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Sein letzter Burgunder

Sein letzter Burgunder

Titel: Sein letzter Burgunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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der Krieg der Vater aller Dinge sei. Bei mir ist es der Großvater. Der war Soldat und dann Kriegsgefangener. Da hat sich meine Großmutter in ihn verliebt, deshalb ist er geblieben, ihre Liebe hat alle Diskriminierungen ausgehalten, er hat ihren Namen angenommen, um nicht aufzufallen. Und er soll wie ein Wahnsinniger unsere Sprache gelernt haben, die Sprachbegabung habe ich sicher von ihm, er hat mir alles beigebracht. Das hilft mir heute sehr im Verkehr mit euren Weinhändlern, es erleichtert die Geschäfte in Deutschland ungemein. Und jebesser Franzosen und Deutsche sich verstehen, desto mehr Franzosen lernen Deutsch. Uns bleibt ja noch der Erbfeind England!«
    Dillon bestellte nach dem Essen einen offenen Müller-Thurgau, eine Rebe, von der Henry partout nichts hielt. Er bat, um sein Vorurteil zu bestätigen, an Dillons Glas schnuppern zu dürfen. »Keine Sorge, ich stecke auch die Nase nicht so tief rein wie bei uns am Tisch«, merkte er scherzhaft an, und der Winzer schob ihm das Glas zu.
    »Es ist erstaunlich, dass einem nach knapp fünfzig Proben pro Tag die Lust am Wein nicht vergeht. Ist das bei Ihnen ähnlich?«
    »Das liegt am Wein«, sagte Henry und setzte das Glas ab, »dieser hier ist schön, einer der wenigen Müller-Thurgau, die mir gefallen, der Gehalt hat, Geschmack und interessante Aromen. Von welchem Gut kommt er?«
    Sie ließen sich erneut die Weinkarte bringen. »Huber«, las Dillon vor, »Malterdingen, kennen Sie den Ort?«
    Henry erinnerte sich, dass das Weingut Huber in Malterdingen sogar auf seiner Besuchsliste stand. Der Ort lag am östlichen Rande des Kaiserstuhls, die Gemeinde gehörte zur Region Breisgau, aber so genau wollte Henry es mit den Grenzen des Kaiserstuhls nicht nehmen. Diesen Huber würde er besuchen. Wer so etwas hinbekam, konnte auch aus anderen Rebsorten großartige Weine keltern. Hatte nicht auch Amber in der Nacht vor seinem Tod einen Wein von Huber bekommen? Aber sein letzter war es nicht gewesen   …
    Plötzlich machte sich sein Mobiltelefon bemerkbar, es war Isabella. Ihren Anruf hatte er sehnlichst erwartet, nur konnte er in Anwesenheit des französischen Winzers nicht offen sprechen. Es war zumindest beruhigend, dass es ihr gut ging, dass keine weiteren Attacken auf sie, auf Sebastián und die Kellerei stattgefunden hatten. Henry brauchte nichts zu sagen, Isabella erzählte. Der Inhalt der verunreinigten Tankshatte sich als unrettbar gezeigt, und es war fraglich, ob die Versicherung zahlte, da eine kriminelle Handlung zugrunde lag. Nach dem Wert des Weins ab Kellerei kamen sie auf einen Verlust von zweihunderttausend Euro, und Sebastián hätte gestöhnt, denn die Entschädigungszahlungen für die unter der Franco-Diktatur annektierten Weinberge lagen als drückende Last auf der Bodega. Aber der Anstand erforderte die Wiedergutmachung. Für die Wiedergutmachung auf der menschlichen Ebene sorgte Isabella, was ihr von allen Geschädigten hoch angerechnet wurde.
    »Du bist bedrückt«, sagte sie zum Schluss. »Kannst du nicht reden? Hört jemand mit?«
    »Ich liebe dich!«
    »Also hört jemand mit«, sagte sie lachend. Es war ihr Code dafür. »Ruf mich an, wann du willst, egal, wie spät es ist, ich warte darauf. Du fehlst mir und kommst hoffentlich bald. Wir brauchen dich hier! Dort braucht dich keiner!«
    »Da irrst du. Aber darüber später mehr.   – Meine Freundin«, sagte Henry entschuldigend und steckte das Mobiltelefon ein.
    »Gut, wenn man eine hat. Ich bin gerade geschieden.«
    »Oh   …«
    »Nein, es ist zwar meistens schmerzhaft, aber es war richtig. Ich habe erlebt, wie die Familie meiner Frau   – meiner Exfrau   – über das Erbe, das Weingut des Vaters hergefallen ist, wie drei Schwestern und die Mutter sich gegenseitig zerfleischt haben. Da ist bei mir die Liebe auf der Strecke geblieben, ich habe es mit der Angst zu tun gekriegt. Aber man kann es auch mit der Angst kriegen, wenn man sich vorstellt, dass man heute wieder in einem Hotel nächtigt, in dem ein Mörder umgeht. Es könnte ein Wahnsinniger sein   …«
    »…   der sich eine Suite aussucht mit einem der berühmtesten Weinkritiker überhaupt, und gleichzeitig fällt der Strom aus? Glauben Sie das wirklich?«
    Der Winzer schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Man kommt ja mit den Chipkarten auch nicht einfach so in die Zimmer. Merkwürdig, dass der Strom genau zur Zeit des Mordes ausfiel.«
    Dillon war der Ansicht, dass es bei dem Mord um das Begleichen einer alten Rechnung

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