Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
Fernseher anfluchte.
Lynne zog sich ihren langen schwarzen Mantel über und schnallte den Gürtel zu. Sie setzte sich ihren Hut auf und stopfte das blonde Haar hinein, band sich einen Schal zweimal um den Hals und faltete ihn unter dem Kinn zusammen. Ihre Stiefel hatte sie schon im Flur bereitgestellt, nun schlüpfte sie leise hinein und ging hinaus in die stille Mondnacht.
Auf der anderen Seite des Weges sah sie Stella McCorkindale, Douglas’ treue Seele von Sekretärin, die sich in ihrer Küche als blasser Schatten vor dem Rollo hin und her bewegte. Früher waren die beiden Häuser gleich gewesen – nun ja, fast. Aber Stella hatte ihres verkauft, woraufhin es zu zwei Wohnungen umgebaut worden war, von denen sie die obere zurückgekauft hatte. Dabei hatte sie einen ordentlichen Gewinn erzielt. Douglas hatte das Geschäftliche für sie abgewickelt und lag Lynne ständig in den Ohren, sie solle das Gleiche mit ihrem Haus, der Nummer 66, machen. Leider gehörte das Haus nicht ihr. Zwar hatte sie Douglas nie absichtlich etwas Falsches gesagt, dennoch hatte er stets angenommen, es sei ihr Haus, und sie war nicht dazu gekommen, den Irrtum richtigzustellen. Das Haus gehörte Eve. Lynne schaute nach hinten zu dem alten Haus zurück, das ein wenig abseits der Straße in einem ruhigeren Teil am Hügel lag, und sie verfluchte ihre Mutter aus tiefstem Herzen.
Sie ging am Park vorbei. Das Gras sah aus wie mit Zuckerguss bekleckert, da der Niederschlag in Schneeregen übergegangen war. Kein Lüftchen regte sich. Die Polizei hatte ihre Aktivitäten eingestellt, und das Absperrband war verschwunden. Sie hoffte nur, die Entführung würde sich nicht negativ auf die Immobilienpreise hier in der Gegend auswirken.
Auf dem weiteren Weg hielt sie sich nahe der Hecke, wo am meisten Schneematsch liegen geblieben war, und lauschte dem Knirschen ihrer Füße. Zu Fuß waren es lediglich zehn Minuten bis zur Kirklee Terrace, in der Douglas wohnte. Mit seiner Frau. Und trotzdem lagen, gesellschaftlich gesehen, Welten dazwischen.
Der Schneeregen fiel durch die nackten Äste der Bäume, als die Kirklee Terrace in Sicht kam. Scheinwerfer tauchten die vier Geschosse aus weißem Sandstein in ein sanftes Rosa. Die dreigeteilten Erkerfenster waren mit Lametta und Girlanden geschmückt, und helle Glühbirnen strahlten wie ein Kaleidoskop hinter dem Glas.
Hier oben war es so schön und ruhig. Lynne warf einen Blick auf die Wagen, die langsam die Great Western Road entlangfuhren, und die Lichter der Stadt breiteten sich unter ihr aus. Hier würde sie gern leben, lieber als an jedem anderen Ort. Hier gehörte sie hin. Douglas besaß eines dieser Häuser, und Helena Farrell, die Künstlerin, ebenfalls eines. Wer hier wohnen wollte, brauchte richtig Geld. Und sie, Lynne Calloway, war nun mit beiden bekannt. Vielleicht lagen doch keine Welten zwischen ihnen und ihr.
Lynne schauderte. Dicke Regentropfen trafen auf ihre Schultern und sickerten langsam in den Mantel ein, und ihr Wollkleid erschien ihr jetzt äußerst unpassend. Sie blieb stehen, als sie einen Wagen hörte, der die Haarnadelkurve am anderen Ende der Straße hinauffuhr, und sie trat in den Schatten.
Der Jaguar blieb stehen, die hintere Tür ging auf, drei Kinder hüpften auf den Bürgersteig, jedes mit einem halb geöffneten Geschenk, an dem jedoch noch das Geschenkpapier klebte. Sie rannten die Stufen zur Haustür hinauf. Das kleinste Kind, ein Mädchen mit roten Stiefeln, an denen Lichter blinkten, hielt sich das Geschenk als Schutz gegen den Regen über den Kopf. Als die Haustür aufging, stieg Lynne der zarte Duft von warmem Kuchen, gebackenen Äpfeln und Zimt in die Nase.
Lynne sah zu, wie der Jaguar weiterfuhr und einen Parkplatz suchte, und jetzt bemerkte sie Douglas’ Audi, der mit einer feinen Schneeschicht bedeckt war. Sie streckte die Hand aus und wollte über das Blech streichen, es liebkosen, aber dann sah sie den neuen XK8 Jaguar dahinter, ein dunkelblaues Cabriolet mit einem Wunschkennzeichen. EM 022 – Eleanor Munro, vermutete sie. Lynne tastete nach dem Hausschlüssel in ihrer Manteltasche und packte ihn fest zwischen Daumen und Zeigefinger. Sie konnte kaum der Versuchung widerstehen, Metall über Metall kratzen zu lassen.
Die Nachricht war kurz und unmissverständlich – Dein Essen ist im Mülleimer. Brenda hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, den Fischauflauf für die Mikrowelle aus der Verpackung zu nehmen. Colin Anderson fluchte leise und wünschte,
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