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Sein letzter Trumpf

Titel: Sein letzter Trumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Zsolnay Verlag
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speziell und genau bemessen, seine sportliche Aktivität zeitaufwendig und sorgfältig geplant. Er reiste mit so vielen Pillen, so vielen Mineralien, Kräutern und Nahrungsergänzungsmitteln, dass man ihn für einen Hypochonder oder den am gesündestenwirkenden Invaliden aller Zeiten halten konnte, doch das diente alles nur dazu, seinen Körper in Hochform zu halten.
    Und Sex gehörte auch dazu. Einfacher, unkomplizierter Sex war gut für Leib und Seele. Nichts war besser, als sich mit einer guten, willigen Frau im Bett zu vergnügen, um körperlich und geistig fit zu bleiben. Mit einer Frau wie Susan Cahill beispielsweise.
    Jammerschade, dass da nichts draus wurde. Diese Frau konnte nichts anderes vögeln als Macht, oder was sie unter Macht verstand. Im Augenblick war Dan Wycza alias Trooper Helsing für sie nur ein Speerträger, ein Teil des Inventars, ein Nichts. Gut, später würde er etwas sein, aber wahrscheinlich nichts, was sie in Fahrt bringen würde. Wohl kaum.
    Momentan zogen er und Parker einfach nur ihre Idiotennummer ab und latschten hinter Lou Sternberg her, während die Cahill ihm ein bisschen von diesem und ein bisschen von jenem zeigte. Wycza erinnerte sich noch an das Schiff, von dem einen Mal, als er unten in Biloxi als ahnungsloser Neuling an Bord gewesen war. (Die gesunde Frau, mit der er damals zusammen war, machte gern ein Spielchen.) Es sah noch ganz genauso aus, die Teppiche, die Farben der Wände, die Formen der Türen, die Einfassungen der Fenster. Der einzige Unterschied war die Uniform der verschiedenen Besatzungsmitglieder, die mit den Passagieren zu tun hatten, die Zahlmeister, Kartengeber, Hostessen, Manager. Als das Schiff noch Spirit of Biloxi hieß, waren die Uniformen hellbraun mit Dunkelrot gewesen, gewissermaßen die Farben des Mississippischlamms. Jetzt, wo es Spirit of the Hudson hieß und im Staat New York operierte, waren die Uniformen königsblau mit Gold. Aber manche der Leute, die in den Uniformen steckten, waren noch dieselben, dessen war er sich sicher.
    Als die lächerliche Sicherheitsübung unten auf dem Bootsdeck vorbei war und das Schiff endlich vom Kai ablegte, um seine gemächliche Fahrt flussabwärts anzutreten, gab sich Susan Cahill auf einmal sachlicher und nicht mehr ganz so kokett. »Ich werde Sie selbstverständlich noch durchs ganze Schiff führen«, sagte sie, »aber jetzt möchte Kapitän Andersen Sie erst begrüßen. Dazu hatte er bisher keine Zeit. Bei der Ausfahrt und beim Anlegen hat er natürlich immer alle Hände voll zu tun.«
    »Ich freue mich darauf, ihn kennenzulernen«, sagte Sternberg, und während sie über das Deck auf die Brücke zusteuerte und die anderen ihr folgten, fragte er: »War er auch schon vorher Kapitän auf diesem Schiff? Als es noch unten im Süden war?«
    »O ja«, sagte sie, als sei sie erfreut darüber, dass es noch derselbe Kapitän war. »Kapitän Andersen ist seit sieben Jahren bei der Firma. Länger als ich!« Und dann brach sie wieder in ihr mädchenhaftes Lachen aus.
    Die Brücke befand sich mittschiffs; man erreichte sie vom Sonnendeck aus über eine steile Eisentreppe. Alles hier oben war aus Eisen und dick weiß gestrichen. Die Brücke selbst bestand aus zwei langen schmalen Räumen, von denen der vordere eine ovale Fensterfront hatte, die volle hundertachtzig Grad Sicht nach vorn und seitlich ermöglichte. Hier befanden sich das Ruder und auch die Computer und Kommunikationsgeräte, die den Kapitän heutzutage fast überflüssig machen. Sag der Maschine, wohin du fahren willst, und lass sie machen.
    Der hintere Raum, der ebenfalls viele Fenster hatte, aber ohne das Oval, war eine Art Büro und Ruheraum; zwei graue Kunstledersofas standen zwischen Schreibtischen, Landkarten und Computerbildschirmen. Hierherauf führte dieTreppe, und hier stand Kapitän Andersen, prächtig anzusehen in seiner marineblauen Uniform mit den goldenen Streifen und seiner weißen Offiziersmütze mit dem schwarzen Schild, als sei er drauf und dran, das Schiff auf eine gefahrvolle Reise um die Welt zu führen, statt ohne ein Ziel auf dem Fluss herumzuschippern: in sechs Stunden von Albany, New York, nach Albany, New York.
    Er stand mit dem Rücken zur offenen Tür und beriet sich mit drei anderen, von denen offenbar zwei Offiziere waren und einer zur Crew gehörte. Er drehte sich zu ihnen um: Er war Skandinavier oder wollte zumindest, dass man ihn dafür hielt. Hochgewachsen und blond, hatte er auch blonde Augenbrauen und hellblaue Augen

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