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Sein anderes Gesicht

Sein anderes Gesicht

Titel: Sein anderes Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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im Zusammenhang mit diesen Morden. Es würden noch mehr dran glauben müssen. Er spricht davon, dass die Toten »geopfert« wurden vom großen fiesen Bock. Und als ich ihn zwei Stunden später sterbend finde, erzählt er mir, er habe ihn gesehen … den Raum. Welchen Raum? Ich habe zwei Hypothesen: Entweder war er an  Maevas Tod beteiligt oder er ist dem Mörder zu seinem Unterschlupf gefolgt. In beiden Fällen wäre Bulls Tod keineswegs ein Unfall, sondern der Mörder wollte ganz offensichtlich einen weiteren Zeugen beseitigen.
    Ist möglicherweise die unterschiedliche Abstammung der Opfer von Bedeutung, oder ist sie lediglich Ausdruck dafür, dass Frankreich ein melting pot ist? Ist der Mörder fremdenfeindlich? Oder wendet er nur vorzeitig die Maastrichter Verträge an? Nein, damit bin ich wirklich auf dem Holzweg. Halten wir uns an die Fakten.
    Ein Mörder, der mich kennt. Der Maeva kennt. Der Bull kennt, weil dieser sich die Mühe gemacht hat, ihm zu folgen .
    Und wenn es der Kerl war, dem ich im Hauseingang begegnet bin? Ein Asiate, der Beaudoin Ancelin kennt, kommt in dem Moment aus dem Haus, als Bull im Sterben liegt. Ein Typ, der Prostituierte tötet. Er irrt sich im Fall von Marlene. Er verfolgt Maeva, die er kennt und mit der er eine Rechnung zu begleichen hat. Maeva hat ihm von ihrer Freundin Bo erzählt. Er beschließt, Maeva zu töten und die Sache eben jener Bo anzuhängen. Er geht zur letzten, von Bo bekannten Adresse und begegnet zufällig Bull, jenem Bull, der ihm letzte Nacht gefolgt ist, jenem Bull, der weiß, dass er der Mörder ist! Er tötet Bull und … wenn er tatsächlich Bo sucht, dann, weil er sie umbringen will. Denn wenn Bo tot ist, wird die Polizei den Fall zu den Akten legen. Der Schuldige hat Selbstmord begangen, danke, das war's. Diese Interpretation hat was!
    Ich drehe mich auf die Seite, zu der Wand mit den Fußballpostern. Meine Nase befindet sich in Höhe von Platinis Shorts, doch prinzipiell fange ich nichts mit einem Typen an, der mir nicht vorgestellt wurde. Ich lege mich wieder auf den Rücken. Die Wohnungstür fällt ins Schloss. Farida ist gegangen. Ich bin allein.
    Ich stehe auf, eine steile Falte zwischen den Augenbrauen. Ich dusche mich vorsichtig, um meinen Gipsverband nicht nass zu machen. Ich habe dunkle Ringe unter den Augen, sehe abgespannt aus. Eine richtige Mumie. Ich krame im Toilettenschrank und mache mich mit Faridas Schminksachen zurecht. Rouge, Wimperntusche, Lippenstift, und schon fühle ich mich besser. Ich schlinge ein Tuch um diesen blöden Adamsapfel, den die Hormone noch nicht beseitigt haben. Wenn dieser verfluchte Adam an seinem Apfel erstickt wäre, dann wäre die Welt noch heute eine friedliche Insel für Dinosaurier und andere Tierchen. Doch das ist nicht sicher: Eva hätte sich ja auch mit der Schlange einlassen können, und ich hätte heute vielleicht einen Schuppenpanzer anstelle meines hübschen Flaums, und Schuppen sind mit Sicherheit schwieriger abzudecken, selbst mit einem Make-up von Christian Dior.
    Stopp! Aufhören! Trink eine Tasse Tee. Ich gehorche.
    Ich bin zu faul, ihn heiß zu machen, und trinke ihn kalt: Er schmeckt ekelhaft süß. Ich greife in eine Dose und stelle sie gleich wieder weg. Ich habe genug davon, mich mit Keksen vollzustopfen.
    Ich räume die Küche auf, so kann ich den Moment noch hinauszögern, zu entscheiden, was ich bis heute Abend machen werde. Ich muss wieder an Maeva denken und an das Tartar auf dem Küchentisch.
    Sie hätte niemals Tartar für einen Unbekannten zubereitet.
    Ich muss mich erkundigen, mit wem sie sich in letzter Zeit getroffen hat.
    Steph! Vielleicht weiß Stephanie was. Ich stürme die Treppen hinab.
    Offenbar ist mein Make-up etwas zu kräftig ausgefallen, denn ich merke, wie die Passanten bei meinem Anblick die Stirn runzeln, und zwei kleine Jungen grinsen mich unverhohlen an. In einer Zeit, in der Priscilla - Königin der Wüste im Fernsehen zur Hauptsendezeit ausgestrahlt wird, glaube ich nicht, dass sie mein Anblick noch schocken kann.
    Im Bus setzt sich kein Mensch neben mich, bis ein altes Muttchen mit ihrem nicht minder betagten Spitz einsteigt. Sie kommt gerade vom Tierarzt zurück. Der Hund hat Diabetes und sie auch, also sind sie beide auf Diät gesetzt worden: Ist das nicht schrecklich, wenn man auf alles verzichten muss, wo man doch nicht mehr allzu lange zu leben hat . Als sie aussteigt, ruft sie mir ein gut hörbares »Auf Wiedersehen, Madame« zu, worüber sich einige Leute im

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