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Sein Bruder Kain

Sein Bruder Kain

Titel: Sein Bruder Kain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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die Idee gefällt mir… wirklich brillant. Gerechtigkeit für alle, und das auf einen Schlag. Das Schlimme ist nur, ich weiß nicht, ob Angus tot ist. Er könnte auch noch leben.«
    »Angus heißt der Bruder also«, sagte Archie mit weit aufgerissenen Augen. »Nun ja, ich weiß es ja auch nicht, glücklicherweise. So, ich werd' Sie nicht zurückfahren, weil ich nichts mit Mord zu tun haben will… nicht mal an jemandem wie Caleb Stone.«
    Monk fing an zu lachen.
    »Und was ist daran so komisch?« fragte Archie mürrisch.
    »Ich mag ja ein ungehobelter Mensch sein und nicht so ein Gentleman, wie Sie anscheinend einer sind, obwohl, Gott weiß, schlimm genug aussehen tun Sie ja… Aber ich habe meine Grundsätze, genauso wie Sie!«
    »Vielleicht sogar bessere«, räumte Monk ein. »Mir war vorhin der Gedanke gekommen, daß Sie mich ermorden könnten, hier draußen, mitten in dieser gottverlassenen Wasserwüste… auf Calebs Anweisung.«
    Archie knurrte etwas Unverständliches, aber sein Zorn schien dahinzuschwinden.
    »Na gut«, sagte er leise. »Na ja… hätte ich wohl tun können.« Dann ruderte er eine Weile schweigend weiter. Die Schatten der Chemiefabriken auf der anderen Seite ragten durch den Nebel auf, und Archie mußte die Ruder herumreißen, um einem Kahn auszuweichen, der von den kaum sichtbaren Kaimauern auf sie zutrieb.
    »Sie werden wohl 'n bißchen Hilfe brauchen«, sagte Archie nach einigen weiteren Sekunden. »Jemanden wie Caleb kriegen Sie nicht auf eigene Faust.«
    »Möglich«, meinte Monk. »Aber ich versuche nicht, ihn zu verhaften, ich will nur mit ihm sprechen.«
    »Ach ja?« meinte Archie skeptisch. »Und Sie denken, er glaubt das, ja?«
    Auf den ersten Blick war es unwahrscheinlich, und Monk hatte keine Lust, sich in weiteren Erklärungen zu ergehen, teilweise deshalb, weil er sich selbst nicht recht im klaren darüber war. Er hatte einfach keine andere Alternative, als Caleb aufzuspüren.
    »Wenn Sie mir Ihre Hilfe anbieten wollen, bin ich Ihnen sehr dankbar«, sagte er spitz. »Was wollen Sie dafür? Es wird nicht einfach sein und auch nicht angenehm. Noch nicht mal unbedingt gefahrlos.«
    Archie stieß ein angewidertes Grunzen aus. »Glauben Sie, ich bin ein Idiot? Ich weiß über diese Dinge ein bißchen besser Bescheid als Sie, Jungchen. Ich werde spaßeshalber mitkommen. Man braucht mich nicht für jede verdammte Kleinigkeit, die ich mache, zu bezahlen!«
    Monk lächelte, obwohl er nicht sicher war, ob Archie das in der Dunkelheit sehen konnte.
    »Vielen Dank«, sagte er huldvoll.
    Archie brummte irgend etwas vor sich hin.
    Sie kamen ans Ufer und vertäuten das Boot an einem Pfosten, der wie ein abgebrochener Zahn aus dem Schlamm ragte. Dann ging Archie den Strand hinauf, wo derbes Gras in dichten Büscheln wuchs. Vor ihnen flackerten einige Lichter auf, auf der anderen Seite der Felder, falls sie diese Bezeichnung überhaupt verdient hatten, obwohl Monk nach dem saugenden Geräusch, das seine Stiefel bei jedem Tritt verursachten, glaubte, sich auf Sumpfland zu befinden.
    »Wo sind wir?« fragte er leise.
    »Wir gehen Richtung Blackwall Lane«, antwortete Archie.
    »Seien Sie leise, man hört hier ziemlich weit, auch wenn man das nicht für möglich hält.«
    »Ist er hier?«
    »Ja, er ist keine zehn Minuten vor uns hier angekommen.«
    »Warum? Was gibt es hier, das ihn interessieren könnte?« Monk bemühte sich, mit dem anderen Schritt zu halten; er hatte das Gefühl, als klebe der Boden an seinen Füßen.
    »Sind Sie nun hinter ihm her oder hinter was anderem?« fragte Archie aus der Finsternis vor ihm.
    »Hinter ihm. Was hier sonst noch vorgeht, interessiert mich nicht«, erwiderte Monk.
    »Dann seien Sie ruhig, und folgen Sie mir.«
    Monk hatte den Eindruck, daß er ungefähr eine Viertelstunde lang durch die Dunkelheit stapfte, zuerst von den Sümpfen zur Straße und dann über härteren Boden auf die Lichter eines kleinen. Cottages zu, das sich in die schwarze Landschaft schmiegte und nur von dem schummrigen Licht einiger Öllampen in verschiedenen Fenstern beleuchtet wurde.
    Archie klopfte an die Tür, und als sie sich öffnete, sprach er kurz auf sein Gegenüber ein, aber so leise, daß Monk nichts verstand. Dann kam er zurück, und die Tür schloß sich, so daß sie weiter in der bitterkalten Nacht standen. Archie wartete einige Sekunden, bis seine Augen sich wieder an die Dunkelheit gewöhnt hatten, dann ging er zur anderen Seite der Halbinsel, zur gegenüberliegenden Biegung

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