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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Reeve holte Klebeband heraus und versorgte Fußknöchel, Handgelenke und Mund des Mannes, wobei er sich vergewisserte, dass die Nase nicht gebrochen oder blockiert war, der Wachmann also nicht Gefahr lief zu ersticken. Er tastete ihn nach einer Schusswaffe ab, fand aber keine; die Taschen enthielten lediglich etwas Kleingeld und Zigaretten. Das Gesicht kam ihm nicht bekannt vor; natürlich – die Wachen konnten ja nicht rund um die Uhr arbeiten; es musste zwei verschiedene Schichten geben, vielleicht sogar drei.
    Er sah sich um. An der Rückseite des Hauses waren Fenstertüren. Er fragte sich, ob sie wohl abgeschlossen waren. Er fragte sich außerdem, wo der zweite Wachmann sein mochte. Im Haus? Er lief geduckt auf die Fensterfront zu. Innen brannte Licht. Er spähte gerade durch eine Fensterscheibe, als er hinter sich ein Knurren hörte. Einer der Hunde. Er sah sehr wach aus. Zu wach. Also hatte nur einer von ihnen das Fleisch gefunden. Der Hund kam auf ihn zugerannt, und er streckte ihm einen Arm entgegen.
    »Platz!«
    Der Hund blieb abrupt stehen, wenn auch etwas verwirrt. Er erkannte den Befehl, aber nicht den Menschen, der ihn aussprach; andererseits war er gewohnt, mehr als nur einem Herrn zu gehorchen... Reeve rammte ihm den Dolch zweihändig ins Genick. Dem Hund knickten die Beine ein, und er brach unter Reeves nicht nachlassendem Druck zusammen. Reeve warf einen Blick durch das Fenster, um zu sehen, ob jemand was gehört hätte. Er sah lediglich das Spiegelbild eines völlig eingeschwärzten Mannes, dessen hellste Partien das Weiße seiner Augen, die gebleckten Zähne und der Dolch in seinen Händen war.
    Er zog die Klinge heraus und wischte sie am Fell des Hundes sauber. Die Fenstertüren waren nicht abgeschlossen. Er zog die Stiefel aus, versteckte sie unter der Veranda und öffnete die Tür.
    Seine Socken hinterließen auf dem Teppich keine Spuren, und die Bodendielen waren so massiv, dass sie unter seinem Gewicht nicht knarrten. Er befand sich in einem Esszimmer. Er sah, dass der kleine Tisch nur für eine Person gedeckt war und dass es auch nur einen Stuhl gab. Er war sicherer denn je, im richtigen Haus zu sein.
    Er öffnete die Tür und gelangte in eine große achteckige Eingangshalle, von der mehrere Türen abgingen. Eine Treppe führte hinauf zu einem – ebenfalls achteckigen – Absatz, von dem weitere Türen abgingen. Irgendwo lief Musik, hinter einer der Türen im Erdgeschoss. Reeve näherte sich der Tür und war sich dabei nur zu deutlich bewusst, dass jeder, der jetzt aus einem der Zimmer im ersten Stock herausgekommen wäre, ihn sofort gesehen hätte. Er musste sich beeilen. Er spähte durch das Schlüsselloch und sah einen Mann, der auf einem Sofa saß, eine Zeitschrift durchblätterte und im Takt der Musik nickte. Sie kam aus den Kopfhörern eines Walkmans, der voll aufgedreht sein musste; selbst auf die Entfernung erkannte Reeve das Stück: »Don’t Fear the Reaper«. Der Mann war klein und drahtig: Nicht gerade der typische Bodyguard.
    Reeve wusste, dass das Beste ein Überraschungsangriff sein würde. Seine Hand krampfte sich um den Türknauf. Im Zimmer fing eine Uhr an zu schlagen. Reeve stürzte hinein.
    In dem Spiegel über dem Kamin sah Reeve, was der Mann sehen konnte: einen muskulösen zähnefletschenden Angreifer mit einem blutigen Dolch, der so groß war, dass man damit einen Büffel hätte zerlegen können. Der Mann sprang mit offenem Mund auf, der Walkman fiel auf den Boden und riss ihm die Kopfhörer aus den Ohren.
    »Keinen Ton«, sagte Reeve leise zum Klang der schlagenden Uhr. »Einfach auf den Boden legen und die Hände...«
    Eine halbe Sekunde, bevor der Mann explodierte, sah Reeve die Veränderung in seinem Gesicht – sah, dass die Überraschung verflogen war und er keineswegs die Absicht hatte, sich einfach hinzulegen. Der Körper des Mannes wirbelte herum, und ein Bein stieß mit voller Wucht in Richtung von Reeves Unterleib. Auch Reeve wirbelte herum, so dass der Tritt nur seinen Oberschenkel traf, dadurch aber beinahe sein ganzes Bein lähmte.
    Klein: ja; mager: ja – aber der Typ wusste einiges über Kampfkunst. Der zweite Stoß, diesmal mit der Faust, kam schon nach und zielte nach der bewaffneten Hand. Die Blue Öyster Cult dröhnten nach wie vor aus den Kopfhörern. Die Schläge der Uhr hallten nur noch nach. Reeve wich der Faust aus und setzte selbst zu einem Halbkreistritt an. Sein Fuß glitt von der Brust des Mannes ab. Ein Schuhabsatz knallte auf Reeves

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