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Sein letzter Trumpf

Titel: Sein letzter Trumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Zsolnay Verlag
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heiter. »Die kommt jeden Abend. Offenbar heitert sie das auf. Ms. Cahill wird jeden Augenblick hier sein. Ah, da kommt sie schon.«
    Sie war nicht zu übersehen, wie sie da aus der segeltuchumhüllten Gangway trat, eine große, schlanke Frau, attraktiv, aber etwas fülliger als die Mädchen mit den Strohhüten; sie trug Pumps mit niedrigen Absätzen, ein dunkelblaues Kostüm und eine weiße Rüschenbluse. Sie kam auf die Gruppe zu mit einem Lächeln, das metallisch wirkte, wie aus Zinkblech ausgestanzt. Die Hand, die sie ihnen reichte, fühlte sich mit ihren langen korallenroten Nägeln wie aus Plastik an. »Herr Abgeordneter«, sagte sie, als sei sie erfreut, ihn zu sehen. »Ich bin Susan Cahill, ich habe am Mittwoch mit Ihrer Assistentin Dianne Weatherwax gesprochen.«
    »Ja, sie hat Sie erwähnt«, sagte Sternberg mürrisch und nahm ihre Hand; es schien, als könnte er sich nur dazu überwinden, weil sie eine potentielle Wählerin war. »Das ist meine Eskorte, Mr. Helsing und Mr. Renfield.« Parker hatte Kim Toe Kwai keine bestimmten Namen für die gefälschten Ausweise genannt, aber Kim hatte offenbar vor kurzem einen Dracula-Film gesehen.
    Susan Cahill bedachte diese geringeren Zeitgenossen mit einem geringeren Lächeln, und Parker sagte: »Mein Ausweis.« Er zeigte ihr Kims erstklassige Handwerksarbeit, die in einem Lederetui steckte, und erklärte dazu: »Mr. Renfield und ich tragen Waffen. Jeder eine Handfeuerwaffe. Ich muss Ihnen das sagen, bevor wir an Bord gehen, und hinzufügen, dass es uns von Gesetzes wegen untersagt ist, im Dienst unsere Waffen aus der Hand zu geben.«
    Sie wurde ein wenig blass, sagte jedoch: »Natürlich, das verstehe ich vollkommen. Darf ich?«
    Er hielt ihr das Etui so hin, dass sie den Ausweis lesenkonnte. Sie tat es rasch, dann nickte sie und sagte: »Danke, dass Sie mich informiert haben.«
    »Wir werden auch den Kapitän informieren müssen.«
    »Das erledige ich«, versicherte sie ihm.
    Wycza zückte seinen eigenen Ausweis. »Das ist meiner«, sagte er, doch sie nahm ihn nicht. »Nein, ich bin überzeugt, es ist alles in Ordnung«, sagte sie. »Herr Abgeordneter, würden Sie mir bitte mit Ihrer Eskorte folgen?«
    »Vorher möchte ich noch eins klarstellen«, sagte Sternberg. »Das ist kein offizieller Besuch, sondern nur eine Informationsreise. Ich werde nicht spielen, und ich möchte keinerlei Sonderbehandlung, nur eine Führung durch das Schiff.«
    »Und genau die werden Sie bekommen, Mr. Kotkind«, versicherte ihm Susan Cahill. »Meine Herren?«
    Sie gingen an der Reihe der an Bord gehenden Passagiere vorbei, aber niemand beklagte sich. Die Leute sahen, dass es sich um wichtige Persönlichkeiten handelte.

TEIL DREI

 
    EINS
     
    Ray Becker wartete eine Stunde, nachdem sie gegangen waren, der Mann namens Parker und der große Kerl, beide in dunklem Anzug und Krawatte, das Mädchen in dem Rollstuhl, den sie nicht brauchte, befördert in einem Windstar-Lieferwagen von dem Mann in Chauffeursuniform, alle auf und davon an einem Freitagabend, einem Großkampftag in der Welt der Casinos, alle aufgebrezelt, um Eindruck zu schinden. Heute ist die Nacht der Nächte. Endlich ist es vorbei.
    Fünf nach sechs waren sie in den zwei Fahrzeugen losgefahren, dem Subaru und dem Lieferwagen. Als sie vorbeifuhren, konnte man sehen, dass der große Kerl sich beklagte, weil er sich in den kleinen Subaru zwängen musste; den großen Lexus hatten sie stehenlassen. Also werden sie zurückkommen, ohne den Subaru. Übers Wasser?
    Beckers Beobachtungsposten war der Parkplatz eines Agway, eines genossenschaftlichen Ladens für den Verkauf von landwirtschaftlichen und Gärtnereiprodukten, von der Abzweigung zu den Tooler Cottages noch hundert Meter die Straße entlang. Er hatte vor zwei Wochen einen roten Pickup gemietet, drüben in Kingston, auf der anderen Flussseite, und in seinen Beobachtungsstunden trug er eine gelbe Caterpillar-Mütze, die er tief in die Stirn zog, und hockte lässig zusammengesunken auf dem Beifahrersitz des Pickups, als sei er nur der Feldarbeiter, dessen Boss im Agway Futtermittel,Werkzeuge, Zaunmaterial oder was immer kaufte. Wenn er die Augen zusammenkniff, konnte er die Abzweigung des Fahrwegs dort drunten gerade eben noch ausmachen.
    Er sah es also immer, wenn sie herauskamen. Manchmal fuhren sie nach Süden, von ihm weg, und dann rutschte er rasch auf den Fahrersitz hinüber, ließ den Motor an und raste hinter ihnen her. Dann wieder fuhren sie nach Norden, und er

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