das Foyer, die Glastür öffnete sich. Draußen schien die Sonne. Es war ein freundlicher Tag, der Duft des Frühlings lag in der Luft, vermischt mit dem von heißem Asphalt. Am Ostwall wurde ein Stück der Fahrbahndecke erneuert. Für die einen ist Krefeld eine Stadt, dachte Fischer, für die anderen die längste Baustelle der Welt.
Der dunkelblaue Audi stand auf dem Parkplatz neben dem Polizeipräsidium. Fischer öffnete die Fenster, stellte das Navi an und wartete, bis es Empfang hatte. Dann zog er sein Handy aus der Tasche und wählte die Nummer der Kollegin aus Spaichingen.
»Fischer, KK 11 Krefeld.«
»Herr Kollege, wie kann ich helfen?« Verena Hälble schien zu grinsen.
»Ich komme nach Stuttgart.«
»Wann?«, fragte sie überrascht.
»Jetzt. Ich will gerade losfahren.«
»Reicht der kleine Dienstweg nicht?«
»Doch, doch. Es ist nicht, weil wir euch nicht zutrauen, gut zu ermitteln. Ich komme auch eher privat, weil ich noch krankgeschrieben bin. Ich habe bloß das Gefühl, irgendetwas machen zu müssen, und hier kann ich nichts tun. Sabine ist eine gute Freundin von mir, mehr als eine Kollegin.«
»Ich versteh das schon, gell. Ich wollte mich gerade auf den Weg nach Stuttgart machen, um mich dort mit den Kollegen zu treffen, aber ich brauche nur eine Stunde. Von Krefeld aus ist es etwas länger.«
»Richtig. Deshalb bräuchte ich jetzt auch eine Adresse, wo wir uns treffen können.« Fischer zückte einen Stift. Sicher würde Hälble keine Schwierigkeiten haben, sich die Wartezeit in Stuttgart auf angenehme Weise zu vertreiben. In Spaichingen, überlegte er, waren die Shopping-Möglichkeiten wohl eher überschaubar.
Verena Hälble dachte kurz nach. »Bevor ich die Kollegen treffe, muss ich noch kurz in die Innenstadt. Wir könnten uns bei der Markthalle oder in einer Kneipe beim Hans-im-Glück-Brunnen verabreden.«
Treffer, dachte Fischer.
»Aber nein, das wäre für Sie ja zu umständlich«, bremste Hälble sich gleich wieder. Sie nannte ihm die Adresse des Polizeipräsidiums. »Da es um Mafiakontakte geht, hat sich das KK 2 eingeschaltet und mit euren Kollegen Kontakt aufgenommen. Das Geld stammt aus dem organisierten Verbrechen, vielleicht soll es hier gewaschen werden.«
»Möglich.« Daran hatte Fischer noch gar nicht gedacht. Vielleicht war es jemand von der Mafia, der sich das Geld nach Goekens Tod wieder sichern wollte. »Gibt es etwas Neues über die beiden Frauen?«
»Wir arbeiten daran, haben
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