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Sein anderes Gesicht

Sein anderes Gesicht

Titel: Sein anderes Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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wiegenden Hüften auf ihn zu, so nah, dass ich ihn berühren kann. Seine Lippen sind nur wenige Zentimeter von den meinen entfernt. Die Spitzen meiner Brüste streifen seinen Oberkörper. Ich berühre mit meinen Lippen die weiche Haut seines Halses und flüstere:
    »Ich liebe dich.«
    »Nein!«, schreit er und schlägt mich in den Magen.
    Ich krümme mich zusammen, klammere mich an seine Beine, vergrabe meinen Kopf zwischen seinen Schenkeln. Mein Mund. Die blutverschmierte Schürze. Er schlägt um sich und stößt undeutliche Schreie aus. Ich weiß, dass das Hackbeil auf meinen Schädel niedersausen wird, aber ich presse meine Lippen noch immer auf seinen Körper, auf sein Fleisch, das ihm nicht gehorcht, er schreit: »Nein, nein!« Er lässt sich auf das Sofa fallen. Ich glaube, er weint. »Nein, nein!« Er biegt seinen Körper nach hinten, doch ich klebe noch immer an ihm.
    Unbeweglichkeit. Zwei keuchende Körper. Mein Kopf ruht in seinem Schoß. Seine Hand hält das Beil in Höhe meiner Augen umklammert, weiße Fingerknöchel. Ich lege meine Hand auf seine, er lässt es los. Es fällt auf den Teppich. Ich nehme es und stehe auf. Johnny verbirgt sein Gesicht in den Händen.
    Ich trete einen Schritt zurück und lehne mich gegen die Kommode. Ich fühle mich sehr schwach. Die Kameliendame ist bereit für ihren letzten großen Auftritt. Caruso hat aufgehört zu singen, der Kronleuchter ist nicht zersprungen, doch Johnny ist in sich zusammengefallen.
    »Warum hast du sie getötet?«
    Er antwortet nicht, richtet sich auf. Seine Augen sind feucht und gerötet.
    »Johnny, antworte mir.«
    »Gib mir das Beil, Bo.«
    »Hör auf damit. Antworte mir. Bitte.«
    Er zuckt die Achseln und grinst übertrieben, so dass seine perlmuttschimmernden Zähne zu sehen sind.
    »Da musst du schon selber draufkommen. Du bist doch so schlau.«
    »Aber das bin ich doch schon, mein Liebling. Ich wollte dir nur ersparen, es selbst auszusprechen.«
    Er tut so, als wolle er aufstehen. Ich schwinge das Beil. Ich zittere nicht mehr.
    »Rühr dich nicht vom Fleck, Liebster. Ich bin momentan sehr nervös und auch sehr ungeschickt.«
    »Verflucht noch mal! Bo .«
    »Hör auf, man möchte meinen, du stotterst.«
    »Du wirst mir jetzt sofort das Beil geben!«
    »Ich denke nicht im Traum daran. Ich werde dir vielmehr sagen, warum du sie getötet hast. Ganz einfach, weil Frauen dich nicht anmachen. Weil du dich ihnen unterlegen fühlst. Das klassische Motiv, mein Liebling, aber Oma Bo weiß Rat .«
    »Du Idiot!«
    Er ist aufgestanden und sieht mich mit vor Wut funkelnden Augen an. Ich rede im Tonfall des verständnisvollen Pädagogen weiter:
    »Johnny, wir schreiben das Jahr 1998, kein Schwein interessiert sich für deine sexuellen Probleme.«
    Er schüttelt entmutigt den Kopf.
    »Du widerst mich an, Bo! Wenn du wüsstest, wie sehr du mich anwiderst.«
    Ich glaube ihm. Plötzlich wirkt er sehr müde. Und ich ekele mich ein wenig vor mir selbst, aber daran bin ich gewöhnt.
    »Johnny, hör zu. Du kannst so nicht weitermachen.«
    Er hebt die Arme, um meinen Redefluss zu unterbrechen. Er holt tief Luft, wie ein Taucher vor dem Sprung, und stürzt sich dann ins Wasser:
    »Das habe ich schon versucht. Woanders. Früher. Schon oft.«
    Er spricht so leise, dass ich die Ohren spitzen muss.
    »Ich kann nichts dagegen machen, ich muss es ganz einfach tun. Ich liebe es. Ganz gleich, was die Typen im Knast erzählen, du weißt schon . von Gewissensbissen und dem Wahnsinn . Ich werde dir jetzt die Wahrheit sagen: Es ist fantastisch!«
    Er lächelt verschlagen - wie ein missratenes Kind, das man bei einer Unartigkeit ertappt hat und das nun hofft, man ließe sich durch sein Theater erweichen.
    Ich weiß nicht, was ich tun soll. Er wird nicht aufhören zu töten, ich sehe es in seinen glänzenden blauen Augen. Er hat nichts von dem, was ich gesagt habe, verstanden. Ich höre meine Stimme, ohne dass ich bewusst entschieden hätte zu reden:
    »Ich schlage dir einen Handel vor. Nimm mich. Mich kannst du lange quälen. Du sperrst mich in den Kühlraum ein, und wann immer du Lust dazu hast, vergnügst du dich mit mir. Ich bin sehr zäh, du wirst schon sehen.«
    Sein Kiefer spannt sich an.
    »Du hast sie nicht alle, Bo. Du bist vollkommen verrückt. Ich habe dir schon gesagt, dass ich nichts von dir will. Weder ein Opfer noch sonst irgendetwas.«
    »Aber ich gehöre dir, Johnny, ob du es nun willst oder nicht. Und ich werde mich dir zum Geschenk machen, und du wirst es

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