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Sein Bruder Kain

Sein Bruder Kain

Titel: Sein Bruder Kain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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um Sie zu ruinieren. Wenn Sie ein Mitglied der besseren Gesellschaft wären, mit finanziellen Mitteln und einer angesehenen Familie im Hintergrund, und diese Frau ein junges Mädchen auf der Suche nach einem Ehemann, dann könnten Sie die Sache vielleicht heil überstehen. Sie könnten behaupten, sie sei hysterisch, ein wenig unausgeglichen, mit einer Neigung zu Hirngespinsten oder Phantasien… ja, Sie könnten sogar sagen, sie habe sich Ihre Zuneigung eingebildet, und Ihre Zurückweisung hätte sie schwer getroffen. Aber das wird einem Mann in Ihrer Position niemand glauben.«
    »Gütiger Gott, denken Sie, ich wüßte das nicht?« fragte Monk wütend. »Wenn sie eine junge Frau auf der Suche nach einem Ehemann wäre und ich ein wünschenswerter Kandidat, dann würde sie so etwas nicht einmal in Erwägung ziehen. Denken Sie nur an die Konsequenzen für ihren eigenen Ruf. Welcher Gentleman würde sie danach noch in Betracht ziehen? Ich bin nicht so verdammt dumm, daß ich nicht weiß, was diese Sache sie kosten wird. Und sie weiß es auch. Das macht es ja so beängstigend. Sie haßt mich genug, um sich selbst zu zerstören, damit sie mich zerstören kann.«
    »Dann muß das, was Sie getan haben, auf jeden Fall sehr ernsthafter Natur sein«, sagte Rathbone. Er wollte ihn nicht quälen, aber dies war nicht der richtige Augenblick, um sich mit etwas Geringerem als der Wahrheit zu beschäftigen, und er mußte an seinen nächsten Termin denken. »Ich bin mir nicht sicher, wie weit diese Sache Sie schützen könnte«, fuhr er fort, »aber wenn Sie mit der Suche beginnen, würde ich an Ihrer Stelle zuerst nach jemandem forschen, der möglicherweise zu Unrecht verurteilt wurde, nach jemandem, der gehängt wurde oder ins Gefängnis gekommen und dort vielleicht gestorben ist. Fangen Sie nicht bei Diebstählen oder Unterschlagungen an oder bei den Opfern geringfügiger Verbrechen. Mit anderen Worten, nehmen Sie sich zuerst die Ergebnisse der Nachforschungen vor, nicht die Schwere der Beweise oder Ihre eigene Überzeugung, daß der Betreffende zu Recht verurteilt wurde.«
    »Und Sie meinen, es hilft mir weiter, wenn ich es herausfinde?« fragte Monk, hin und hergerissen zwischen Hoffnung und Verbitterung.
    Rathbone erwog eine Lüge, aber nur einen Augenblick lang. Monk war nicht der Mann, den man einfach abspeisen konnte.
    Das hatte er nicht verdient.
    »Vielleicht nicht«, antwortete er. »Nur, falls es zur Verhandlung kommt und Sie beweisen könnten, daß diese Frau ein Motiv hat, Rache zu nehmen. Aber wenn sie so intelligent ist, wie Sie andeuten, zweifle ich daran, daß sie die Sache wirklich vor Gericht bringen wird. Sie würde wahrscheinlich nichts erreichen, schon gar keine Verurteilung, es sei denn, sie hätte ungewöhnlich voreingenommene Geschworene.« Sein Gesicht verkrampfte sich, aber sein Blick war nach wie vor ruhig. »Sie wird Ihnen weit größeren Schaden zufügen und Ihnen viel weniger Gelegenheit geben, aus der Sache herauszukommen oder gar zurückzuschlagen, wenn sie einfach Gerüchte ausstreut. Sie wird Sie auf diese Weise nicht ins Gefängnis bringen, aber Ihre Existenz zerstören. Es wird Ihnen nichts anderes übrigbleiben, als…
    »Ich weiß!« fuhr Monk ihn an. Dann sprang er auf und sog scharf die Luft ein, als seine schmerzenden Muskeln und sein zerschundener Körper ihn dafür straften. »Ich werde mich mit Mühe und Not über Wasser halten, indem ich für Leute arbeite, die sich am äußersten Rand der Legalität bewegen oder ganz zur Unterwelt gehören. Ich werde nach abtrünnigen Ehemännern suchen, Schulden eintreiben und gemeinen Dieben hinterher jagen.« Er kehrte Rathbone den Rücken zu und starrte aus dem Fenster. »Und ich werde von Glück sagen können, wenn sie in der Lage sind, mir genug zu zahlen, damit ich jeden Tag etwas zu essen habe. Es wird keine Fälle mehr geben, für die Callandra Daviot sich interessieren könnte, und sie wird es sich zweimal überlegen, mich für nichts und wieder nichts zu unterstützen. Ich brauche Sie nicht, um das zu begreifen. Ich werde keine Unterkunft mehr haben, und wenn meine Kleider verschlissen sind, wird mir nichts anderes übrigbleiben, als gebrauchte Sachen zu kaufen. Das weiß ich selbst.«
    Rathbone hätte viel darum gegeben, wenn er irgend etwas hätte erwidern können, irgend etwas Tröstliches, aber es fiel ihm nichts ein, und er wurde sich in zunehmendem Maß der leisen Geräusche aus dem Nachbarbüro bewußt und der Tatsache, daß sein

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