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Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)

Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caro Ramsay
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legte den Wagenheber zurück in den Kofferraum von Helenas Wagen. Den platten Reifen legte er in den Kofferraum des Astra, dann öffnete er die Tür und setzte sich hinters Steuer. »Na, wie sieht’s hier drin aus?«
    Offensichtlich überraschend gut. Helena hatte sich bei Peter auf der Rückbank eingerichtet, und beide diskutierten angeregt über Drachen und darüber, wie man sie am besten zeichnete. Helena sah auf und lächelte, als Anderson sich auf dem Sitz nach hinten umdrehte, aber sie machte keine Anstalten auszusteigen. Den Arm hatte sie um seinen Sohn gelegt, und mit dem Zeigefinger deutete sie auf die Rückseite der Monkey-Meal-Schachtel. Die beiden schienen bestens miteinander auszukommen.
    »Ein langer, langer Schwanz«, sagte sie.
    »Ein langer, langer, langer Schwanz«, wiederholte Peter und zog den Stift über die Oberseite der Schachtel und die Seite hinunter.
    »Wenn du ihn ein bisschen kleiner zeichnest, passt er besser drauf.«
    »Ja, aber er wedelt mit dem Schwanz«, erwiderte Peter ernsthaft und drehte die Schachtel, damit Helena es sehen konnte.
    »Ich kann Ihnen gar nicht genug danken, Colin, dass Sie eine Jungfrau aus der Not errettet haben und so.«
    »Ich lasse den Reifen für Sie reparieren.« Wie leicht ihm das über die Lippen ging – natürlich nur, weil Alan nicht mehr da ist und sich nicht mehr darum kümmern kann.
    Helena lächelte erneut und schüttelte den Kopf. »Wenn Sie Zeit dafür hätten, wäre das wunderbar. Ich habe im Augenblick viel um die Ohren.« Sie wechselte unvermittelt das Thema, wandte sich Peter zu und sagte eher förmlich: »War mir ein Vergnügen, dich kennenzulernen, Peter. Komm mich doch mal besuchen, dann können wir den Drachen zu Ende zeichnen.«
    »Du kannst meinen Stift behalten und mir helfen, ihn bunt auszumalen.«
    »Ich muss los, Colin.« Sie schob sich in Richtung Tür.
    »Warum sind Sie eigentlich bei diesem Wetter unterwegs? Sollten Sie nicht lieber … Ich meine, wie geht es Ihnen?«
    Helena biss sich auf die Unterlippe. »Ich stehe morgens auf und vermisse meinen Mann. Ich frühstücke und vermisse meinen Mann. Ich gehe zur Arbeit und vermisse meinen Mann … Reicht das?«
    »Wir alle vermissen Alan, aber wie schwierig es für Sie sein muss, vermag ich mir gar nicht vorzustellen.« Er rieb mit dem Handballen über den Bogen des Lenkrads. »Na ja, ich wollte mich eigentlich erkundigen, wie es Ihnen sonst so geht.«
    Sie begriff, worauf er hinauswollte. »Morgen habe ich einen Termin bei einem Chirurgen im Western.« Sie langte nach dem Türgriff und zögerte kurz. »Nur die Voruntersuchung; die eigentliche OP findet erst später in der Woche statt. Ist ja nur ein kleiner Knoten, er ist auch noch nicht lange da, trotzdem wissen sie erst, wie viel sie rausnehmen müssen, wenn sie dabei sind. Eigentlich habe ich ansonsten nur das Problem, dass mir immer so kalt ist.«
    »Womöglich liegt das an der Außentemperatur.« Anderson grinste und stellte die Wischer an, um den matschigen Schnee von der Scheibe zu schieben. »Wenn Sie Hilfe brauchen, rufen Sie einfach an, ja? Irgendwo hingefahren werden möchten? Oder von irgendwo zurück? Wenn Sie einen Platten haben?«
    »Mach ich.« Sie blickte ihn nachdenklich an, und im Licht der Laterne warfen die Regentropfen Schatten auf ihre Wangen. Sie sah umwerfend aus.
    »Hoffentlich geht alles gut.« Er wusste nicht, was er sonst noch sagen sollte.
    Sie seufzte leise. »Das wird schon wieder, Colin.« Noch immer ließ sie den Türgriff nicht los. »Colin?«
    Ein Unterton in ihrer Stimme spornte sein Herz zu Hüpfern an. »Hm?«
    »Ich habe wie jedes Jahr zwei Karten für das Weihnachtskonzert, Carols by Candlelight. Alan und ich sind immer hingegangen. Er hat es gehasst, sagte er zumindest, aber eigentlich hatte er auch seinen Spaß.«
    »Ich weiß; er hat mal erzählt, er müsse sich wie ein Pinguin anziehen, um dann einem Haufen fetter Frauen dabei zuzuschauen, wie sie sich bei einem Stromausfall anschreien.«
    Helena lachte. »Das klingt ganz nach Alan.« Sie hörte auf zu lachen. »Na ja, genau darum geht es.« Sie spitzte die Lippen und lächelte ihn trocken an. »Dieses Jahr sammeln sie Spenden für die Opfer des Erdbebens in Pakistan, und eigentlich würde ich gern hingehen. Und zwar am liebsten in Begleitung von jemandem, der Alan in Erinnerung hat, wie er wirklich war, wenn Sie wissen, was ich meine. Ich möchte mit jemandem über ihn reden, der ihn kannte.« Die letzten Worte hatte sie im Flüsterton

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