Seidenstadtblues - Niederrhein Krimi
versuchte, Scheelens Blick zu fangen.
»Im Radio haben sie gesagt, dass die Thelen vermisst würde, nicht er–« Scheelen biss sich auf die Lippe.
»Frau Thelen ermittelte in einem Mordfall, als sie verschwand. Es könnte einen Zusammenhang geben.« Ermter runzelte die Stirn. Ihm gefiel das Verhalten des Mannes nicht.
»Wenn das ein Mordfall ist, brauche ich dann nicht einen Anwalt?«
»Brauchen Sie einen Anwalt?«, fragte Ayla. »Haben Sie etwas mit dem Mordfall zu tun? Wissen Sie, wo Frau Thelen ist? Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?«
Scheelen schüttelte den Kopf. »Ich habe niemanden umgebracht.« Er nahm das Wasserglas, trank es leer.
»Wann haben Sie Sabine Thelen zuletzt gesehen?« Ermter fragte ruhig, aber bestimmt.
»Das weiß ich nicht mehr, muss ein paar Tage her sein.« Er starrte auf die Tischplatte. »Da war sie mit Oliver bei der Abdeckerei.«
»Was wollte sie dort?«
»Ina, meine Schwester, hatte mir Finn vorbeigebracht, und Oliver hat ihn abgeholt.«
»Und Frau Thelen war dabei?«
»Die hing doch wie eine Klette an Oliver.«
»Wie meinen Sie das?«, hakte Ermter nach.
»Na, die war überall mit Oliver. Die hat ihn gar nicht mehr in Ruhe gelassen. Der Mann hat eine Verantwortung seinem Sohn gegenüber, der muss sich um ihn kümmern und nicht rumvögeln.«
»Sie mögen Frau Thelen nicht.« Es war eine Feststellung, keine Frage Ermters.
»Ach, ich kenn die Alte doch gar nicht. Meine Schwester regt sich immer über sie auf. Kann ich auch verstehen. Der Oliver hat einen Sohn und hat sich zu kümmern. Macht der aber nicht. Jedenfalls nicht so, wie er sollte.« Beinahe hätte Scheelen ausgespuckt, im letzten Moment besann er sich darauf, wo er war. Er wollte nach der Wasserflasche greifen, doch Ermter kam ihm zuvor und schenkte ihm das Glas voll.
»Sie haben also Frau Thelen vor ein paar Tagen gesehen. Am Freitag? Oder Samstag?«
»Nee, das muss die Woche davor gewesen sein. Weiß nicht mehr genau. Ina müsste das wissen.«
»Ina ist Ihre Schwester?«
»Ja, das hab ich doch schon gesagt.« Er knallte das Glas auf den Tisch.
»Okay, wir werden das überprüfen.« Ermter warf Ayla einen Blick zu, sie standen beide auf. »Sie warten bitte hier.«
»Ich hab doch gesagt, dass ich nichts damit zu tun hab. Wann darf ich denn endlich gehen? Ich muss zurück zum Laden, der Techniker wollte kommen.«
»Machen Sie sich darüber mal keine Gedanken. Kollegen von uns sind dort.«
Scheelen hob den Kopf und riss die Augen auf. »Wo?«
»Na, bei der Abdeckerei.«
»Warum das denn?«, brüllte Scheelen und sprang auf. »Dort ist nichts! Sie haben da nichts zu suchen!«
»Möglich. Sie überwachen auch nur, wie die Gammelfleischcontainer abtransportiert werden.« Ermter hatte sich vor Ayla gestellt, schob sie nun aus der Tür. »Wir kommen gleich wieder.«
Irgendetwas stimmt nicht mit dem Kerl, dachte er, als er die Tür hinter sich schloss. Er zog Ayla mit sich zu Rolands Büro.
»Ist Volker schon bei Oliver? Hast du was von ihm gehört?«
Roland schaute überrascht auf. »Nein, bisher noch nicht. Wieso?«
»Wir müssen unbedingt von Oliver wissen, ob Sabine wirklich mit ihm bei der Abdeckerei war«, erklärte Ayla. »Scheelen verhält sich höchst seltsam.«
»Er scheint sie zu hassen.« Ermter überlegte. »Ich glaube nicht, dass er ihr etwas angetan hat. Trotzdem ist er sehr nervös, aber nicht, wenn wir Sabines Namen nennen, sondern dann, wenn es um die Abdeckerei geht.«
»Wer?« Markus Thewissen trat zu ihnen. »Der Gammelfleischtyp?«
Ermter nickte.
»Wir haben Neuigkeiten.« Markus zögerte, bevor er weitersprach. »Olga Koslowski, die vermisste Prostituierte, ist in Frankfurt aufgetaucht. Heute haben wir ihre Kollegin endlich erwischt. Die Koslowski hat sich verdrückt, weil sie Ärger mit ihrem Zuhälter hatte. Sie kann also nicht die Tote sein.«
»Verdammt!« Ermter schlug die rechte Faust in die linke Hand. »Ich will nicht, dass es Sabine ist.«
»Dass Sabine was ist?« Oliver Brackhausen starrte Ermter an. Hinter ihm stand Volker und zuckte bedauernd mit den Achseln.
»Oliver?« Ermter holte tief Luft. »Was machst du denn hier?«
»Ich … tut mir leid«, murmelte Volker und schob sich vor Oliver. »Er wollte unbedingt mit.«
»Ja, wollte ich.« Oliver klang trotzig.
Seine Augen sahen seltsam aus, starr irgendwie, dachte Ermter. Er ging auf seinen Mitarbeiter zu, legte ihm die Hand auf die Schulter. »Kein Grund zur Aufregung. Wo ist dein Sohn? Musst du den nicht
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