Sein
Atem. Nie im Leben hätte sie in der wie ein Zirkuspferd aufgezäumten Frau, die ihr auf einmal gegenüber stand, Sophie erkannt. Deren einzige Bekleidung bestand aus einer kunstvoll gearbeiteten Verschnürung rot gefärbter Lederriemen, die wie das Prachtgeschirr eines Brauereipferdes gearbeitet waren. Sie verliefen um und zwischen ihren Brüsten, um die Taille und die Arme, über den Bauch, bildeten ein Dreieck um ihren rasierten Venuszügel, waren unter ihrem Schoß hindurch geführt. Erst auf den zweiten Blick bemerkte Myriam, dass Sophie ihre Arme nicht freiwillig auf dem Rücken hielt, sondern von der aufwändigen Konstruktion dazu gezwungen wurde. Um den Kopf trug sie aus derselben Machart Kopfgeschirr, kombiniert mit Scheuklappen und einem Knebel in Form einer Trense.
Der Anblick war lächerlich und abstoßend – und zugleich erregend. Myriam unterdrückte ein Keuchen. Machte Sophie das wirklich freiwillig? Und was war das? Sophies Brustwarzen waren doch tatsächlich gepierct. An silbernen Ringen baumelten winzige Glöckchen, die bei jeder Bewegung einen hellen, ganz leisen Ton von sich gaben.
»Myriam, darf ich vorstellen, das ist Leo, Sophies Herr«, erläuterte Nadine.
Das ist es wohl, was man einen wahren Dom nennt
, schoss es Myriam durch den Kopf, die sich angesichts des durchdringenden Blickes, den ihr der Mann schenkte, wie eine Maus im Angesicht einer Katze fühlte. Wie paralysiert starrte sie ihn an, unfähig etwas zu sagen.
»Schön, willkommen in unserer Runde«, war alles, was Leo sagte. Sein Händedruck war angenehm fest. Ob Sophie sich freute, Myriam wiederzusehen, war nicht zu erkennen. Ihre Augen waren demütig auf den Boden gerichtet.
Als Leo nach dem Ende der Leine griff, die von Sophies Kopfgeschirr herabhing und weiter ging, folgte diese ihm ohne Widerstand zu leisten. Myriams Atem stockte angesichts ihrer Rückenpartie. Zwischen ihren Pobacken wippte ein ansehnlicher schwarzer Pferdeschweif bei jedem Hüftschwung von links nach rechts und zurück. Sophies Riemchenstilettos hatten eine beängstigende Höhe, wobei sie es verstand, ihre kleinen Schritte damit sicher und anmutig zu setzen.
»Analplug«, erklärte Nadine.
»Was?«
»Der Schweif ist an einem Analplug befestigt, also – sozusagen an einem Postöpsel. Du hast so was bestimmt noch nie gesehen.«
»Ah, cool«, beeilte Myriam sich zu antworten. Dutzende Fragen lagen ihr auf der Zunge, ob das nicht weh tat und ob Leo seine Freundin dazu gezwungen hatte, aber sie würde sich nicht noch mehr die Blöße der Unwissenheit geben. Diese Informationen ließen sich bequemer und vollkommen anonym im Internet recherchieren. Ihr Kopf schwirrte jetzt schon von den vielen neuen Eindrücken.
Die Voyeurin
Nicht die alkoholisierende Wirkung des Prosecco-Aperol und zweier unspezifischer Cocktails bereitete Myriam zu später Stunde Schwierigkeiten, sondern der fordernde Druck ihrer vollen Blase. Unbemerkt verließ sie den Raum und machte sich auf die Suche. Die Toilette im Erdgeschoss war besetzt. Nun, bestimmt gab es in diesem Haus oben eine weitere.
Myriam ging die weiß lackierte Treppe bedächtig hinauf. Die Wand des Treppenhauses war mit Urlaubsfotos in weißen Rahmen geschmückt. Nadine am Strand, Nadine auf einem Ausflugsdampfer, Nadine vor dem Kolosseum in Rom, Nadine auf einem Kamel vor den Pyramiden, Nadine vor dem Eifelturm. Immer gut gekleidet, aber niemals nackt.
Wie bieder und gewöhnlich, ganz im Gegensatz zu heute
, dachte Myriam.
Andererseits – sie kommt wenigstens ein bisschen herum, sieht was von der Welt und erlebt was. Und ich? Wo war ich bisher? Baden am Gardasee. Das war alles
.
Die ebenfalls weiß lackierten Zimmertüren waren alle verschlossen. Dennoch war das Bad auf den ersten Blick erkennbar, denn nur in diese Tür war ein rundes Fenster aus mattiertem Glas eingelassen.
Puh, geschafft!
Während Myriam sich erleichterte, schweifte ihr Blick über das Interieur des großzügig geschnittenen Bades. Überraschenderweise war hier das im Haus vorherrschende Unschuldsweiß unterbrochen. Die Wände waren vollständig in mattem Beige gefliest, mit großformatigen Platten. Im Kontrast dazu war der Boden mit dunkelbraunen Fliesen ausgelegt. Waschbecken, Toilette, Bidet, eine halbrunde Dusche und eine Eckbadewanne waren wiederum in Beige gehalten, die Armaturen aus hochglänzend poliertem Chrom. Ob Nadine das alles selbst putzte oder jemanden dafür beschäftigte?
Die hellen flauschigen Handtücher trugen
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