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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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am Fenster, gegenüber einem anderen, für zwei Personen gedeckten Tisch, an dem eine Frau saß. Sie lächelte ihm von Zeit zu Zeit zu, und er lächelte zurück. Er hatte das Gefühl, dass sie nicht so sehr mit ihm flirtete, als vielmehr ihrem – und seinem – Recht Ausdruck verlieh, allein zu essen. Sie richtete den Blick wieder auf ihr Taschenbuch, und Reeve beobachtete die Straße. Während des Desserts sah er seinen Boten, einen verwirrt-bösen Ausdruck im Gesicht, vorbeischlurfen. Die Welt hatte ihm einen weiteren Schlag in die Fresse gegeben, und er versuchte zu kapieren, womit er das eigentlich verdient hatte. Reeve gelobte, dass er ihm, sollte er ihn später noch einmal sehen, im Vorbeigehen einen Dollar zustecken würde.
    Verdammt, oder vielleicht auch zwei.
    Er ließ Kosigin ein paar Stunden Zeit, dann dachte er sich, es wäre Zeit für einen Anruf. Vermutlich würden sie versuchen, jeden bei Kosigin eingehenden Anruf zurückzuverfolgen. Reeve setzte sich in einer Einkaufspassage auf eine Bank und rief von seinem Handy aus an.
    »Mr. Kosigins Büro, bitte.«
    »Nur einen Augenblick.« Die Zentrale gab ihn an eine Sekretärin weiter.
    »Mr. Kosigin, bitte.«
    »Dürfte ich um Ihren Namen bitten?«
    »Klar, ich heiße Reeve. Glauben Sie mir, er ist ganz scharf darauf, mich zu sprechen.«
    »Ich werde es in seinem Büro versuchen, Mr. Reeve.«
    »Danke.«
    Die Sekretärin setzte ihn auf eine dieser nervigen Dudel-Warteschleifen. Er checkte mit einem Blick auf die Uhr, wie lange man ihn warten ließ. Er stellte sich bildlich vor, wie sie ein zweites Telefon anschlossen, damit McCluskey mithören konnte, sah McCluskey an einer anderen Leitung, wie er versuchte, den Anruf zurückzuverfolgen. Reeve ließ dreißig Sekunden verstreichen, bevor er die Verbindung unterbrach. Er ging an einen Kaffeestand und kaufte sich einen doppelten koffeinfreien Caffelatte. Er streifte die Schutzfolie vom Deckel ab und fing an, durch das Loch zu trinken, während er an den Schaufenstern entlangschlenderte. Dann setzte er sich auf eine weitere Bank und rief noch einmal an.
    »Mr. Kosigins Büro, bitte.«
    »Nur einen Augenblick.«
    Und dann wieder Kosigins Sekretärin, hörbar etwas verwirrt.
    »Noch einmal Reeve«, sagte er. »Irgendwie warte ich nicht gern.«
    »Bleiben Sie bitte am Apparat.«
    Fünfzehn Sekunden später meldete sich eine männliche Stimme. »Mr. Reeve? Kosigin hier.« Die Stimme war so glatt wie der Anzug, den Kosigin anhatte. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Wie fanden Sie das Video?«
    »Dr. Killin stand offensichtlich unter Drogen, er delirierte. Ich würde sagen, man hat ihn geradezu einer Gehirnwäsche unterzogen, damit er diese irrsinnige Geschichte erzählt. Freiheitsberaubung ist eine sehr schwere Straftat, Mr. Reeve.«
    »Wie fand McCluskey es?«
    Das stopfte Kosigin für einen Augenblick den Mund. »Versteht sich von selbst, dass ich die Polizei gerufen habe.«
    »Bevor Sie das Video überhaupt gesehen hatten«, stellte Reeve fest. »Da schöpft man doch ein bisschen Argwohn, nicht? Ich meine, fast so, als hätten Sie etwas Derartiges erwartet. Ich gehe davon aus, dass Sie dieses Telefonat aufzeichnen und deswegen das Unschuldslamm spielen. Von mir aus, spielen Sie ruhig. Aber, Kosigin, ich habe das Band. Ich habe jede Menge Kopien davon. Sie haben keine Ahnung, wer eines schönen Morgens, in sehr naher Zukunft, eine davon in der Post findet. Vielleicht werden die Empfänger Ihrer Version glauben – vielleicht werden sie Killin glauben.«
    Eine weitere Pause. Ließ sich Kosigin von jemandem Instruktionen geben? Vielleicht von McCluskey.
    Vielleicht von Jay.
    »Vielleicht sollten wir uns treffen, Mr. Reeve.«
    »Ach ja? Nur wir zwei, genauso wie ich mich mit McCluskey hätte unter vier Augen treffen sollen? Nur dass McCluskey mit seiner Privatarmee aufmarschiert ist? Aber Sie, Kosigin, würden allein kommen – richtig?«
    »Richtig.«
    »Abgesehen von Jay natürlich, der mit einem Visier-Laser auf meine Stirn anlegen würde.«
    Eine weitere Pause.
    Reeve amüsierte sich königlich. »Ich melde mich in zehn Minuten wieder«, sagte er zu Kosigin und legte auf.
    Er spazierte aus dem Einkaufszentrum hinaus in die helle Nachmittagssonne und die warme Meeresbrise. Er konnte sich nicht erinnern, sich jemals lebendiger gefühlt zu haben. Beim nächsten Anruf stand er draußen vor dem Hauptpostamt.
    »Und, Kosigin, ein bisschen nachgedacht?«
    »Worüber? Soweit ich weiß, werden Sie in Europa polizeilich

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