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Sein letzter Fall - Fallet G

Sein letzter Fall - Fallet G

Titel: Sein letzter Fall - Fallet G Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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wirklich nicht, warum Sie mich hierher bestellt haben«, begann sie. »Jaan G. Hennan ist ein abgeschlossenes Kapitel in meinem Leben. Das ist jetzt über zwanzig Jahre her.«
    »Ganz genau«, beeilte sich die Anwältin einzuwerfen. »Ich beantrage, dass Fräulein Sellneck umgehend den Zeugenstand verlässt.«
    »Ja, bitte«, sagte Doris Sellneck.
    »Abgelehnt«, sagte Hart.
    »Liebes Fräulein Sellneck«, begann Silwerstein erneut. »Wir haben doch schon darüber gesprochen. Es ist zwar lange her, seit Sie mit dem Angeklagten verheiratet gewesen sind, aber wir versuchen, hier sozusagen eine Art Hintergrundbild zu zeichnen. Bezüglich seines Charakters und so. Wenn Sie…«
    »Er hat überhaupt keinen Charakter«, unterbrach Doris Sellneck mit plötzlichem Eifer. »Er ist ein Mensch ohne Rückgrat.«
    »Einspruch«, rief die Verteidigerin.
    »Ich fordere die Zeugin auf, ihre Worte genauer zu wählen«, sagte Hart.
    »Was?«, fragte Doris Sellneck.
    Van Veeteren schloss die Augen. Der Staatsanwalt räusperte sich.
    »Sie waren also während einer kürzeren Periode mit Hennan verheiratet. 1964, nicht wahr?«
    »1964«, bestätigte Fräulein Sellneck. »Wir haben im Mai geheiratet und sind im Oktober auseinander gezogen.«
    »Können Sie uns ein wenig über Ihre Ehe berichten?«, bat Silwerstein. »Und über Hennan.«
    »Er hat mich nicht gut behandelt«, erklärte Doris Sellneck, und ihr Nacken zuckte. »Ich war diejenige, die die Scheidung beantragt hat. Er hatte eine andere daneben.«
    »Eine andere Frau?«
    »Ja. Sie hieß Friedel.«
    »Tatsächlich? Und inwiefern hat er Sie sonst noch schlecht behandelt?«
    »Er hat mich betrogen, und er hat mir Geld abgeluchst.«
    »Ich muss Einspruch erheben«, rief Van Molde erneut aus. »Es ist vollkommen abwegig, mit einer Zeugin zu kommen, die meinen Mandanten sei fast einem Vierteljahrhundert nicht mehr gesehen hat. Sie haben doch keinerlei Kontakt mehr zu Ihrem früheren Ehemann gehabt, seit Sie geschieden wurden, oder, Fräulein Sellneck?«
    »Das würde mir im Traum nicht einfallen«, erklärte Doris Sellneck.
    Hart schlug mit dem Hammer auf den Tisch und blinzelte die Anwältin böse an.
    »Sie können der Zeugin Fragen stellen, wenn der Vertreter der Anklage fertig ist«, erklärte er ihr. »Können wir uns zumindest in diesem kleinen Detail einig werden?«
    »Aber natürlich doch«, nickte Frau Van Molde und setzte sich.
    Silwerstein wischte sich hastig die Stirn mit einem Taschentuch ab.
    »Ihr Mann hat Ihnen Geld abgeluchst, sagten Sie?«
    Doris Sellneck nickte.
    »Eine größere Summe, ja. Ich war gezwungen, ihn aus der Wohnung freizukaufen, die wir mit meinem Geld bezahlt hatten. Dreizehntausend Gulden.«
    »Ich verstehe. Wie lange kannten Sie ihn schon, bevor Sie ihn geheiratet haben?«
    »Ein halbes Jahr. Er hat um meine Hand angehalten, und ich habe Ja gesagt. Ich war so gutgläubig, dabei hat er mich nur wegen des Geldes genommen. Er wollte nie etwas anderes als eine Scheinehe führen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Er hatte doch die ganze Zeit diese andere Frau… Friedel. Mich wollte er nie bei sich im Bett haben. Ich war dazu nicht gut genug, oh mein Gott, was für ein mieser Kerl!«
    Von Neuem begann sich eine gewisse Unruhe unter den Zuhörern auszubreiten, aber es genügte, dass Hart seinen Hammer hob, um wieder Stille eintreten zu lassen.
    »Sie haben mir erzählt, dass er Sie geschlagen hat?«, fuhr Silwerstein fort.
    »Einspruch!«, rief die Anwältin und sprang auf. »Diese Zeugin ist so befangen, wie man es nur sein kann. Eine enttäuschte Frau, die sich nach einem Vierteljahrhundert rächen will. Das ist doch empörend! Selbst Mord verjährt nach fünfundzwanzig Jahren, Fräulein Sellneck gehört einfach in eine andere Zeit!«
    »Danke für diesen Gesichtspunkt«, sagte Hart. »Aber bitte, setzen Sie sich wieder, Frau Van Molde, ich bin überzeugt davon, dass die Geschworenen auch die eine oder andere psychologische Einschätzung selbst treffen können. Sind Sie so gut und beantworten die Frage des Anklägers, Fräulein Sellneck?«
    »Welche Frage?«, wollte Doris Sellneck wissen.
    »Ob Jaan G. Hennan Sie geschlagen hat.«, erklärte der Staatsanwalt.
    »Das stimmt«, bestätigte Doris Sellneck eifrig. »Er hat mich einmal geohrfeigt. Direkt ins Gesicht, das war, nachdem ich die Scheidung gefordert habe. So darf man mit seiner Frau doch nicht umgehen.«
    Die Anwältin wedelte mit der Hand.
    »Darf mein Mandant dazu direkt etwas sagen? Um diese

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