Sein mit Leib und Seele - Band 08
einen Fußgänger und knallt mir dann gegen den Kopf.
Ich spüre etwas an meinem Hals: der Sicherheitsgurt! Einer meiner Entführer hat ihn über meinen Kopf gezogen und zieht mich nun an beiden Enden am Hals nach hinten. Ich werde erwürgt! Blut ist auf meinem Kleid. Es tropft von der Schnalle, die im Schenkel dieses Typen steckte. Ich schreie, dann werfe ich meinen Kopf nach hinten. Bamm! Es kracht in seinem Gesicht. Ich spüre den Schlag. Heftig. Er hallt in meinem schmerzenden Kopf wider. Da war ein Knacken. Hoffentlich von seiner Nase. Ich wühle in meiner Tasche. Das erste, was ich in die Finger bekomme, ist mein Lippenstift. Ich drehe mich zu dem anderen Typen um und werfe mich auf ihn. Er packt mich am Hals und an der Hand. So heftig wie möglich ramme ich ihm den Lippenstift in ein Nasenloch. Er schreit auf. Und lässt mich los. Ich drehe mich zur Tür, tropfnass von den Tränen und dem Schweiß … ,Nein!‘ Eine kräftige Hand presst sich mir auf Mund und Nase. Ein intensiver Geruch. Chloroform … Ich bin machtlos … Möchte schreien … Dann bäumt sich mein Körper auf und erschlafft.
Dann nichts mehr.
***
Langsam fokussieren sich meine Augen. Ich blinzle etwas. Ich bin vollkommen erschöpft und fühle mich, als hätte ich unter Drogen gestanden. Mühsam sammle ich meine Gedanken. Ein Geräusch, gedämpfte Klänge, ein Schatten neben mir, ein dunkles Zimmer … Ich bin so kraftlos … und schlafe wieder ein.
Zweiter Versuch: Meine Augen wagen sich ins Licht zurück. Ich blinzle. Zeit muss vergangen sein. Wieder Geräusche. Leise. Gedämpft. Gemurmel. Jemand spricht. Ich höre meinen Namen.
„… Wie, bis Freitag?“, sagt eine Männerstimme mit Akzent.
„Vorher werden wir sie nicht los. Es geht um unser Geld. Es gibt keinen Grund nachsichtig zu sein“, antwortet ihm eine Frauenstimme, die ich zu kennen glaube.
„Ich scheiß auf diese kleine Schlampe! Es ist erledigt. Ich habe dir den Gefallen getan und sie geholt. Alles andere ist nicht mehr mein Problem.“
„Diese Schlampe, wie du sie nennst, wird dir die Diamanten auf einem Tablett servieren.“
„Und dann?“
„Dann kannst du sie loswerden.“
„Ich habe einen Freund aus Kindertagen, der hat ein Netz, wo ich sie zu einem akzeptablen Preis verkaufen könnte, aber sie ist nicht mehr lange nützlich.“
„Darüber können wir später nachdenken. Zwei Tage.“
„Pst! Ich glaube, sie kommt zu sich.“
Die letzten Sätze hallen in meinem vernebelten Kopf wider. Was geschieht mit mir? Es ist ein Albtraum. Ich bin verloren. Meine Augen sind noch nicht richtig geöffnet und ich zittere vor Angst. Mir ist kalt. Ich krümme mich wie ein Baby auf der Seite zusammen. Jemand verlässt das Zimmer.
Eine Ewigkeit vergeht.
Dann donnert eine grobe Stimme:
„Essen Sie!“
Geschirrklappern und der Geruch von Essen. Ich drehe mich ängstlich um, richte mich im Bett auf, setze mich hin, den Rücken an die Wand gelehnt und so weit wie möglich von meinem Gegenüber entfernt. Ich hebe die Decke an. Ich bin nackt! Wie kommt das? Wer hat mich ausgezogen? Mir wird übel … Der Typ sieht, dass ich mich schäme.
„Anikeï hat dich ausgezogen“, sagt er trocken und zeigt auf einen Riesen neben der Tür. „Deine Kleider wurden verbrannt. Keine Spuren.“
Anikeï, der Riese, Pflaster über der Nase, ist einer der Typen aus dem Auto. Der, der mich mit dem Gurt gewürgt hat. Sein Bizeps ist so hart wie mein Kopf … Ich schaudere bei der Erinnerung an das Geschehene. Der, der mit mir redet, hat rote Haare und ist mit Sommersprossen übersät. Ich sehe ihn zum ersten Mal. Er wirkt dumm und bösartig.
Unter der Decke lasse ich meine Hände über meinen Körper gleiten. Überall schmerzen blaue Flecken. Ich bin verletzt. Meine Handgelenke, meine Taille und meine Beine tun weh. Mein Kopf schmerzt wie verrückt. Wie lange war ich wohl bewusstlos? Und … dieser Typ da, der mich angefasst hat, um mich auszuziehen … Mir wird speiübel. Ob er mich …?
Ich schiebe diesen Gedanken fort.
Am Fuß des Bettes steht ein Rollwagen mit einem Tablett voll Essen. Ich blicke zum ersten Mal um mich, um zu verstehen, wo ich bin. Eindeutig ein Hotelzimmer. Eher luxuriös. Der große Rothaarige hat sich ans Fenster gesetzt. Es ist geschlossen. Anikeï dreht sich zu mir. Hartes, bedrohliches Gesicht. Er greift etwas von einem Stuhl und kommt auf mich zu. Was will er? Je näher er kommt, desto mehr gleite ich rückwärts im Bett an die Wand. Ich bin erstarrt. Er
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