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Sein letzter Trumpf

Titel: Sein letzter Trumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Zsolnay Verlag
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Bar, in der sich Anwälte nach ihrem harten Tag entspannten, und für den kleinen, untersetzten, missmutigen Sternberg war es nicht weiter schwierig gewesen, sich unter sie zu mischen, Kotkind aus der Herde herauszulösen und ab und zu mit dem Mann einen Scotch mit Soda zu trinken.
    Und jetzt war Sternberg mit dem Brief in Tooler’s Cottages. Parker, Wycza, Noelle und Carlow lasen ihn, und sie fanden alle, dass er nach einem Politiker, der zugleich Anwalt war, klang, der sich allmählich von seiner bisherigen Meinung distanzieren wollte.
    Parker gab Sternberg den Brief zurück und sagte: »Du triffst dich also am Dienstag mit ihm –«
    »Wir haben bereits eine Verabredung«, sagte Sternberg. »Wir werden an dem Tag beide im Gericht sein, er in einer Zivilrechtssache, ich in einer Mietangelegenheit, und wirtreffen uns um fünf in der Bar und genehmigen uns einen, bevor wir zu unseren besseren Hälften nach Hause gehen, wo wir unser Los mit den Richtern teilen. Da tu ich ihm dann was in seinen Drink.«
    »Ich will, dass er krank ist«, sagte Parker. »Bis einschließlich Samstag. So krank, dass er in kein Büro geht, keine Anrufe macht, nirgendwo auftaucht. Aber nicht so krank, dass es in den Zeitungen steht: Abgeordneter mit Legionärskrankheit eingeliefert. Das kann ich nicht gebrauchen.«
    »Ich leg ihn hin«, sagte Sternberg grinsend, »so sanft wie ein weichgekochtes Ei.«
    Der Brief war vom Montag, dem 12. Mai, datiert, würde aber erst am Freitag, dem 16., in Brooklyn abgeschickt werden, also frühestens am Montag, dem 19., vier Tage vor der Inspektionsreise, im Büro des Glücksspielbeauftragten Hamilton eintreffen. Man würde die Verzögerung auf die Post schieben, und keiner würde mehr einen Gedanken daran verschwenden.
    Kotkinds Brooklyner Wahlkreisbüro war ein Ladenbüro und nur montags und donnerstags geöffnet. Carlow und Sternberg waren schon zweimal eingebrochen, ohne Spuren zu hinterlassen, und kannten die Abläufe dort. Noelle würde am Mittwoch mit ihnen nach Brooklyn fahren und von dem Büro aus Hamilton anrufen, um mit ihm die Details der Reise des Abgeordneten Kotkind zu besprechen, und sie würde gern noch eine Weile dortbleiben, damit man sie zurückrufen konnte, falls das aus irgendeinem Grund erforderlich war.
    Parker sagte zu Noelle: »Das ist seine Verwaltungsassistentin Dianne Weatherwax aus Brooklyn, mit einem Abschluss der Columbia University in New York. Kriegst du die hin?«
    »Aber klar doch«, sagte Noelle.

 
    ELF
     
    In ganz Amerika wurden die Bundesstaaten von Farmern besiedelt, die den Großstädten misstrauten. Es war immer dasselbe, Staat für Staat: Wenn es darum ging, den Ort für die Hauptstadt zu bestimmen, fiel die Wahl stets auf irgendeine Stadt, nur nicht auf die größte Stadt des jeweiligen Staates. Von Küste zu Küste bestätigte sich diese Regel stets aufs neue, mit seltenen Ausnahmen wie Boston in Massachusetts. Die Hauptstadt von Kalifornien ist Sacramento. In Pennsylvania ist es Harrisburg, in Illinois Springfield, in Texas Austin. Und die Hauptstadt des Staates New York ist Albany.
    Hauptstädte bringen Gebäude hervor, Bürogebäude, Bars, Hotels und Restaurants, aber auch Parkplätze. In Staatsbesitz befindliche Autos in düsterem Grau und Schwarz, meist amerikanische Fabrikate, absolut charakterlos bis auf das runde goldene Staatswappen an den Türen, warten überall in Albany in gehorsamen Reihen auf Asphaltgevierten, die von Maschendrahtzäunen mit einem verschlossenen Tor umgeben sind.
    An einem Maiabend um Viertel nach sieben, bei Tageslicht, teilweise bewölktem Himmel und kühler Luft, näherten sich Parker und Wycza dem Maschendrahttor in dem Maschendrahtzaun, der den Parkplatz für den Wagenpark des Arbeitsministeriums an der Washington Street umgab. Beide trugen einen dunklen Anzug mit weißem Hemd und schmaler schwarzer Krawatte. Wycza sah gelassen zu, währendParker rasch die Schlüssel durchprobierte, die er in der rechten Hand hielt. Der dritte ließ das Vorhängeschloss aufspringen.
    Wycza blieb am offenen Tor stehen, und Parker ging die Reihe der Chevrolets entlang, ließ mit der rechten Hand den ersten Satz Schlüssel in die Hosentasche gleiten und nahm mit der linken einen zweiten kleinen Schlüsselbund aus der Jackentasche. Er blieb an einem der Wagen stehen und probierte die Schlüssel aus. Wieder war es der dritte, der passte.
    Mit demselben Schlüssel ließ er auch den Motor an. Er fuhr den schwarzen Wagen vom Parkplatz und hielt am

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