Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)
los.
Dulwater saß auf seinem Bett und starrte auf den Fernseher. Er hatte das Bild heller gestellt und Farbe und Kontrast angepasst. Der Ton war schon von sich aus in Ordnung gewesen. Auf dem Bildschirm war Dr. Killin bei seiner Beichte zu sehen. Dulwater sah sich die Szene jetzt zum dritten Mal an und sagte zum siebten oder achten Mal: »Verdammt – das ist absolut unglaublich!«
Das Band wurde, während es lief, gleichzeitig auf die dritte von insgesamt fünf Leerkassetten kopiert.
»Absolut unglaublich«, sagte Dulwater.
Reeve behielt das Bandzählwerk im Auge. Dulwaters Zimmer war drei Stockwerke unter seinem. Ihm war nicht wohl in seiner Haut gewesen, als er heruntergekommen war, aber niemand vom Personal hatte ihn erkannt. Schließlich war es ein großes Hotel, und er hatte sich bemüht, nicht aufzufallen.
»Natürlich«, sagte Dulwater, »würde das bei Gericht niemals als Beweisstück zugelassen werden. Man sieht sofort, dass Killin unter Drogen stand.«
»Sie hatten ja schon gesagt, dass es uns sowieso nie gelingen würde, Kosigin vor Gericht zu bringen.«
»Das ist auch wieder wahr.«
»Und mir liegt auch nicht viel daran, dass ihm der Prozess gemacht wird. Er soll lediglich wissen, dass ich das hier auf Band habe.«
Sie hatten die Stelle erreicht, an der Killin Reeve fragte, ob er nicht etwas über Preece hören wollte.
»Und überhaupt«, sagte Reeve, »was kümmert es Sie? Da haben Sie genau das, was Sie wollten. Ihr Boss hat eines seiner berühmten Dossiers über die dunkle Seite von Preece’ Vergangenheit zusammengestellt, und dadurch wurde Preece erpressbar.«
»Ja.«
»Sie sollten froh sein. Sie haben etwas gegen Ihren Boss in der Hand.«
»Hab ich wohl.« Dulwater stand schwungvoll vom Bett auf und ging an den Tisch. Er hatte dort eine Flasche Whisky stehen und schenkte sich ein weiteres Glas ein. Reeve hatte schon zweimal abgelehnt; eine dritte Chance würde er nicht bekommen. »Was ist mit Ihnen?«, fragte Dulwater zwischen dem ersten und dem zweiten großen Schluck. »Was haben Sie mit den Kassetten vor?«
»Eine für mich und eine für Kosigin.«
»Was soll es für einen Sinn haben, ihm eine zu schicken?«
»Dass er dann weiß, dass ich es weiß.«
»Und? Dann schickt er Ihnen ja doch nur diesen Arschficker Jay auf den Hals.«
Reeve lächelte. »Eben.«
»Hat dieser Scheißkerl eigentlich keinen Nachnamen?« Dulwater klang so, als sei er schon mehr als nur halb betrunken.
»Jay ist sein Nachname.«
»Dann kennen Sie ihn also wirklich, ja?«
»Ich kenne ihn. Erzählen Sie mir noch einmal von der Bar.«
Dulwater lächelte. »Das halbe verdammte Police Department muss da gewesen sein. Sie hatten McCluskey gesagt, Sie wollten ein Treffen unter vier Augen? Wäre eher unter zweihundert Augen geworden. Streifenwagen, ganze Busladungen, und alle bis an die Zähne bewaffnet. Mann, er wollte Sie wirklich schnappen. Sie hätten sehen sollen, wie er ausgerastet ist, als er endlich kapiert hat, dass da nichts laufen würde. Und seine Kumpel waren auch nicht gerade von ihm begeistert.«
»Interessant wird’s erst, wenn er herausfindet, dass ich, kaum dass er die Wache abgezogen hatte, in Killins Haus reinspaziert bin.«
»Oh ja, den trifft dann schon ein halber Schlag. Und anschließend macht Kosigin einen ganzen daraus.«
»Das hoffe ich.«
Das Band erreichte allmählich sein Ende. Auf dem Bildschirm Reeves Gesicht. Dulwater trank seinen Whisky aus und ging vor dem Recorder in die Hocke. »Wissen Sie, Gordon, ich habe das Radisson angerufen. Ich fand, das wär irgendwie ganz schön dämlich von Ihnen, im selben Hotel abzusteigen wie letztes Mal. Aber so dämlich sind Sie gar nicht, stimmt’s?«
»Nein, bin ich nicht«, sagte Reeve. Als Dulwater sich wieder aufrichtete, stand er, die Arme ausgebreitet, direkt hinter ihm. Als Dulwater sich, vom Alkohol in seinen Reaktionen verlangsamt, herumdrehte, schlug Reeve die Hände wie zu einem lauten Klatschen zusammen – nur dass Dulwaters Ohren im Weg waren. Das Gesicht vor Schmerz verzerrt, verlor Dulwater das Gleichgewicht. Er prallte aufs Bett und von da auf den Fußboden, wo er sein Bestes tat, um möglichst schnell wieder aufzustehen.
Reeve verpasste ihm einen Tritt gegen den Kopf, und dann war Ruhe.
»Nein, bin ich nicht«, wiederholte er leise, auf Dulwater hinunterschauend. Er nahm nicht an, dass er fest genug geschlagen hatte, um ihm die Trommelfelle zu zerreißen. Aber andererseits war diese Technik auch nicht das,
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