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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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eine kleine Drei-Zimmer-Wohnung über einem Elektrowarenladen, aber das Geschäft lief so gut, dass sie, versorgt mit Bier mit weiß der Geier was drin, im muffigen Flur warten mussten, bis Jay nach zwanzig Minuten eine Tür eingetreten und einen abgearbeiteten Freier von einem der Mädchen runtergezogen hatte. Danach wurde der Service besser; es wurde richtig lustig. Anschließend gingen Jay und sein Kumpel runter zum Hafen und vertraten sich ein bisschen die Beine. Wahnsinnig viele kleine Boote, die auf dem Wasser tanzten. Es war bald sechs, und obwohl beide Männer groggy waren, hatten sie noch keine Lust, schlafen zu gehen.
    »Hier, für die nötige Bettschwere«, hatte Jay gesagt und seinem ehemaligen Kameraden die schmale Klinge eines Messers ins Genick gestoßen. Er schleifte den Toten hinter ein paar Mülltonnen, nahm ihm die Armbanduhr und alles Geld ab, dazu sämtliche Papiere, auf denen sein Name stand. Das Zeug entsorgte er dann auf dem Weg zu seinem Hotel. Er konnte es sich einfach nicht leisten, dass jemand von früher wusste, dass er noch am Leben war – der SAS würde sich mit ihm über das Thema Desertion unterhalten wollen. Die Typen würden richtig scharf darauf sein, sich mit ihm zu unterhalten, und nicht lediglich um der guten alten Zeiten willen. Er wusste nicht, welche Geschichte Reeve ihnen aufgetischt hatte, ob er die Wahrheit erzählt hatte oder nicht; er hoffte, er würde es niemals zu wissen brauchen.
    Witzig war, dass sich bei seinem nächsten Trip nach Singapur und seinem nächsten Besuch im Bordell eines der Mädchen beklagte, sein Freund hätte ihm Herpes angehängt. Bolter oder Boulter hatte also doch etwas hinterlassen. Jeder tat es.
    Jay mochte das Leben, das er jetzt führte, ein Leben, das er sich in Amerika – manchmal auf Leichen – aufgebaut hatte. Es war nicht leicht gewesen. Ja, es war gottverdammt schwer gewesen – besonders während dieser ersten Wochen in Südamerika. Auf der Flucht, eine Ein-Mann-Metzgerei. In dieser ersten Nacht hatte er drei argentinische Soldaten getötet, einen für jeden Mann, der auf dem Gletscher gestorben war, aber es war nicht genug gewesen, um die Erinnerung an diesen verhängnisvollen Einsatz auszuradieren. Jay hatte auf jenem Gletscher, im unablässigen Schneegestöber etwas gesehen. Er hatte das ausdruckslose weiße Gesicht des Todes gesehen. Es war ein Nichts gewesen, eine gleichgültige Leere, und deswegen um so erschreckender, um so hypnotischer. Er hatte es lange Zeit angestarrt, ohne Schutzbrille. Als sie ihn in den Hubschrauber geholt hatten, war er schneeblind gewesen. Doch als die Blindheit zurückging, war eine besondere Klarheit an ihre Stelle getreten, ein Bewusstsein von Hilflosigkeit und der Wille zur Macht. Dieser hatte ihm quer durch Feuerland und aufs chilenische Festland geholfen.
    Ein armes Schwein hatte er getötet, weil er Zivilkleidung brauchte, und ein anderes wegen seines Motorrads – das natürlich schon nach fünfzig Kilometern den Geist aufgegeben und ihn gezwungen hatte, ein ganzes Stück zu latschen . Verdammt großes Land, dieses Scheißchile, zumindest von Norden nach Süden gerechnet. Er hatte sich an die Küste gehalten und einen bärtigen australischen Rucksacktouristen wegen seines Passes getötet. Herrjesus, Rucksacktourismus in Chile: Das hieß wirklich Ärger suchen!
    Er war nach Peru eingereist und hatte für die Grenzwachen wie der Mann auf dem Passfoto gelächelt, sich dann das Kinn gerieben und gelacht, um ihnen zu erklären, dass er sich den Bart, seit das Foto aufgenommen worden war, drastisch gekürzt hatte. Sie hatten ihn die ganze Zeit nur finster angeschaut, ihn aber dann passieren lassen. Die Leiche des Rucksacktouristen würde nie gefunden werden, jedenfalls nicht, solange sie noch eine Haut hatte; das Skelett mochte irgendwann entdeckt werden. Er machte einen Bogen um Ecuador und reiste nach Kolumbien ein. In Peru hatten ihm die Leute immer wieder davon abgeraten, aber er hatte das nicht eingesehen – und es war nur gut gewesen, dass er nicht auf sie gehört hatte, denn Kolumbien hatte sich als ein tolles Land erwiesen und hatte ihm seinen ersten zivilen Job beschert. Er war in Cali mit ein paar schweren Jungs in Kontakt gekommen und hatte zwei, drei Aufträge für sie erledigt. Er hatte Edouard, den Oberboss, kennen gelernt, und Edouard hatte ihm erklärt, für jemanden, der bereit sei, persönliche Risiken einzugehen, gebe es immer Arbeit.
    »Ich habe schon mehr Risiken auf mich

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