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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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rüber wollte? Nein, das war das Nervige an ihm.« Er rief sich wieder zur Ordnung. »Natürlich möchte ich von Toten nichts Schlechtes sagen …«
    »Reden Sie nur.«
    »Nun ja, Jim hatte eine Schwäche fürs Geheimniskrämerei; und er behielt gern möglichst viel für sich. Ich glaube, er bildete sich ein, dass das seine Macht vergrößerte: Wenn ein Redakteur nicht wusste, worum es sich bei einer Story handelte, konnte er nicht einfach nein dazu sagen. Auf diese Weise hat Jim gern mit uns gespielt. Je weniger er verriet, desto mehr, sollten wir glauben, hätte er zu erzählen. Irgendwann lieferte er dann die Story ab, die Story, für die man ordentlich geblecht hatte, und sie war selten so gehaltvoll, wie er einem im Voraus weisgemacht hatte.«
    Je mehr Gulliver sagte, besonders jetzt, wo ihm der Whisky die Zunge löste, desto deutlicher hörte Reeve spitze Ecken und scharfe Kanten heraus, die ganz und gar nicht zu dem Public-School-Image passten, das Gulliver gern der Welt präsentierte. Da war Straßenmarkt in diesen Ecken und Kanten. Da war Straßenleben drin. Da war Cockney drin.
    Das Faxgerät piepte und fing dann an, eine sich aufrollende Seite auszuspucken. Gulliver sah sich das Blatt an, nahm das Telefon und wählte. Es folgte eine weitere technische Diskussion, ein weiterer Blick auf die Piaget-Uhr, ein Zupfen am Kroko-Armband.
    »Er hat Ihnen gar nichts gesagt?«, bohrte Reeve nach und klang so, als glaubte er es nicht.
    »Doch, schon, so Krümel. Speiseöl, britisches Rindfleisch, irgendein Tierarzt, der gestorben war.«
    »Hat er Co-World Chemicals erwähnt?«
    »Ich glaube schon.«
    »In welchem Zusammenhang?«
    »Mein lieber Freund, es gab keinerlei Zusammenhang, das habe ich doch gerade gesagt. Er hat immer nur ein paar Brocken hingeworfen, als fütterte er ein Baby mit einem Silberlöffel. Bildete sich ein, er würde einem damit den Mund wässerig machen …«
    »Irgendjemand hat ihn getötet, damit aus der Story nichts wurde.«
    »Dann beweisen Sie es. Ich meine nicht: Beweisen Sie es vor Gericht, aber beweisen Sie es mir . Das ist es doch, was Sie wollen, oder?« Gullivers Augen wirkten klarer denn je. Er beugte sich über den Tisch nach vorn. »Sie wollen zu Ende bringen, was Jim angefangen hat. Sie möchten ihm ein Denkmal setzen, das gleichzeitig auch seine Rache wäre. Habe ich nicht Recht?«
    »Vielleicht.«
    »Nichts ›vielleicht‹. Das ist genau das, was Sie wollen, und Sie haben meinen Beifall. Ich werde mitziehen. Aber dazu brauche ich mehr, als Sie mir gegeben haben, mehr, als Jim mir gegeben hat.«
    »Sie wollen damit sagen, ich soll die Story zu Ende bringen?«
    »Ich will damit sagen, ich bin interessiert. Ich will damit sagen, lassen Sie von sich hören.« Gulliver lehnte sich zurück, hob sein Glas und ließ die bernsteinfarbene Flüssigkeit um die Eiswürfel kreisen.
    »Kann ich Sie etwas fragen?«, sagte Reeve.
    »Wir haben nur noch eine knappe Minute Zeit.«
    »Wie viel gibt CWC jährlich für Werbeanzeigen in Ihrem Blatt aus?«
    »Wie viel? Das wäre eine Frage für meinen Anzeigenchef.«
    »Sie wissen es nicht?«
    Gulliver zuckte die Achseln. »CWC ist ein großes Unternehmen, ein Multi. Es hat mehrere Tochtergesellschaften in Großbritannien und noch viele weitere in Europa. Sie produziert hier, und daneben wird etliches importiert.«
    »Eine Multi-Millionen-Industrie mit einem entsprechenden Werbeetat.«
    »Ich verstehe nicht ganz …«
    »Und wenn sie wirbt, dann tut sie es in großem Stil. Ganzseitige Inserate in den Tageszeitungen und – was? – vielleicht zweiseitige Farbanzeigen in den Wirtschaftsmagazinen. Fernsehen auch?«
    Gulliver starrte ihn an. »Sind Sie in der Werbung, Mr. Reeve?«
    »Nein.« Aber, hätte er hinzufügen können, ich bin heute Morgen von jemandem aus Ihrer Moderedaktion gut gebrieft worden. Offenbar war der Modeteil bei bestimmten Inserenten besonders beliebt.
    Ein weiterer Blick auf die Uhr, ein einstudierter Seufzer. »Ich muss gehen, so leid es mir tut.«
    »Ja, mir tut es auch leid.«
    Als Gulliver aufstand, erschien ein Hoteldiener und entstöpselte das Faxgerät. Fax und Telefon kamen in einen Aktenkoffer. Die Zigarre wurde im Aschenbecher ausgedrückt. Das Meeting war ganz eindeutig beendet.
    »Höre ich wieder von Ihnen?«, sagte Gulliver fast schon flehentlich und legte eine Hand auf Reeves Arm, ließ sie dort ruhen.
    »Vielleicht.«
    »Und gibt es irgendeinen guten Zweck?« Reeve verstand nicht. »Etwas Karitatives, eine

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