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Seine einzige Versuchung

Seine einzige Versuchung

Titel: Seine einzige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Westphal
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zugesetzt hatte. Dabei war er ein gestandener, selbstbewusster Mann, noch dazu deutlich älter als sie. Hätte es nicht umgekehrt sein müssen? Warum setzte ihm die Situation so zu, wenn er sie doch ohnehin nicht liebte? Natürlich war ihr Fehler unverzeihlich, und doch wäre er ohne sein Zutun wohl niemals geschehen. Es ließ sich ohnehin nicht mehr ändern. Elli versuchte, sich wieder in ihre Lektüre zu vertiefen.
     
    „Ich möchte zu meiner Frau.“
    „Ich wünsche Ihnen einen guten Tag, mein Herr. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“ Die Pensionswirtin war leicht pikiert über die unhöfliche Art des nervös umherblickenden Mannes, der gerade mehrfach ungeduldig auf die Hotelglocke geschlagen hatte, um sie herbeizurufen. Er war zweifelsohne ein Mann aus höheren Gesellschaftskreisen - so etwas sah sie auf den ersten Blick. Doch das gab ihm noch lange nicht das Recht, auf jegliche Umgangsform zu verzichten. Er schien ihre spitze Bemerkung registriert zu haben und antwortete nicht sonderlich freundlich, dafür aber höflich:
    „Guten Tag. Entschuldigen Sie bitte meine Ungeduld. Ich möchte meine Frau sehen. Sie ist hier zu Gast - Frau von Benthin.“ Die Wirtin nahm mit Wohlwollen zur Kenntnis, dass ihre Worte offenbar Wirkung getan hatten, konnte ihm allerdings keine zufriedenstellende Antwort geben:
    „Wir haben hier keinen Gast dieses Namens.“ Der Mann wurde sichtbar unruhig. Sein Gesicht wirkte aufs Äußerste angespannt. Schon machte er Anstalten, wieder nach draußen zu gehen, als er innehielt und sich erneut an sie wandte:
    „Und Elli Preuß ? Wohnt hier eine Dame mit diesem Namen?“ In seiner Stimme schwangen Hoffnung und Furcht zugleich mit. Die Wirtin musste in Sekundenschnelle entscheiden, ob sie die Anwesenheit ihres Gastes einem Mann preisgeben sollte, den sie überhaupt nicht kannte und der bisher vor allem durch sein unangemessenes Benehmen aufgefallen war. Es war etwas in seinen Augen, das sie entscheiden ließ - sein Ausdruck wirkte nahezu verzweifelt: 
    „Ja, die Dame wohnt hier seit einigen Wochen.“ Benthin atmete sichtbar auf:
    „Welches Zimmer hat sie?“ Das ging der Wirtin nun doch zu weit:
    „Ich kenne Sie doch gar nicht. Es tut mir leid, Auskünfte dieser Art kann ich Ihnen nicht geben.“ Ihre ablehnende Antwort war dem Fremden offenbar vollkommen gleichgültig. Er sah sich um und steuerte dann auf die Treppe zu, über die es zu den Zimmern ging.
    „Moment mal! Sie können sich doch nicht einfach darüber hinwegsetzen, was ich Ihnen eben gesagt habe!“
    „Sie sehen doch, dass ich das kann“, entgegnete er ungeduldig „Ich muss zu ihr! Es ist dringend.“
    „Aber… aber sie ist gar nicht hier!“ Sie wollte unbedingt verhindern, dass er seinen Weg zu den Zimmern fortsetzte. Die Privatsphäre ihrer Gäste war heilig. Er kam zur Rezeption zurück und verlangte eindringlich Auskunft:
    „Gnädige Frau, ich muss mich gerade sehr beherrschen, um nicht ausfallend zu werden. Sagen Sie mir jetzt bitte , wo ich meine Frau finden kann?“ Die Wirtin war hin- und hergerissen, zwischen dem Wunsch, diesen penetranten Eindringling endlich aus dem Haus zu bekommen und der Sorge, was er mit Elli tun würde, wenn er sie fände. Er machte zwar keinen gemeingefährlichen Eindruck, doch schien er unter gehöriger Anspannung zu stehen, was sein Verhalten unberechenbar machte. Wenn Elli Preuß wirklich seine Frau war und er sie in einer dringlichen Angelegenheit sprechen musste, wäre es womöglich ein schweres Versäumnis, ihm ihren Aufenthaltsort nicht mitzuteilen. Sie fragte vorsichtig: 
    „Ist es wirklich so dringend, dass Sie nicht hier auf sie warten können? Ich empfinde eine gewisse Verantwortung für meine Gäste.“ Benthin verstand erst jetzt, dass sie sich um Ellis Wohlergehen sorgte - kein Wunder nach seinem Auftritt. Die Kontrolle über sein Benehmen war ihm längst abhandengekommen. Er musste sich zusammenreißen, um die Frau nicht restlos gegen sich aufzubringen:
    „Das ehrt Sie. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Die Angelegenheit ist in der Tat überaus dringend. Und ich bin wirklich ihr Ehemann. Sie können meinen Kutscher fragen - er wartet dort vor der Tür.“ Er hoffte, sie damit endlich überzeugt zu haben. Sein gemäßigter Tonfall wirkte überzeugender auf die Wirtin als die Worte selbst. Sie glaubte ihm:
    „Sie macht einen Spaziergang zum Waldsee…“ Benthin schlug sich an den Kopf und lächelte kurz:
    „Was sonst.“ Schlagartig wurde ihm klar,

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