Seidenstadtblues - Niederrhein Krimi
betreuen?«
»Wo ist sie? Ich will sofort zu ihr!«
»Oliver, Sabine ist hier nicht.« Ermter sah hilfesuchend zu Volker.
»Oliver, ich habe es dir doch erklärt. Nicht Sabine ist gefunden worden, sondern eine Spur von ihr.« Volker sprach betont langsam und deutlich. »Guido wird dir das bestätigen. Und dann gehen wir beide wieder runter, holen Finn unten in der Wache ab und fahren nach Hause, ja?«
Wieder wechselten Volker und Guido Ermter besorgte Blicke.
Verwirrt schaute Oliver sich um.
»Warst du mit Sabine vor ein paar Tagen in der Abdeckerei in Stahldorf?«, fragte Ermter.
»Was?«
»Warst du dort mit ihr, um Finn abzuholen?« Ermter sah Oliver in die Augen, versuchte, seinen Blick zu halten. »Sag, warst du? Das ist wichtig.«
»Bei Jens? Ja, ja, da waren wir. Ina hatte gestresst und Finn dort abgegeben. Wir haben ihn dort abgeholt.«
»Wann?« Ayla ging einen Schritt nach vorn. »Wann war das genau?«
»Das war …« Oliver überlegte nur kurz. »Warte«, sagte er dann und zog einen Kalender aus der Tasche. »Ich schreib mir das inzwischen immer auf, weil Ina ja vor Gericht zickt.« Er blätterte in dem kleinen Kalender. »Das war am letzten Dienstag.«
»Und Sabine war mit im Gebäude?«
»Ja, Finn war hinten in dem kleinen Büro. Wie immer.«
In diesem Moment wurde die Tür des Verhörzimmers geöffnet, und Jens Scheelen trat auf den Flur.
»Wo ist mein Neffe?«, brüllte er dann. »Hast du das Kind schon wieder abgeschoben, du Versager?«
Oliver ballte die Hände zu Fäusten.
Oh nein, dachte Ermter und sah die Wasserflasche in Scheelens Hand. Oh nein, jetzt eskaliert es.
Zwei Schritte, und Ayla war hinter Scheelen. Ein weiterer Schritt nach links. Jetzt musste sie nur den Moment abpassen.
Scheelen hob den Arm mit der Flasche, Ayla sprang nach vorn, griff den Arm, drehte ihn Scheelen auf den Rücken. Mit der anderen Hand griff sie unter sein Kinn und zog seinen Kopf nach hinten. Guido schnellte zu ihr, packte Scheelens anderen Arm, und zu zweit zwangen sie ihn in die Knie.
VIERZEHN
Der Schwalbenweg lag am Ortsrand von Spaichingen. Moderne Einfamilienhäuser mit großen Gärten standen hier. Nur ganz am Rand gab es einige wenige Mehrfamilienhäuser.
»Sechs Parteien höchstens, gell?«, erklärte Verena Hälble. »Und da vorn wohnt die Exfrau von eurem Toten.«
Fischer nickte. Feine Wohngegend, sauber und ordentlich. Er prüfte sein Handy, aber bisher hatten sich die Kollegen aus Krefeld nicht wieder gemeldet. Er schaltete es auf lautlos. Nichts störte bei einer Befragung mehr, als nerviges Handyklingeln, und da er nicht im Dienst war, musste er auch nicht erreichbar sein.
»Die Autos von den beiden stehen vor der Tür, sie haben sich noch nicht nach Italien abgesetzt.« Verena lachte.
»Da sie Mafiageld geklaut haben, wäre das vermutlich auch keine besonders gute Idee.« Nachdenklich schaute Fischer aus dem Wagenfenster.
Verena parkte ein, sie stiegen aus und klingelten. Automatisch und ganz in Gedanken griff Fischer an seinen Hosenbund, doch da war kein Holster, steckte keine Waffe. Er war nicht im Dienst, er war rein zum Vergnügen hier. Vergnügen? Nein, das war es nicht. Ihn trieb die Sorge um die Kollegin. Aber da war noch mehr.
Die Monate, die er im Krankenhaus und mit Reha-Maßnahmen verbracht hatte, waren wie im Fluge vergangen und hatten sich gleichzeitig gezogen wie Gummi. Er war sich nicht sicher gewesen, ob er in den Polizeidienst zurückkehren konnte und wollte. Doch auf einmal waren alle seine Zweifel verschwunden. Die Suche nach Sabine und dieser seltsame Fall machten ihm klar, dass er mit Fleisch und Blut Polizist war. Diese Reise nach Spaichingen, so dachte er plötzlich, ist auch eine Reise zu mir. Auch wenn ich nicht in offizieller Funktion hier bin, so weiß ich doch ganz genau, dass es das ist, was ich weiterhin tun will: Ich will ermitteln.
»Grüß Gott, Frau Goeken«, grüßte Verena die Frau, als sie ihnen die Tür öffnete. »Wir haben noch ein paar Fragen an Sie.«
Für einen Moment wirkte es so, als ob Iris Goeken ihnen die Tür wieder vor der Nase zuschlagen wollte, doch dann schien sie sich zu besinnen und ließ sie rein. Sie musterte Fischer argwöhnisch.
»Dies ist mein Kollege vom KK 11 Krefeld«, sagte Verena freundlich.
»Weitere Fragen? Wir haben doch schon alles gesagt.« Die Frau drehte sich um und ging ins Wohnzimmer, Verena Hälble und Fischer folgten ihr. Frau Goeken trug einen weit schwingenden Rock und eine weiße Bluse. Die an
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