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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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überwachten – die Polizei jedenfalls noch nicht. Jay und seine Leute vielleicht, aber er nahm eher an, dass sie sich mittlerweile zurückgezogen hatten. Um sich zu sammeln, neue Befehle abzuwarten. Ein Auftrag war für sie erledigt; nur ein Teilerfolg. Er vermutete, dass sie jetzt wieder in den Staaten waren, vielleicht in San Diego.
    Was genau sein Ziel war.
    Als sechzig Minuten vorbei waren, ging er hinaus zu seinem Auto. Anfangs konnte er im Gepäckraum nichts finden. Halliday hatte es tief unter die Bodenmatte geschoben. Es war so gut wie nichts, ein winziges Päckchen – weißes Papier, mehrfach gefaltet. Reeve setzte sich ins Auto und faltete das DIN-A4-Blatt vorsichtig auseinander. Er starrte auf eine kleine Menge gelblich-weißes Pulver, etwa einen Teelöffel voll. Selbst in der trüben Beleuchtung sah das Zeug nicht rein aus. Vielleicht war es mit Backpulver oder sonst was gestreckt. Vielleicht war es einfach nur ein Benzo-Scopo-Mix. Aber auf jeden Fall war genug davon da. Reeve wusste, wie viel er brauchte: knapp über zwei Milligramm pro Dosis. Drei bis vier pro Dosis, wenn man auf Nummer sicher gehen wollte; beziehungsweise auf Nummer un sicher, wenn man der Behandelte war. Er wusste, dass das Zeug sich in Wasser auflöste und dass die Flüssigkeit dadurch nur eine minimale, kaum wahrnehmbare Opaleszenz annahm. Er wusste, dass es keinerlei Geschmack oder Geruch hatte. Es war so perfekt, als hätte der Teufel in Person es in seinem Labor hergestellt oder die borrachero -Samen im Garten Eden ausgesät.
    Reeve faltete das Blatt wieder zusammen und steckte es in die Brusttasche seines Jacketts.
    »Wunderbar«, sagte er und ließ den Motor an.
    Auf dem Weg nach Süden kam ihm der Gedanke, dass Tommy Halliday ihn gelinkt haben – oder selbst gelinkt worden sein – könnte. Das Pulver konnte irgendein harmloses Schnupfenmittel sein, schlichtes Aspirin. Am Ende schmuggelte Reeve es in die Staaten, nur um im entscheidenden Augenblick feststellen zu müssen, dass man ihm ein Placebo angedreht hatte. Vielleicht sollte er es zuerst testen.
    Ja, aber nicht hier. Das konnte bis Amerika warten.
    »Wieder eine Scheißnacht im Auto«, murmelte er in sich hinein. Und am Morgen ein weiterer Flug.

15
    Allerdyce hatte eine für seine Verhältnisse bedeutsame, ja beispiellose Entscheidung getroffen.
    Er war zu dem Schluss gelangt, dass er bei Kosigin und Co-World Chemicals besser vorsichtig sein sollte. Die Folge war, dass beide Themen im Gebäude von Alliance Investigative – sei es in seinem Büro, auf den Korridoren oder selbst in den Aufzügen – von nun an tabu sein würden. Stattdessen sollte Dulwater, telefonisch oder persönlich, bei Allerdyce privat Bericht erstatten.
    Allerdyce hatte Berufs- und Privatleben stets streng auseinandergehalten – in dem Sinne, dass er nie Gäste zu Hause empfing und kein Mitarbeiter der Alliance, nicht einmal die wichtigsten Seniorpartner, ihn je dort aufsuchte. Niemand außer den Hundeführern. Er hatte eine Wohnung im Zentrum von Washington, zog es aber vor, jeden Abend zu seinem Haus am Potomac rauszufahren.
    Das Haus lag an einer als »landschaftlich reizvoll« ausgewiesenen Nebenstraße zwischen Alexandria und George Washingtons ehemaligem Landsitz Mount Vernon. Falls Heerscharen von Touristen an seinem Anwesen vorbeiströmten, bekam Allerdyce nichts davon mit. Zwischen dem Haus und der Straße verliefen eine hohe Ligusterhecke und eine Mauer, hinter der ein weitläufiger parkähnlicher Garten lag. Es war ein Herrenhaus im Kolonialstil mit einem eigenen Stück Flussufer, einem Landesteg samt Boot, separaten Dienstbotenquartieren und einem Eiskeller aus dem 19. Jahrhundert, der Allerdyce jetzt als Weinkeller diente. Der Landsitz war nicht so großartig wie Mount Vernon, aber für Allerdyce’ Zwecke genügte er.
    Hätte er sich dazu entschieden, Kunden hierher einzuladen, hätte das Anwesen als Vorführgelände für einige der ausgeklügeltsten Sicherheitseinrichtungen auf dem Markt dienen können: ein elektronisches Tor mit Videoüberwachung, ein dichtes Netz von Infrarotmeldern rings um das Haus, zwei sehr gut ausgebildete Hunde und jeweils zwei Sicherheitsmänner, die rund um die Uhr auf dem Gelände patrouillierten. Die einzige Schwachstelle war das Flussufer; vom Wasser her hätte jeder eindringen können. Also konzentrierten sich die Wachleute auf den Fluss und überließen es Hunden und Elektronik, sich um den Rest zu kümmern.
    Der Grund für diese extremen

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